18. April 2024

Zahl neuer Wohnungen im Jahr 2021 um 4,2 % gesunken -Kommentare dazu

Wiesbaden (pm) – Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400 000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 293 393 Wohnungen fertiggestellt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 4,2 % oder 12 983 weniger als im Vorjahr. Nachdem im Jahr 2020 erstmals mehr als 300 000 neue Wohnungen entstanden waren, fiel die Zahl im Jahr 2021 wieder auf das Niveau des Jahres 2019 (2020: 306 376 neue Wohnungen; 2019: 293 002). Der 2011 begonnene jährliche Anstieg der Zahl fertiggestellter Wohnungen setzte sich damit 2021 nicht weiter fort. In den Zahlen sind sowohl die Baufertigstellungen für neue Gebäude als auch für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden enthalten.

(c) Statistisches Bundesamt

 

Überhang von genehmigten, noch nicht fertiggestellten Wohnungen weiter gestiegen

Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen stieg im Jahr 2021 mit 380 736 um 3,3 % gegenüber dem Vorjahr und war damit weiter deutlich höher als die Zahl der Baufertigstellungen. Dies führte nunmehr zu einem Überhang von genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen von insgesamt 846 467 Wohnungen (+67 035 gegenüber 2020). Der seit 2008 anhaltende Anstieg des Bauüberhangs beschleunigte sich somit im Jahr 2021 und erreichte den höchsten Stand seit 1996 (922 343).

Wohnungsbau stockt wegen Materialknappheit, hoher Preise und Personalmangel

Der Rückgang der Baufertigstellungen bei gleichzeitiger starker Zunahme des Bauüberhangs deuten auf angebotsseitige Störungen hin, die Unternehmen und Bauherren daran hindern, ihre Vorhaben zeitnah zu realisieren. Hier dürften Lieferengpässe und Rohstoffknappheit, deutliche Preissteigerungen als Folge einer erhöhten Nachfrage nach Baustoffen wie Holz und Stahl im In- und Ausland sowie die hohe Auslastung beziehungsweise Personalknappheit im Baugewerbe eine maßgebliche Rolle spielen.

Zahl neuer Wohnungen sowohl in Ein-, Zwei und Mehrfamilienhäusern gesunken

Von den insgesamt 293 393 im Jahr 2021 fertig gestellten Wohnungen waren 256 352 Neubauwohnungen in Wohngebäuden, das waren 4,6 % weniger als im Jahr 2020. Auf neue Einfamilienhäuser entfielen davon 78 209 Wohnungen, was einem Rückgang um 10,4 % entspricht. In Mehrfamilienhäusern wurden 147 925 und damit 3,6 % weniger Neubauwohnungen fertiggestellt. In Zweifamilienhäusern sank die Zahl um 1,7 % auf 20 118 Wohnungen. In neu gebauten Wohnheimen stieg die Zahl fertiggestellter Wohnungen, und zwar um 32,0 % auf 10 100. Die Zahl fertiggestellter Wohnungen in neuen Nichtwohngebäuden stieg gegenüber dem Vorjahr um 6,4 % auf 5 317. Durch Baumaßnahmen an bereits bestehenden Wohn- und Nichtwohngebäuden entstanden 31 724 Wohnungen, das waren 2,7 % weniger als im Jahr 2021.

Bei den im Jahr 2021 fertiggestellten Nichtwohngebäuden erhöhte sich der umbaute Raum gegenüber dem Jahr 2020 um 2,8 % auf 190,2 Millionen Kubikmeter. Diese Zunahme ist auf einen Anstieg bei den nichtöffentlichen Bauherren (+3,9 %) zurückzuführen.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Kommentare dazu:

 

