24. April 2024

Lückenlos digital vernetzte Wertschöpfungskette für das Bauen mit Kiefernholz

Berlin (pm) – In der Region Berlin-Brandenburg soll die CO2- und ressourcenintensive Bauwirtschaft in eine nachhaltige Bauwirtschaft überführt werden.

Fast 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen verursacht der Bau- und Gebäudesektor. Inklusive Energie- und Baustoffproduktion gehen in Deutschland etwa 28 Prozent auf sein Konto. Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Bau- und Gebäudesektor um bis zu 67 Prozent reduziert werden, so das Ziel der Bundesregierung.

Um Wege zu finden, dieses Ziel zu erreichen, wurde das Projekt „Digitale Wertschöpfungskette für den kieferbasierten Holzbau in Berlin-Brandenburg“ (DiKieHo) ins Leben gerufen. Mehrgeschossige Häuser sollen mit Kiefernholz gebaut werden, da 70 Prozent der Waldfläche Brandenburgs von Kiefern bedeckt sind und die sonst so begehrte Fichte knapp wird. Die Region hat bundesweit den größten Bestand an Kiefernwald, der jährlich um circa sechs Kubikmeter pro Hektar wächst.

Ziel des Vorhabens ist es, eine durchgängig digital vernetzte Wertschöpfungskette im urbanen mehrgeschossigen Holzbau am Beispiel der Region Berlin-Brandenburg zu etablieren und dadurch die Nutzung des regional verfügbaren Kiefernholzes in der Bauwirtschaft effizienter zu gestalten. „Das heißt, die einzelnen Prozesse und die dazugehörigen Informationen – von der Planung eines Hauses, über den Holzeinschlag, den Transport des Holzes ins Sägewerk, die Weiterverarbeitung des Holzes in Fabriken, wo modulare Holzfertigbauteile für das jeweilige Haus hergestellt werden, bis zur Montage der Holzfertigbauteile auf der Baustelle – werden miteinander digital vernetzt. Wir denken die Holzbauwirtschaft vom Wald bis auf die Baustelle grundlegend neu“ sagt Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl, der das Projekt leitet und am TU-Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb das Fachgebiet „Nachhaltige Unternehmensentwicklung“ lehrt.

Das Projekt DiKieHo baut auf dem vorherigen Vorhaben Bauhütte 4.0 auf, das mit besonderem Bezug zur Entstehung des Schumacher-Quartiers in Holzbauweise auf dem ehemaligen Flughafengelände Tegel den Aufbau eines regionalen Clusters für innovativen Holzbau in Berlin verfolgte. „Grundlagen zur Digitalisierung der bereits im Vorhaben Bauhütte 4.0 modellierten Wertschöpfungskette werden nun im Projekt DiKieHo konsequent auf die brandenburgische Kiefer angewendet und erweitert. Wir wollen die Wertschöpfungskette in ein Modell überführen, das für alle Interessengruppen, also Planerinnen, Architektinnen, Holzindustrie, Bauwirtschaft auf allen Ebenen des Wertschöpfungssystems, also der architektonisch-bebauungsplanerischen, der Produktionsebene und der eigentlichen Bauphase, und auf Ebene aller Interessengruppen entlang der Wertschöpfungskette, jederzeit digital abrufbar und nutzbar ist. Das ist das Innovative. Es geht um die digitale Transformation der Bauwirtschaft“, sagt Valentin Eingartner, der das Projekt am Fachgebiet Nachhaltige Unternehmensentwicklung koordiniert.

Bislang sind herkömmliche Bauvorhaben durch lange Planungsphasen geprägt. Zudem sind sie ineffizient sowie energie-, material- und kostenintensiv, weil die Beauftragung der Baufirmen für die unterschiedlichen Gewerke und auszuführenden Arbeiten auf der Baustelle sehr unterschiedlich und oftmals auch noch analog erfolgen. Dieser gesamte Planungs- und Bauprozess soll nun für alle Beteiligten durch ein Modell einer digitalen Wertschöpfungskette für das Bauen mit Holz unter Berücksichtigung innovativer Architekturkonzepte und neuester Technologien aus dem Bereich Industrie 4.0. vereinfacht werden. So sollen bereits in der Planungsphase die Holzbedarfe für das geplante Gebäude digital ermittelt und mit den digital abrufbaren Informationen zu den regionalen Kieferbeständen abgeglichen werden. In die Planungsphase fällt auch die digitale Planung von modularen Holzbauelementen, die gepaart mit den passenden Konstruktionsprinzipien in Echtzeit visualisiert werden können. Gleichzeitig werden im Hintergrund kontinuierlich unterschiedliche Bauprinzipien verglichen und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bewertet. Das alles geschieht vor dem eigentlichen Baubeginn.

Am Ende der Planungsphase sind alle Bedarfe bekannt. Mit Beginn der Umsetzungsphase können umgehend Bestellungen ausgelöst und die während der Planungsphase digital entworfenen modularen Holzbauelemente zur Anfertigung in Auftrag gegeben werden, die dann auf der Baustelle nur noch montiert werden. „Das heißt, wie die Informationen zu den Kieferbeständen in der Region sollen auch all diese notwendigen Informationen für den Bau des Gebäudes durchgängig, also an allen Stellen des Gebäudelebenszyklus zu jeder Zeit, digital verfügbar sein“, sagt Valentin Eingartner. Die tatsächliche Bauphase kann so stark verkürzt werden.

Durch die Verwendung von regionalem Holz als Baumaterial verkürzen sich Transportwege, die Gebäude aus Holz werden zudem zu CO2-Speichern und dank der modularen Bauweise können die Gebäudeteile und sogar ganze Gebäude auch wiederverwendet werden. All das trägt zu einer nachhaltigen, zirkulären Bauwirtschaft in der Region Berlin-Brandenburg bei. „Der regionale Holzbau versteht sich somit als ein wichtiger Beitrag zu einem Paradigmenwechsel weg von einer linearen Wirtschaft, also einer Wegwerfwirtschaft, hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft mit verantwortungsvollem Ressourcenverbrauch. Das war übrigens auch das zentrale Thema der 18. Global Conference on Sustainable Manufacturing, die im Herbst 2022 an der TU Berlin stattfand“, sagt Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl.

Das Projekt DiKieHo wird von den TU-Fachgebieten Nachhaltige Unternehmensentwicklung von Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl am Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb und CHORA conscious city – Städtebau und nachhaltige Stadtentwicklung von Prof. Raoul Bunschoten bearbeitet. Darüber hinaus sind zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft, das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik sowie das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut an dem Projekt beteiligt. Das Vorhaben wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe gefördert.

Pressemitteilung: Technische Universität Berlin

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