Berlin (pm) – Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen werden immer häufiger in den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen eingesetzt. „Ihr Potenzial für den Einsatz im Städtebau zur Reduzierung der Treibhausgase wurde allerdings noch nicht gehoben“, berichtet Prof. Dr. Felix Creutzig, Leiter des Fachgebiets Sustainability Economics of Human Settlements an der TU Berlin und Gruppenleiter am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). „In zwei jüngst erschienenen Veröffentlichungen hat mein Team jetzt erstmals eine systematische Übersicht über die Studien durchgeführt, die Big Data und Maschinelles Lernen im Kampf gegen den Klimawandel einsetzen. Wir konnten zeigen, dass Künstliche Intelligenz zur Generierung entscheidender Daten für kohlenstoffarme Stadtplanungslösungen eingesetzt werden kann, die zum einen den lokalen Gegebenheiten entsprechen, aber auch global skalierbar sind.“
Dafür entwickelten die Wissenschaftler*innen eine spezielle, algorithmische Architektur (ML-UP), die die Schnittmenge von maschineller Lernforschung, Stadtplanung und Studien zur Eindämmung des Klimawandels berücksichtigt. Für die politischen Entscheidungsträger vor Ort ist es oft schwer zu beurteilen, welche Infrastrukturmaßnahme oder welche Form der Stadtplanung in ihrer speziellen Region auf dem Weg in eine kohlenstoffarme Zukunft am wirkungsvollsten ist. Aus der Wissenschaft kommen dabei oft unterschiedliche Empfehlungen, die sich nicht selten auf eine bestimmte geographische Situation beziehen. „Was wir brauchen, ist eine systematische, methodisch fundierte Forschung, die es erlaubt, ortsspezifische Klimalösungen auch global anzuwenden, ohne dabei regionale Eigenheiten zu missachten“, so Felix Creutzig.
In der Vergangenheit konzentrierte sich die Anwendung von Künstlicher Intelligenz in Bezug auf Klimaschutz im Wesentlichen auf die technischen Möglichkeiten der Fernerkundung und auf die Effizienzsteigerung von Verkehrsnetzen und Gebäuden. „Aber wir sehen ein hohes Potenzial darin, KI auch strukturell für eine kohlenstoffarme Stadtplanung zu nutzen und haben in den beiden Veröffentlichungen eine entsprechende Architektur für maschinelle Lernsysteme vorgestellt“, so Nikola Milojevic-Dupont, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Felix Creutzig.
Für ihre Forschung, wählten die Wissenschaftler*innen die räumliche Dimension als Einstiegspunkt, und verwendeten Daten von OpenStreetMap, um 3D-Stadtmodelle mit sehr hoher räumlicher Auflösung zu generieren. Sie testeten die Vorhersagekraft ihrer Algorithmen an der Häuserstruktur von Berlin und Brandenburg und konnten zeigen, dass selbst geringe zusätzliche Informationen über den Gebäudebestand, beigetragen von Freiwilligen, die Vorhersagekraft der Modelle bedeutend verbessert. So ist es ihnen gelungen, hochauflösende Modelle zu erstellen, die zur Eindämmung des Klimawandels bei der Planung kohlenstoffarmer Städte helfen könnten, ohne regionale Besonderheiten zu vernachlässigen.
„Durch die Berechnung und Modellierung der 3-D-Form von Städten mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung in verschiedenen Teilen Europas ist uns ein wichtiger Zwischenschritt zur weiteren Erforschung von Energieeinsparpotenzialen im Wohnungsbau gelungen. Diese Modelle werden es ermöglichen, ortsspezifische Lösungsstrategien zu vergleichen und zu bewerten“, erläutert Nikola Milojevic-Dupont.
Publikationen:
Sustainable Cities and Society: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2210670720307423DOI
PLOS ONE : https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0242010
Pressemitteilung: Technische Universität Berlin