BM Klara Geywitz: „Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die Baufertigstellungen von Wohnungen in Deutschland können mich als Bundesbauministerin nicht zufrieden stellen. In 2021 wurden 4,2% weniger Häuser in allen Segmenten im Vergleich zum Vorjahr fertiggebaut. Zugleich steigt damit die Zahl der Wohnungen, die schon genehmigt, aber noch nicht gebaut wurden auf 846.830 an. Dieser Bauüberhang zeigt zugleich, dass in den nächsten Jahren ausreichend Wohnraum in Deutschland gebaut werden kann, wenn sich die Bedingungen verbessern. Genehmigte Projekte werden angehalten, aber eben nicht ganz abgebrochen. Private Bauherren und Unternehmen warten ab, wie sich Lieferengpässe, Rohstoffknappheit und deutliche Preissteigerungen weiter auswirken. Auf diese extrem schwierigen Bedingungen hat der deutsche Staat kaum Einfluss. Bauherren erwarten aber zurecht, dass wir jetzt das tun, was in unserem Wirkungsbereich liegt, um die Bedingung hier zu verbessern. Also Genehmigungs- und Planungsprozesse digitalisieren, die 16 Länderverordnungen sinnvoll harmonisieren und die Bedingungen für den seriellen Bau erleichtern. Im Bündnis bezahlbarer Wohnraum wird genau das jetzt erarbeitet. Konkret werden wir dafür Einzelverordnungen, die in ihrer regionalen Verschiedenheit wenig sinnvoll sind, mit den Ländern überprüfen. Und wir fördern nachhaltiges Bauen und werden dafür in Kürze gemeinsam mit dem BMEL unsere Eckpunkte einer Holzbaustrategie vorstellen. Bis die Bedingungen wieder besser werden, wollen wir jahrelang diskutierte Verbesserungen endlich vorantreiben.“

 

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW: „Die im vergangenen Jahr deutlich gesunkene Zahl fertiggestellter Wohnungen ist Vorbote eines dramatischen Einbruchs beim Wohnungsbau in Deutschland. Bereits 2021 hat die Zahl der neuen Wohnungen bei weitem nicht ausgereicht, um das Regierungsziel von 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr zu erreichen. Infolge von Lieferkettenproblemen, Material- und Fachkräftemangel, Preisexplosionen und dem unsäglichen Förderchaos rund um die KfW-Mittel wird das Nicht-Erreichen der Bauziele künftig zementiert. Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen brauchen vor allem Planungssicherheit, um neue bezahlbare, klimaschonende Mehrfamilienhäuser zu errichten. Die Situation auf dem Bau ist allerdings von großer Unsicherheit und Attentismus bei den bauwilligen Unternehmen geprägt. Um das abzustellen, muss die Regierung dringend eine verlässliche und auskömmliche Fördersystematik sowie eine wirksame Rohstoffstrategie zur nachhaltigen Versorgung von Deutschlands Baustellen auf den Weg bringen.“

 

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie: „Der Krieg in der Ukraine erhöht die Anforderungen noch einmal deutlich: Die Ankunft hunderttausender Flüchtlinge, denen Deutschland Zuflucht bietet, sind eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft – auch für die Bau- und Immobilienwirtschaft. Erhöhte Preise für Baustoffe und Energie sowie wachsende Zinsen verschärfen die Rahmenbedingungen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das zurückliegende Jahr zeigen, dass weder die Baupolitik noch wir als Branche zufrieden sein können. Denn wer Entlastung auf dem Mietwohnungsmarkt schaffen möchte, muss neue Wohnungen bauen. Zudem ist die Schaffung zusätzlichen Wohnraums ein wichtiger Beitrag zum sozialen Zusammenhalt. Neben einer belastbaren Förderkulisse sowie der Entschlackung von Vorschriften brauchen wir hierfür einen Planungs- und Genehmigungsbooster. Der Zentrale Immobilien Ausschusses (ZIA), der Immobilienverband Deutschland (IVD), der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) sowie die BAUINDUSTRIE stehen bereit. Damit im Schulterschluss mit der Bundesregierung der nötige Schub gelingt, braucht es die entschiedene Beseitigung von Hürden. Mit unserem 10-Schritte-Papier rufen wir die Bundesregierung gemeinsam auf, die Punkte schnellstmöglich anzugehen.“

