20. April 2024

Stimmungsindex von ZIA und IW: Talfahrt beim Wohnungsbau geht weiter, überraschendes Hoch bei Handelsimmobilien

Berlin (pm) – Ein Nebeneinander von leichter Beruhigung und handfester Sorge prägt die Stimmung in der Immobilienwirtschaft. Die Frühjahrsbefragung der Immobilienunternehmen deutet auf einige Lichtblicke. Das Immobilienklima verbessert sich laut ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex (ISI) gegenüber dem Vorquartal spürbar, mit einem Plus von 10,4 Punkten wird wieder ein leicht positiver Wert erzielt: +1,3. Nach dem äußerst pessimistischen Ergebnis im Vorquartal gibt es sowohl im Bereich Lage (Blick aufs Aktuelle) als auch bei den Erwartungen (Blick auf die nächsten zwölf Monate) mit einem Plus von 11,2 beziehungsweise 9,7 Zuwächse. Die Lage erreicht so den Wert 17,6. Die Erwartungen bleiben mit -13.7 negativ.

„Beim Wohnungsbau geht es noch weiter bergab“

„Die dröhnenden Alarmsignale beim Wohnungsbau überlagern leider die Freude über die etwas verbesserte Gesamtlage“, kommentiert ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner die Ergebnisse. Was den ZIA vor allem umtreibt: Projektentwickler(innen) bewerten die Geschäftslage schlechter denn je, und deren Situation gibt erfahrungsgemäß oft eine realistische Vorstellung von der künftigen Entwicklung in weiten Teilen der Branche. „Die Signale verheißen nichts Gutes: Es wird genau das passieren, was wir verhindern wollten – beim Wohnungsbau geht es noch weiter bergab, wenn die politischen Entscheiderinnen und Entscheider nicht bald reingrätschen.“ Binnen zwei Jahren wird sich, so Mattner, „ohne politische Kurskorrekturen die Zahl fehlender Wohnungen auf 1,4 Millionen erhöhen“. Es brauche „den Mut, die inzwischen enorme Staatsquote auf dem Gut Wohnen zu verringern“.

Daumen hoch für die Handelsimmobilien

Auch das gehört zum aktuellen Stimmungsmix: Bei den Handelsimmobilien geht der Daumen hoch, die Einschätzung hat sich erheblich verbessert. Durch ein Plus der Geschäftslage auf 30,5 (+7,0) und einen regelrechten Euphoriesprung bei den Erwartungen um 59,2 auf 11,5 dreht sich das Handelsklima ins Positive. Aktuell profitiert der Handel von Verbesserungen beim privaten Konsum. Denn die Energiepreise fallen deutlich niedriger aus als befürchtet.

„Diese Stimmung ist ein tolles Zeichen. Mit einem so starken Aufwärtstrend bei den Handelsimmobilien war nicht zu rechnen“, kommentiert Mattner die Werte. „Die Auswirkungen der Pandemie sind zwar weiter spürbar, aber die Richtung stimmt.“

Abschied von der „Schockstarre“

Die Gesamtentwicklung analysiert Dr. Ralph Henger, Senior Economist des IW, so: „Grund für die bessere Stimmung ist unter anderem die Hoffnung, dass die Energiekrise doch ohne große Blessuren überwunden werden kann. Zudem setzt die Branche darauf, dass nach einer Schockstarre im letzten Jahr stabilere Rahmenbedingungen dazu führen, dass die Nachfrage nach Immobilien wieder zurückkommt.“ Zugleich hebt der Experte hervor: „Die Unsicherheit in der Branche ist allerdings ungebrochen hoch.“ Schließlich seien weder bei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung noch bei den Baukosten oder den Finanzierungsbedingungen klare Trends für 2023 zu erkennen.

Die Entwicklungen laut ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex im Einzelnen:

Im Bürosektor laufen eine immer noch positiv eingeschätzte Geschäftslage und negative Erwartungen weiter auseinander. Die Lage wird mit 42,5 bewertet, was nach wie vor die beste Bewertung aller Segmente darstellt (+9,2 gegenüber dem Vorquartal). Die Erwartungen aber gehen weiter zurück, sinken um -6,1 auf -23,8 Punkte. Das Büroklima steigt leicht um 0,5 auf 6,7 Punkte. Bestimmende Belastungsfaktoren bleiben die Renditeentwicklung und die Attraktivität der Immobilienklasse für institutionelle Investoren sowie Unsicherheiten mit Blick auf die weitere Nachfrage. Was neue Homeoffice-Konzepte von Unternehmen bei gleichzeitig guter Beschäftigungslage im Ergebnis bringen, wird mit gemischten Gefühlen gesehen.

Im Bereich Wohnen werden Lage und Erwartungen geringfügig besser eingeschätzt als im Winter. Das Wohnklima bleibt dabei aber mit -8,0 (+4,9) negativ, was an den weiter negativen Erwartungen liegt (-19,4). Insbesondere die zunehmenden energetischen Auflagen plus stetig steigende Baukosten sowie schwindende Zahlungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter belasten die Ertragserwartungen. Hinzu kommen Probleme in Zeiten hoher Inflation, die auf die Gewinnmargen drücken und neue Projekte unwirtschaftlich werden lassen.

Die Projektentwickler leiden weiterhin am stärksten unter der aktuellen Marktsituation. Die Geschäftslage wird mit -25,6 und dem vierten Rückgang in Folge so schlecht eingeschätzt wie noch nie. Ausgehend von der aktuell schlechten Ausgangslage überwiegt aber der Optimismus (Erwartungen steigen um 45,6 auf 17,9 Punkte), dass sich in diesem Jahr der Markt an das neue Zinsniveau gewöhnen könnte und eine sinkende Inflation plus stabilere Rahmenbedingungen dazu führen, dass die Nachfrage nach neuen Projekten wieder zurückkommt.

Verbesserungen? „Der Staat sitzt am Hebel“

Die Sonderfrage der Frühjahrserhebung galt diesmal den geplanten Investitionen in Neubau und Modernisierungen. 45,7 Prozent der Immobilienunternehmen wollen im laufenden Jahr weniger, 26,2 Prozent wollen mehr als im Jahr 2022 investieren. Und wie kann das schwache Investitionsklima verbessert werden? Die Unternehmen glauben, dass dies am besten durch Beschleunigen von Planungs- und Genehmigungsverfahren (29,5 Prozent) und Aufstocken bestehender Bundesförderprogramme (25,7 Prozent) gelingen kann.

„Gerade diese Signale belegen: Der Staat sitzt am Hebel, wenn es darum geht, endlich wieder Schwung in den Immobilienmarkt zu bringen“, sagt ZIA-Präsident Mattner.

Die gesamte Studie: ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex | ZIA (zia-deutschland.de)


Pressemitteilung: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)