8. Mai 2024

Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt steht vor den größten Herausforderungen seit 30 Jahren

Magdeburg (pm) – Der Verbandstag der Wohnungsgenossenschaften und kommunalen Wohnungsgesellschaften in Sachsen-Anhalt am 20.09.2023 im Maritim Hotel Magdeburg stellt die großen Herausforderungen der Wohnungswirtschaft in den Mittelpunkt der Diskussionen.

Vor mehr als 270 Teilnehmern aus Wohnungswirtschaft, Landes- und Kommunalpolitik, Kammern und Verbänden sowie den Unternehmen des Bau- und Baunebengewerbes kritisieren die Verbände die einseitige Ausrichtung der Bundespolitik auf den Neubau von 400.000 Wohnungen in Ballungsräumen mit angespannten Wohnungsmärkten. Ihr Appell richtet sich an die Bundesregierung, die Realität insbesondere in Sachsen-Anhalt mit einem Leerstand von rd. 32.000 Wohnungen nicht zu verfehlen. Fokus und Förderung müssen hier auf den Bestand gerichtet werden, um den Menschen ein sicheres und bezahlbares Zuhause bieten zu können.

Klimaschutz und Energiewende

Mit großer Sorge betrachten die Verbände die Entwicklung der Energiekosten und der nötigen Preisstabilität und Kalkulierbarkeit für die Kosten der Haushaltsenergie. Die beschlossene Energiewende mit dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, dem Abschalten der Atomkraftwerke und dem im GEG stark reglementierten Umgang mit Gas- und Ölheizungen ab 2026 wird technisch schwer realisierbar sein. Hier wirkt die Deckelung der Energiepreise durch die Bundesregierung zwar bis März 2024 noch stabilisierend. Ob und wie notwendige Investitionen der Energiewende in Wärmepumpen, Speicher und Photovoltaik finanziert werden sollen, ist aktuell völlig offen.

Ländlicher Raum und Demografie

Die aktuelle Statistik prognostiziert einen Rückgang der Bevölkerung bis 2035 von bis zu 17 Prozent insbesondere in den strukturschwachen Regionen und damit vorwiegend im ländlichen Raum. Dies führt neben dem aktuell schon hohen Leerstand in den Beständen zu einem weiteren Anstieg leerstehender Wohnungen, dem nur durch Rückbau einerseits und kluge Investitionen in zukunftsfähige Bestände andererseits begegnet werden kann.

Dies bedarf jedoch einer deutlichen Änderung der Fördermittelpolitik auf Bundes- und Landesebene. Die bisherigen Ankündigungen des Bundes zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse und einer Stärkung des ländlichen Raumes blieben bis dato alle ohne Ergebnis. Die von der Bauministerkonferenz bereits im April 2022 beschlossene Aufstockung der Städtebauförderung auf 1,5 Mrd. Euro ist bis heute nicht umgesetzt!

In einer von den Verbänden beauftragten Studie zu den Perspektiven der Wohnungsunternehmen in strukturschwachen und ländlichen Regionen in Sachsen-Anhalt wird deutlich, dass seitens der Bundes- und Landespolitik dringend Maßnahmen zur Gegensteuerung ergriffen werden müssen.

Migrationspolitik und Wohnungswirtschaft

Bereits 2015/2016 waren die Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften in Sachsen-Anhalt maßgeblich an der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen beteiligt. Der humanitären und gesellschaftlichen Verantwortung sind sie auch bei der Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen nachgekommen. So wurden bislang > 3.000 ausgestattete Wohnungen zur Verfügung gestellt, um rund 9.000 ukrainische Kriegsflüchtlingen ein möbliertes, sicheres Zuhause zu geben. Die Wohnungswirtschaft hat unbürokratisch und sozial gehandelt, ist nun aber hinsichtlich Herrichtung und Ausstattung der Wohnungen an der Belastungsgrenze angekommen. Der Bund ist in der Verpflichtung, finanzielle Mittel für eine weitere dezentrale Flüchtlingsunterbringung bereitzustellen und die Kommunen bei der notwendigen Integrationsarbeit zu unterstützen.

Bezahlbarkeit des Wohnens

Die Frage nach der Bezahlbarkeit des Wohnens steht in Zeiten explodierender Energiekosten und einer anhaltend hohen Inflation bei den Wohnungsunternehmen an oberster Stelle. Die Mieten der sozial orientierten Wohnungsunternehmen sind weit weniger schnell als die allgemeinen Lebenshaltungskosten gestiegen. Wir stehen für bezahlbares Wohnen und sind ein Anker für Verlässlichkeit und Stabilität in unsicheren Zeiten.

Die energetische Sanierung und altersgerechte Modernisierung der vorhandenen Wohnungsbestände müssen im Mittelpunkt stehen. Grundlagen hierfür sind verlässliche, planbare sowie auskömmliche Förderinstrumente mit Zuschüssen sowie eine Stabilisierung der Baukosten.

Quelle: Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V.