Berlin (pm) – Kreislaufwirtschaft reduziert den Ressourcenverbrauch und sichert die Rohstoffverfügbarkeit; dies bestätigt der Statusbericht der Kreislaufwirtschaft 2024 und dies betont der Bundeskanzler anlässlich des 4. Treffens der „Allianz für Transformation“. Der größte stoffliche Verwerter von Sägenebenprodukten und Recyclingholz begrüßt diese Aussagen sehr, schlägt aber zugleich Alarm: Die auf Sekundärrohstoffe angewiesene Holzwerkstoffindustrie braucht Planungs- und Investitionssicherheit in Bezug auf ihren Rohstoff und klare Richtungsentscheidungen für die Kreislaufwirtschaft, um das Klimaschutz- und Ressourcenschutzpotential des Recyclings heben zu können.
Der Statusbericht der Kreislaufwirtschaft 2024 der prognos AG verdeutlicht die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für Deutschland – in ökologischer und in ökonomischer Hinsicht. Er zeigt auf, welche Chancen und welche Hemmnisse die Kreislaufwirtschaft hat und ist damit ein wichtiger Ratgeber für Unternehmen, Gesellschaft, Wissenschaft und die Politik, die mit ihrer Kreislaufwirtschaftsstrategie ebenso wie mit ihrer Biomassestrategie die Zügel in der Hand hält.
Insbesondere der Angriffskrieg auf die Ukraine hat allen vor Augen geführt, wie stark Deutschland von Energie- und Rohstoffimporten abhängig ist und wie schnell Störungen in den Lieferketten zu Problemen bei der Versorgung mit wichtigen Gütern führen können. Durch Recycling von Produkten und deren Zurückführung in den Kreislauf können Abhängigkeiten reduziert, aber auch der Rohstoffeinsatz deutlich verringert werden.
„In der Transformation gilt es, jeden Stein umzudrehen, jedes Potential zu prüfen und zu heben. Die Kreislaufwirtschaft hat mit Blick auf die Schonung von Primärrohstoffen und den Klimaschutzeffekt durch die Verlängerung des Kohlenstoffspeichers hier erhebliches Potential. Der Bundeskanzler Olaf Scholz hat erst am 23.1.24 anlässlich des Treffens der Allianz für Transformation richtigerweise das enorme Potential der Kreislaufwirtschaft hervorgehoben und erklärt, Deutschland zum globalen Vorreiter für zirkuläre Produkte machen zu wollen, dieses klare Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft begrüßen wir sehr – denn wir sind in unserem Bereich bereits heute Vorreiter der Kreislaufwirtschaft“, erklärt Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI), anlässlich der Veröffentlichung des Statusberichtes der deutschen Kreislaufwirtschaft 2024.
Viele natürliche Ressourcen, so auch Holz als einem Ausgangsrohstoff der Holzwerkstoffindustrie, stehen nur begrenzt zur Verfügung und bekommen in der Transformation eine neue Rolle. Die Holzwerkstoffindustrie setzt bereits in großem Umfang auf den Einsatz von sog. Sekundärrohstoffen, also Nebenprodukten aus der Sägeindsutrie und Recyclingholz (sog. Altholz). Im Bereich der Abfallrohstoffe ist die Holzwerkstoffindustrie mit ihrem Einsatz von Recyclingholz in der Spanplattenindustrie der größte stoffliche Verwerter von Altholz in Deutschland.
Kreislaufwirtschaft ist an den Standorten der Holzwerkstoffindustrie daher bereits seit vielen Jahrzehnten gelebte Praxis. Dies betrifft einerseits den Einsatz von Sekundärrohstoffen (insbesondere auch Recyclingrohstoffen) im Produktionsprozess, andererseits die Recyclingfähigkeit der eigenen Produkte und damit die Rückführung der Rohstoffe in den Produktionsprozess. Während in vielen Bereichen die Kreislaufwirtschaft noch „auf dem Sprung ist“, bietet die Holzwerkstoffindustrie hier bereits einen funktionierenden Markt: „Unsere Produkte sind recyclingready und Recyclingrohstoffe sind ein wichtiger Rohstoff. Unsere Produkte sind daher gelebte Kreislaufwirtschaft“, betont Strohmeyer.
