Berlin (pm) – Die Hoffnungen der deutschen Immobilienwirtschaft haben sich bisher nicht erfüllt. Nach der vermeintlichen Trendwende im zweiten Quartal 2025 revidiert die Branche ihre Erwartungen deutlich nach unten. Das zeigt die aktuelle Herbstbefragung des ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex (ISI) für das dritte Quartal.
„Hat im letzten Stimmungsindex noch der leicht optimistische Blick in die Zukunft überwogen, sehen wir heute: Die Hoffnungen haben sich bisher nicht erfüllt, die – insgesamt unbefriedigende – politische und gesamtwirtschaftliche Lage drückt auf die Stimmung“, kommentiert Iris Schöberl, Präsidentin des ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss), die ernüchternden Ergebnisse.
Während die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage mit 21,9 Punkten noch minimal zulegen konnte (+0,3 Punkte), gehen die Erwartungen um 4,1 Punkte auf 24,8 Punkte zurück. Das Immobilienklima insgesamt erreicht damit einen Wert von 23,4 Punkten – und liegt nun wieder unter dem Höchststand von 25,2 Punkten im Sommer.
„Die Bundesregierung packt die Probleme nicht entschlossen genug an. Es braucht einen echten Turbo und strukturelle Reformen – kein Klein-Klein“, kritisiert Schöberl. „Dieser Regierung wurde Wirtschaftskompetenz zugetraut. Es ist kaum vermittelbar, warum das Konjunkturmomentum der Bau- und Immobilienwirtschaft nicht entfesselt wird. Denn die Wohnfrage ist längst ebenso soziale wie auch konjunkturelle Schlüsselfrage für die gesamte Wirtschaft.“
Die Eintrübung der Stimmung ist in den einzelnen Segmenten stärker ausgeprägt:
Büroimmobilien: Die Stimmung ist dramatisch eingebrochen und wieder auf das Niveau des ersten Quartals 2025 zurückgefallen. Die Geschäftslage liegt nun bei nur noch 11,9 Punkten (-21,4 Punkte), die Erwartungen bei 27,4 Punkten (+2,0 Punkte) und das Immobilienklima bei 19,5 Punkten (-9,8 Punkte). Die zunehmend schwächere Arbeitsnachfrage wirkt sich mittlerweile auch auf das Dienstleistungssegment und damit auf den Büromarkt aus.
Wohnimmobilien: Die Geschäftslage sinkt auf 31,4 Punkte (-2,6 Punkte), die Erwartungen auf 17,4 Punkte (-9,2 Punkte). Das Immobilienklima liegt bei 24,3 Punkten (-6,0 Punkte). Trotz stabiler Erwartungen bei der Entwicklung von Mieten und Preisen, zeigen sich die Unternehmen aber ernüchtert über ausgebliebene Reformprojekte und Vereinfachungen beim Bauen und Sanieren.
Projektentwicklung: Nach dem starken Zuwachs im letzten Quartal ist die Geschäftslage mit
-7,6 Punkten wieder ins Negative gerutscht (-24,5 Punkte). Die Erwartungen verschlechterten sich auf 30,2 Punkte (-11,2 Punkte), das Immobilienklima auf 10,5 Punkte (-18,4 Punkte). Die Eintrübung zeigt sich auch bei schlechteren Erwartungen hinsichtlich Vorverkäufen und Vorvermietungen.
Sonderfrage: Große Unzufriedenheit mit Bundesregierung
100 Tage nach Start der neuen Bundesregierung zieht die Immobilienwirtschaft Bilanz: Nicht einmal ein Drittel der befragten Unternehmen sind zufrieden. Die überwiegende Mehrheit ist eher unzufrieden, 10 Prozent sogar sehr unzufrieden.
Bezüglich des Wohnungsbau-Turbos zeigen sich die Befragten skeptisch: Nur rund 5 Prozent erwarten, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form den Wohnungsmarkt entspannen würde. Ein Fünftel erwartet eine erhöhte Baulandverfügbarkeit. Die überwiegende Mehrheit sieht keinen signifikanten Fortschritt.
„Der rechtssichere Gebäudetyp E lässt weiter auf sich warten. Auch die Überarbeitung der Technischen Anleitung ‚Lärm‘ ist noch immer nicht gekommen, die Förderbedingungen sind unsicher. Eine weitere Hängepartie ist Gift für die Wirtschaft. Wir brauchen jetzt entschlossenes und schnelles Handeln. Wohnungsbau muss in dieser Regierung oberste Priorität haben“, mahnt ZIA-Präsidentin Schöberl.
Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte beim IW, zu den Signalen der Befragung: „Die Ernüchterungin der Branche ist spürbar. Nach den ersten optimistischen Signalen im Sommer zeigt sich: Ohne konkrete politische Taten bleiben Stimmungsaufhellungen kurzlebig. Die Immobilienwirtschaft braucht jetzt verlässliche Rahmenbedingungen und weniger Ankündigungspolitik.“
Die Branche erwartet mehr Rückenwind, etwa durch Reformen bei den KfW-Programmen, die bislang aber ausgeblieben sind.
ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex
Quelle: ZIA