Berlin (pm) – Die Europäische Kommission hat heute – aufbauend auf dem Wettbewerbsfähigkeitskompass vom 29. Januar – zentrale Initiativen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Europa vorgelegt. Dies umfasst insbesondere:
1) Clean Industrial Deal
Diese Grundsatzmitteilung enthält eine Vielzahl von Vorschlägen und Ankündigungen in sechs Handlungsfeldern mit dem Ziel, die laufende Transformation und Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft und Industrie zum Erfolg zu führen: (1) bezahlbare Energie, (2) Leitmärkte, (3) Finanzierung, (4) Kreislaufwirtschaft und Zugang zu Rohstoffen, (5) globale Märkte und internationale Partnerschaften und (6) Kompetenzen.
Mit dem Clean Industrial Deal hat die EU-Kommission ein Konzept vorgelegt, um die grüne Transformation zu einem Business Case zu machen. Der europäischen Industrie kommt dabei eine Schlüsselrolle zu:
Durch attraktive Rahmenbedingungen und kluge Unterstützung kann sie internationaler Vorreiter bei der Erforschung, Entwicklung und Herstellung sauberer und nachhaltiger Technologien sein und gleichzeitig ihren Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele leisten. Die Bundesregierung hat sich im Vorfeld intensiv mit Vorschlägen eingebracht, von denen viele nun aufgegriffen wurden. Dies gilt etwa für den Aufbau neuer Leitmärkte n für effiziente, klimafreundliche Technologien, wirksamen Carbon-Leakage-Schutz sowie dazu, neue Absatzmärkte zu erschließen. Nun ist es entscheidend, dass die Umsetzung unter polnischer Ratspräsidentschaft rasch angegangen werden kann.
2) Bezahlbare Energiepreise
Der Green Deal hat dazu beigetragen, die Energiepreise in Europa nach 2022 zu stabilisieren und zu senken. Die Ausbaurekorde bei Neuinstallationen von Solar- und Windkapazitäten sorgen für eine sinkende Gasnachfrage, mehr Unabhängigkeit bei der Energieversorgung und eine klima- und umweltfreundlichere Energieproduktion: Im Jahr 2023 wurden 56 GW neue Solarkapazität und 16 GW neue Windkapazität installiert, während die Gasnachfrage gegenüber dem Vorkrisenniveau um 18 % gesunken ist.
Trotz dieser Erfolge steht die europäische Wirtschaft unter Druck. Bezahlbare, nachhaltige und verlässliche Energie wird dringend benötigt, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu stärken. Um die Sektorenkopplung voranzubringen und die Transformation zu unterstützen, müssen vor allem die Strombezugskosten sinken.
Die Kommission hat nun weitere Maßnahmen für eine Senkung der Energiepreise vorgelegt. Dazu zählen insbesondere die weitere Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die bessere EU-Planung und Ausbau grenzüberschreitender Infrastrukturen, die Absicherung grüner Direktlieferverträge (PPAs) und Stärkung von Energiegemeinschaften. Auch stellt die Mitteilung klar, dass staatliche Zuschüsse zu den Netzentgelten im Grundsatz möglich sind.
Teile der Vorschläge wurden durch die Bundesregierung bereits umgesetzt: die Stromsteuer ist für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sowie der Land- und Forstwirtschaft bereits auf das Mindestmaß gesenkt worden; auch Direktstromverträge zwischen Wirtschaft und Energieversorgern existieren bereits. Insofern begibt sich die EU-Kommission hier auf einen Weg, den Deutschland schon geht.
Bezahlbare Energiepreise sind aus Sicht des BMWK zentral für die Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Klimaschutz der Industrie und für die Kosten der Haushalte. Die Beschleunigung von Erneuerbaren und Infrastruktur, die bessere EU-Planung von Infrastruktur und der Ausbau von Speichern und Flexibilität sind gute strukturelle Maßnahmen zur Senkung der Preise. Wichtig ist, dass auch kurzfristig Maßnahmen zur Energiekostensenkung ergriffen werden können, z.B. im Bereich der Netzentgelte oder der Strompreiskompensation.
3) Omnibuspakete zum Bürokratieabbau
Die Kommission hat heute zudem zwei Omnibus-Pakete vorgelegt: eines zum Thema Nachhaltigkeit und eines zur Vereinfachung von Investitionen. Diese sollen Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger von bürokratischen Belastungen und Berichtspflichten befreien und so einen maßgeblichen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU leisten. Die Vorschläge greifen wichtige Anliegen zur Entlastung der Unternehmen auf. Für eine solche Entlastung hatte sich das BMWK eingesetzt und zugleich auf Wahrung des Schutzniveaus gedrängt.