Indes sieht die Holzwerkstoffindustrie die Rohstoffversorgung und damit durchaus die Wirtschaftlichkeit der Grundstoffindustrie in Deutschland im Konkurrenzkampf um Sekundärrohstoffe bedroht. Denn dem mengenmäßig begrenzten Angebot von Sekundärrohstoffen stehen steigende Verwertungswünsche etwa im Bereich der Verbrennung oder auch der chemischen Verwertung gegenüber: In der Transformation steigt der Druck auf den Rohstoff damit erheblich, gegebenenfalls über die Leistungsfähigkeit der Rohstoffmärkte hinaus; hier gilt es, gesamtgesellschaftlich die besten Antworten auf die Rohstoff- und Verwendungsfragen zu finden und effiziente Verwertungswege und ihren Beitrag zur Transformation sachgerecht miteinander zu verzahnen. Zudem wird die Wirtschaftlichkeit der Verwertungsanlagen durch Regulierung und Bürokratisierung mehr und mehr in Frage gestellt. Gerade in der Rohstoff-, Energie- und Absatzkrise fragt sich die Holzwerkstoffindustrie, ob sie in Deutschland ausreichende Zukunftsfähigkeit hat.
„Letztlich muss die Gesellschaft, muss die Politik entscheiden, welche Bedeutung sie etablierten Industrien, gerade im ländlichen Raum, geben möchte. Hierzu gehört eine strategische Analyse von Rohstoffanfall, Rohstoffbedarf und Verwertungswegen ebenso wie ein Belastungsmoratorium. Die Kreislaufwirtschafts- und die Biomassestrategie bieten hierfür ebenso wie die Novelle der Altholzverordnung hervorragende Gelegenheiten“, findet Strohmeyer.
Der Präsident des VHI, Dr. Jan Bergmann, betont mit Blick auf den Rohstoff Holz: “Altholzrecycling funktioniert hervorragend, wenn die Politik uns denn lässt. Dazu müssen alle Signale auf Kreislaufwirtschaft gestellt werden, nur dann kann das Recycling seine Transformationspotentiale ausspielen. Für die Hersteller bedeutet das, bereits beim Produktdesign die Kreislauffähigkeit mitzudenken, damit das Recycling fliegen kann. Und die Politik ist in der Verantwortung, dem Recycling Wind unter die Flügel zu geben – oder zumindest keine der stofflichen Verwendung widersprechenden Regelungen zu treffen. Weder beim Primärrohstoff noch beim Sekundärrohstoff darf es daher direkte Förderungen für die Verbrennung stofflich verwertbarer Sortimente geben. Eine derartige Politik führt die Kreislaufwirtschaft ad absurdum.”
Der Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie sieht in dem Statusbericht der Kreislaufwirtschaft 2024 den Beleg dafür, dass sie zu recht auf die Kreislaufwirtschaft setzt, es aber eingreifender Maßnahmen bedarf, um deren Potentiale zu heben, Hemmnisse zu beseitigen und Investitionsentscheidungen etwa im Bereich der Abfallaufbereitung zu stützen. Der Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie dankt den Autorinnen und Autoren für die fundierte Ausarbeitung und setzt auf die gemeinsamen Anstrengungen der gesamten Recyclingwirtschaft, der Kreislaufwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen.
Hierzu wünscht sich Strohmeyer insgesamt mehr “Recyclingbewusstsein”: “Um die Kreislaufwirtschaft fliegen zu lassen, braucht die Gesellschaft ein Bewusstsein dafür, dass Kaufentscheidungen für naturfaserbasierte Produkte eine nachhaltige Entscheidung im Sinne der Kreislaufwirtschaft und damit des Klimaschutzes und des Ressourcenschutzes sind – denn auch nach dem Lebensende der Produkte werden die enthaltenen Rohstoffe genutzt, da sie nach einer Aufbereitung wieder Verwendung im Produktionsprozess finden können und daraus neue Produkte entstehen. Das ist gelebte Kreislaufwirtschaft – und dies fängt mit der Kaufentscheidung für recyclingfähige Produkte an.”
Quelle: Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI)