28. September 2025

10-Länder-Studie zeigt Nachhaltigkeitslücke in Europa

Düsseldorf (pm) – Nachhaltige Lösungen werden von drei von vier Bauherren angefragt – doch nur in jedem fünften Bauprojekt werden sie danach auch tatsächlich übernommen: Die restlichen Auftraggeber lassen ihre Ambitionen fallen, sobald der Kostenplan präsentiert wird. Das berichten Architekturbüros in zehn europäischen Ländern, wie Ergebnisse der aktuellen Architekturstudie der USP Marketing Consultancy zeigen. Laut den Rotterdamer Consultants hinter der internationalen Studie liegt das das vor allem an einem zentralen Denkfehler beim Framing von nachhaltigen Baulösungen: Statt sie von vornherein zur Grundlage der Planung zu machen, werden sie als zusätzliches Produktfeature präsentiert – und fallen so allzu oft unter den Tisch.

Die Lücke: Hohe Anfragerate, geringer Umsetzungswillen  

Für die Studie wurden insgesamt 941 Architekturbüros in telefonischen Interviews zum generellen Nachhaltigkeitsinteresse und zu den konkreten Plänen ihrer Auftraggeber befragt. Wie die Studienergebnisse aus den zehn Ländern in Süd-, West-, Nord- und Osteuropa zeigen, besteht überall eine große Lücke zwischen anfänglichem Engagement und tatsächlicher Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Herangehensweisen in Bauprojekten. So erfahren im Schnitt 73 Prozent der Architekturbüros häufig eine solche Nachfrage – tatsächlich bereit, die Investitionen zu tätigen, sind aber nur 31 Prozent der Bauherren.

Auch, wenn diese Nachhaltigkeitslücke überall klafft, so gibt es doch noch deutliche Unterschiede. Während z. B. Deutschland dem europäischen Schnitt recht nahe kommt, gibt es Märkte wie Spanien und Polen, wo der Nachhaltigkeitseifer bei mehr als der Hälfte der Bauherren erlahmt, sobald die Kosten präsentiert werden.

Warum Nachhaltigkeit allzu oft unter die Räder kommt 

Ein Hauptgrund, warum Nachhaltigkeit so häufig als erstes über Bord fällt, dürfte die übliche Marketing- und Verkaufs-Herangehensweise sein, nachhaltiges Bauen als Extra-Option anzubieten. Denn auf Extras lässt sich aus Kundensicht eben am ehesten verzichten. Das Labeling von nachhaltigen Lösungen als „Upgrade“ und Sahnestück auf der Torte schadet dabei laut Studienresultaten vor allem den weniger prominenten, quasi „unsichtbaren“ Nachhaltigkeits-Lösungen, etwa der Luftdichtheit, hochwertigeren Dämmung, gebundenen Kohlenstiooff-Emissionen sowie Materialen, die eine möglichst lange Lebensdauer und so auch ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten.

Bessere Chancen, vom Bauherrn nicht gestrichen zu werden, haben etwa der Einsatz von Solarzellen oder Dachbegrünung – ganz offensichtlich auch deshalb, weil man sich durch diese Maßnahmen als umweltbewusster Bauherr präsentieren kann. Was bleibt, sind demnach sichtbare nachhaltige Lösungen, die zum Selbst-Marketing der Bauherren taugen. Potenziell unter den Tisch fallen dagegen alle nachhaltigen Aspekte, die ihre Vorteile erst beim genaueren Blick in die Kalkulationstabellen entfalten.

 Der Lösungsweg: möglichst frühe Integration im Projekt statt poshes Green Marketing

Damit mehr nachhaltige Lösungen in den Projekten realisiert werden, empfiehlt das Studienteam deshalb eine frühere Integration in der Projektplanung: Sind sie von Anfang an in die geplanten Spezifikationen integriert und werden nicht als aufgehübschte Alternative präsentiert, haben nachhaltige Aspekte größere Chancen, auch verwirklicht zu werden.

„Ein intelligentes Framing vermeidet die Tendenz zum Rosinenpicken. Verwenden Sie Lebenszykluskostenmodelle, Risikosprache und gebündelte Spezifikationen“, so die Empfehlung des Autorenteams. Zu der Gruppe von Bauherren, die für nachhaltige Maßnahmen eher zu begeistern sind, gehören laut Analyse vor allem Unternehmen, die öffentliche Hand sowie langfristige Gebäudebetreiber – und weniger Privathaushalte oder Projektentwickler, die vor allem an Weiterverkauf denken.

Quelle: BauInfoConsult GmbH