Die einzelnen Vorschläge aus allen drei Bereichen werden nun eingehend geprüft. Die neue Bundesregierung wird diese abschließend mit der EU-Kommission und in den zuständigen EU-Gremien beraten.
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
Kommentare
ZIA-Präsidentin Iris Schöberl zum Omnibus-Gesetz für Bürokratie-Abbau: „An diesem ersten Testfall zeigt sich, ob Europa verstanden hat“
Vor der offiziellen Veröffentlichung der Pläne für das europäische Omnibus-Gesetz hat die Immobilienwirtschaft maximalen Mut zum Bürokratieabbau eingefordert. „Ursula von der Leyen muss zeigen, dass Europa verstanden hat, dass es zwei Gänge höher schalten muss, um in Zeiten rasanter internationaler Beschleunigung mit den Entwicklungen Schritt zu halten“, sagt ZIA-Präsidentin Iris Schöberl. „Rigoroser Bürokratieabbau plus Deregulierung sind ein erster Testfall. So kann Europa das Signal senden: Wir haben verstanden.“ Um wichtige Ziele des Green Deal und der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erreichen, brauche es dringend Vereinfachung, damit Investoren belastbare Anlageentscheidungen und Unternehmen zielgerichtet Nachhaltigkeitsschritte angehen könnten. Die in den Medien bisher diskutierten Entwürfe lassen hoffen.
Die Reporting-Vorgaben zur Taxonomie, für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) müssten daher dringend „entschlackt werden“, betont Schöberl. „In der Praxis hat sich gezeigt, dass die heutigen Regeln einen Aufwand erfordern, der in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen steht.“ Der ZIA schlägt eine Reihe konkreter Erleichterungen vor.
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD):
- Die CSRD-Anforderungen für Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2025 oder später erstmals berichten müssen, sollten um zwei Jahre verschoben werden. Das gäbe ihnen entscheidenden Spielraum, um sich an das neue Regelungsumfeld anzupassen. Auch Tochtergesellschaften von Konzernen sollten erst im zweiten Berichtsjahr einbezogen werden.
- Der Umfang der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung muss deutlich reduziert werden, um unnötige Belastung der Unternehmen zu vermeiden, so dass sie ihre Ressourcen zum Nutzen von Innovation und nachhaltigem Wachstum einsetzen können.
- Um die Prozesse zu vereinfachen, braucht es einheitliche Vorgaben für standardisierte digitale Datenerhebung und manipulationsfreie Übermittlung zum Empfänger (Bank, Aufsicht, Investor, Eigentümer).
EU-Taxonomie
- Die DNSH-Kriterien („Do No Significant Harm“) der EU-Taxonomie sind zu komplex und zu unflexibel. Gerade kleinere Marktteilnehmer scheitern – oft mangels verfügbarer Daten. Die Auflage, dass bei fehlenden Angaben zu nur einem DNSH-Kriterium die Taxonomie-Konformität insgesamt verloren geht, ist zu starr.
- Die EU-Taxonomie muss Anreize für Bestandssanierung setzen, selbst wenn nach der Sanierung kein energetischer Neubaustandard erreicht werden kann. Der ZIA empfiehlt, die gesamte Immobilie für die Dauer der Amortisierung (in der Regel 20 Jahre) als taxonomiekonform einzustufen, sofern der Primärenergiebedarf infolge einer Sanierung innerhalb von fünf Jahren um 50 Prozent reduziert wird.
Green Asset Ratio (GAR)
- Als Green Asset Ratio (GAR) wird das Verhältnis von taxonomiekonformen zu nicht taxonomiekonformen Aktivitäten bezeichnet. Weil die EU-Taxonomie bisher nur einen Bruchteil aller Aktivitäten abbildet, die zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen, werden von der Taxonomie nicht erfasste Aktivitäten im Rahmen der Green Asset Ratio (GAR) benachteiligt. Der ZIA empfiehlt, die GAR als Kenngröße abzuschaffen, zumindest aber die Berechnungsgrundlage anzugleichen.
Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)
- Die als Offenlegungspflichten für nachhaltige Finanzprodukte konzipierten Artikel 8 und 9 der SFDR stiften für Anleger in der Praxis mehr Verwirrung als Klarheit. Es sollte eine klare Kategorisierung für nachhaltige Finanzprodukte unter Berücksichtigung einer Transformationskategorie geschaffen werden.
Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)