11. Dezember 2024

TU Graz-Entwicklung macht Betonieren zuverlässiger, sicherer und sparsamer

Graz (pm) – Mit einem selbst entwickelten, digitalen Monitoring-System wollen Forschende der TU Graz dazu beitragen, dass bei Betonarbeiten kostspielige und potenziell gefährliche Fehler der Vergangenheit angehören.

Fehler beim Betonieren können teuer sein. Zu schnell eingegossener Beton führt häufig zu fehlender Farbgleichheit, Unregelmäßigkeiten in der Struktur und unebenen Flächen. Besonders im Fall von Sichtbeton sind dann teure Nacharbeiten durch Betonkosmetiker notwendig, eventuell muss eine Wand sogar wieder abgerissen werden. Zusätzlich birgt es ein gewisses Gefährdungspotenzial für die Arbeitskräfte, wenn der Frischbeton zu schnell in den Schalungen ansteigt, da sie dadurch versagen können. In ihrem Projekt „DigiCoPro“ haben Ralph Stöckl und sein Bruder Christoph Stöckl gemeinsam mit Christian Hofstadler am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz den Prototyp eines Steuerungssystems für Betonierprozesse auf Baustellen entwickelt, das solchen Fehlern mittels zahlreicher Sensoren und ausgefeilten Algorithmen vorbeugt und durch den Wegfall von Nacharbeiten Ressourcen spart.

Gefördert wurden sie dabei durch ein Spin-off Fellowship der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. 2025 ist die Gründung eines TU Graz Spin-offs geplant, in dem das zum Patent angemeldete System zur Marktreife geführt wird.

Erster Test mit Teilen aus dem Internet

„Sichtbeton ist die Königsklasse des Betonierens und hier kann jeder Fehler sehr schnell sehr teuer werden“, erklärt Ralph Stöckl. „Häufig passiert es, dass zu schnell betoniert und nicht gleichmäßig verdichtet wird, also die Luft nicht gleichmäßig aus dem Beton entweichen kann.“ Der ehemalige Leiter des Instituts für Baubetrieb und Bauwirtschaft, Christian Hofstadler, machte Ralph Stöckl während seiner Dissertation auf diese Thematik und die Notwendigkeit eines darauf ausgelegten Monitoringsystems aufmerksam. Daraufhin erörterte er das Thema mit seinem Bruder und die beiden waren sich schnell einig, dass sie so ein System entwickeln möchten. Sie bestellten erste Sensoren und weitere Bauteile im Internet, fertigten daraus ein Proof of Concept und sahen, dass sich damit die Steiggeschwindigkeit messen ließ. Gemeinsam mit Christian Hofstadler meldeten sie ihre Entwicklung als Diensterfindung an und bewarben sich – mit Erfolg – bei der FFG um ein Spin-of Fellowship.

Um aus dem provisorisch zusammengebastelten Konzept einen fertigen Prototyp zu entwickeln, der die Arbeiten mit Sichtbeton revolutionieren kann, war es allerdings ein weiter Weg. Schließlich sollte das Überwachungssystem neben der Steiggeschwindigkeit von Beton dutzende weitere Parameter messen und auswerten, um in Echtzeit warnen zu können, wenn beim Betonieren etwas schiefläuft. Der Prototyp misst nun auch die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur der Luft und an der Betonoberfläche und erfasst Schallwellen, um zu erheben, wann der Rüttler Luft aus dem Beton schüttelt und wann nicht. Im Hintergrund arbeitet ein Algorithmus, der aus den Daten ableitet, ob alles in Ordnung ist oder eingegriffen werden muss.

Algorithmen für raue Arbeitsumgebungen

Der Bau des Prototyps und die Entwicklung des Algorithmus lief in kompletter Eigenregie. Für die Konstruktion inklusive aller notwendigen Lötarbeiten und Schaltkreisprogrammierungen holten die Brüder die Elektrotechnikerin Anja Elsässer an Bord. Beim Testen zeigte sich, dass vor allem der Algorithmus sehr sorgfältig designt sein muss, damit Störfaktoren, die in einer rauen Arbeitsumgebung wie einer Baustelle zwangsläufig auftreten, die Messergebnisse nicht verfälschen. Nach 18-monatiger Forschungsarbeit ist der Prototyp nun fertig entwickelt und jetzt gilt es, ihn markttauglich zu machen. Um dafür die nötigen Mittel zu lukrieren, werden Ralph und Christoph Stöckl nach der Gründung ihres Spin-offs Anfang 2025 auf ein zweites Standbein setzen. Sie nutzen ihre Expertise im Bereich KI und Algorithmen, um Service-Chatbots für Unternehmen zu entwickeln.

„Die bisherige Arbeit an DigiCoPro war intensiv und spannend. Neben dem Spin-off Fellowship der FFG hatten wir das Glück, dass wir auch hausintern an der TU Graz viel Rückhalt bekommen haben, da unternehmerische Ambitionen hier sehr gefördert werden“, sagt Christoph Stöckl. „Jetzt gilt es, alle nötigen Zertifizierungen für unser Monitoringsystem zu bekommen, um es dann auch offiziell anbieten zu können. Wir rechnen damit, dass wir bis 2026 soweit sind.“

Quelle: TU Graz