20. April 2024

Umfrage: Krieg in der Ukraine beeinträchtigt immer stärker Baukonjunktur

Baufirmen rechnen vermehrt mit Auftragsstornierungen

Stuttgart (pm) – Der Krieg in der Ukraine beeinträchtigt immer deutlicher die Baukonjunktur. Wie eine aktuelle Erhebung unter den Mitgliedsbetrieben der Bauwirtschaft Baden-Württemberg ergeben hat, bewerten derzeit zwar immer noch gut vier Fünftel der Unternehmen ihre Geschäftslage als befriedigend oder gut, gleichzeitig erwarten jedoch 52 % in den kommenden Monaten eine konjunkturelle Verschlechterung. „Die skeptischen Zukunftserwartungen werden vor allem durch kriegsbedingte Lieferschwierigkeiten und enorme Preissteigerungen bei Baumaterialien verursacht, die sich von Monat zu Monat stärker auf die Baufirmen auswirken“, erklärt Hauptgeschäftsführer Thomas Möller.

Überwiegend positive Bewertungen gibt es weiterhin im Wohnungsbau: Hier melden fast 70 % der Betriebe eine gute Geschäftslage. Zurückhaltender fallen die Einschätzungen im sonstigen Tiefbau, im Wirtschaftsbau, im öffentlichen Hochbau sowie im Straßenbau aus. Doch auch in diesen Sparten bezeichnet immerhin noch rund jedes zweite Bauunternehmen die Situation als zufriedenstellend.

Was die Perspektiven für die nächsten Monate angeht, so gehen im Wohnungsbau 38 % der Baufirmen von steigenden Umsätzen aus. Im sonstigen Tiefbau erwartet die Mehrzahl der Betriebe ein gleichbleibendes Umsatzergebnis. Dagegen rechnet im öffentlichen Hochbau, im Straßenbau sowie im Wirtschaftsbau jeweils rund die Hälfte der Unternehmen mit Umsatzrückgängen.

Als größtes Problem für ihre Bautätigkeit bezeichnen 82 % der Firmen die aktuellen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial. Vor allem Stahlprodukte, aber auch Kunststoffe, Bauholz und Bitumen sind derzeit nur eingeschränkt verfügbar. 98 % der Betriebe melden erheblich gestiegene Preise insbesondere für Stahl, Bitumen und Holz. Auch massiv gestiegene Dieselpreise machen den Unternehmen zu schaffen. Mehr als vier Fünftel der Mitgliedsbetriebe gehen davon aus, dass die Einkaufspreise in den kommenden Monaten weiter ansteigen werden. Mit den extremen Preissprüngen sind für die Bauunternehmen außerdem enorme Risiken verbunden, erklärt Thomas Möller: „Bei laufenden Bauverträgen besteht die Gefahr, dass viele Firmen wegen der höheren Beschaffungspreise spürbare Mehrkosten tragen müssen, die sie nicht an die Auftraggeber weitergeben können. Wichtig ist daher, dass durchgängig Stoffpreisgleitklauseln vereinbart werden – auch für bestehende Verträge. Dadurch wird das Kostenrisiko gleichmäßig auf beide Vertragspartner verteilt.“

Aufgrund der stark verteuerten Baumaterialien befürchten zahlreiche Bauunternehmen vermehrt Auftragsstornierungen unter anderem im Wohnungsbau. „Wegen der Preissteigerungen, aber auch durch die jetzt deutlich verschärften Förderbedingungen für Energieeffizienzhäuser dürfte es schwierig werden, die ehrgeizigen Wohnungsbau-Ziele der Ampel-Koalition zu erreichen. Um die Bautätigkeit dennoch anzukurbeln, benötigen wir dringend eine verlässliche und verstetigte Neubauförderung, die Bauherren und Bauunternehmen Planungssicherheit gibt“, fordert Möller.

Auch im kommunalen Bereich sehen viele Baufirmen die Gefahr, dass wegen der explodierenden Materialpreise bestehende Aufträge storniert und Investitionen zurückgefahren werden. „Um die Investitionsbereitschaft der Kommunen zu steigern, müssen geeignete Unterstützungspakete aufgelegt bzw. vorhandene Fördertöpfe aufgestockt werden. Stark verschuldete Kommunen sollte man zusätzlich entlasten“, meint Thomas Möller.

Angesichts der momentan noch guten Auftragslage sowie des gewaltigen Baubedarfs sehen die Unternehmen die Fachkräftesicherung nach wie vor als vordringliche Aufgabe: Im laufenden Jahr wollen 26 % der Baufirmen ihre Beschäftigtenzahl aufstocken, nur 5 % planen, Personal abzubauen. Damit wird sich der seit 2009 kontinuierliche Beschäftigungsaufbau in der Bauwirtschaft auch in diesem Jahr fortsetzen. Äußerst hoch ist zudem die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe: 39 % der Firmen wollen mehr Lehrlinge einstellen. Damit könnte sich die Zahl der Auszubildenden in der baden-württembergischen Bauwirtschaft, die bereits in den beiden letzten Jahren um jeweils rund 3 % angestiegen ist, im kommenden Herbst zum dritten Mal in Folge erhöhen.

Pressemitteilung: Bauwirtschaft Baden-Württemberg