 

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe: „Mit rund 293.400 fertig gestellten neuen Wohnungen sind wir im vergangenen Jahr deutlich hinter der Erwartung und der Prognose geblieben. Wir müssen leider davon ausgehen, dass es in diesem Jahr auch nicht mehr werden.“ Demnach wurden 2021 in Deutschland 293.393 Wohnungen fertiggestellt. Das waren 12.983 weniger als im Vorjahr, was einem Minus von 4,2 Prozent entspricht. Die Zahl neuer Wohnungen in Einfamilienhäuser ging um 10,6 % deutlich und in Mehrfamilienhäuser mit 3,6 % immer noch stark zurück. Das Ergebnis dürfte die Folge der Coronapandemie sein, wie deutlich gestörte Lieferketten und damit verbundene Lieferprobleme, aber auch Zurückhaltung bei den privaten Bauherren angesichts ungewisser Zukunftsaussichten und Förderbedingungen. Der Rückgang der Baufertigstellungen bei gleichzeitiger starker Zunahme des Bauüberhangs deuten auf angebotsseitige Störungen hin, die Unternehmen und Bauherren daran hindern, ihre Vorhaben zeitnah zu realisieren. Hier dürften Lieferengpässe und Rohstoffknappheit, deutliche Preissteigerungen als Folge einer erhöhten Nachfrage nach einzelnen Baustoffen im In- und Ausland sowie die hohe Auslastung im Baugewerbe eine maßgebliche Rolle spielen. Um mehr Stabilität im Wohnungsmarkt zu bekommen, brauchen wir solide und dauerhafte Rahmenbedingungen und kein Förderchaos. Und wir brauchen vor allem eine auskömmliche Förderung der von der Bundesregierung intendierten neuen energetischen Standards. Zudem müssen wir über eine eigene Rohstoffpolitik und Freihandelszonen sprechen, die uns bei solchen Krisen unempfindlicher machen. Ansonsten wird der Wohnungsbau weiter rückgängig sein und auch in diesem Jahr deutlich unter die 300.000 Marke fallen. Unsere Branche steht bereit, alle Aufträge, die auf den Markt kommen, in hoher Qualität und mit großer handwerklicher Sorgfalt zur Zufriedenheit der Bauherren abzuarbeiten.“

 

BFW-Präsident Dirk Salewski: „Riesiger Wohnungsbedarf und kaum mehr als Absichtserklärungen der Politik treffen auf eine Branche in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage. Wir blicken auf eine klaffende Lücke von 100.000 Wohneinheiten. Mit einem Rückgang von 4,6 % der fertiggestellten Neubauwohnungen im Vergleich zu 2020 fällt Deutschland auf Vor-Corona Niveau zurück und das nicht nur bei Ein- und Zweihäusern, sondern auch bei Mehrfamilienhäusern. Gerade bei denen gab es einen Rückgang von 3,6%. Dabei ist dies der wichtigste Bereich angesichts der selbst gesteckten Ziele der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, um den Bedarf an bezahlbaren und Sozialwohnungen sicherzustellen. Jetzt muss endlich gehandelt werden, die Zeit von reinen Lippenbekenntnissen ist vorbei. Die deutsche Immobilien- und Wohnungswirtschaft ist ein Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft und darf wegen seiner strategisch wichtigen Bedeutung nicht vernachlässigt werden. Rohstoffknappheit, Preissprünge und Lieferengpässe – wir sollten uns an der Realität der Märkte orientieren und nicht an den Wunschvorstellungen einzelner. Verlässliche Rahmenbedingungen für mehr Planungssicherheit und eine auskömmliche Förderkulisse sind entscheidend. Es sind bereits einzelne gute Ansätze zu erkennen, z.B. bei der Reform der Grunderwerbssteuer, leider reichen diese bei weitem nicht aus.“