26. April 2024

Stimmen zum Berliner Volksentscheid der Enteignung

Volksentscheid: Neubau statt Enteignung ist die Antwort

Angesichts des Ergebnisses des Berliner Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen ruft der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, die Politik zur Besonnenheit auf. Die geforderte Enteignung von mehr als 240.000 Wohnungen müsste laut Senat mit bis zu 36 Milliarden Euro entschädigt werden. „Für dieses Geld ließen sich alternativ 137.000 neue Wohnungen bauen – das war der Bedarf an Wohnungen in Berlin im Jahr 2019“, sagt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Daher kann die Antwort auf den angespannten Markt in der Hauptstadt nur sein: Neubau und die Ausweisung von mehr passenden Flächen für bezahlbaren Wohnraum. So bekommen wir die Lage in den Griff. Der Senat sollte sich daher darauf konzentrieren, das vorhandene Budget gezielt für beschleunigte Verfahren einzusetzen“, so Mattner.

„Der Berliner Haushalt wird bereits durch die Corona-Pandemie außerordentlich belastet, viele Berliner Unternehmen sind wirtschaftlich angeschlagen. Daher gilt es, mit Augenmaß vorzugehen und die Enteignungsforderung sehr genau rechtlich zu prüfen“, sagt Mattner.

Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)

 

BBU-Statement zum gestrigen Erfolg des Enteignungs-Volksentscheids

Maren Kern, Vorständin beim BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V.: dazu: „Der Enteignungsvolksentscheid hat eine Mehrheit bekommen. Fast 40 Prozent der Berlinerinnen und Berliner haben aber auch dagegen gestimmt. Zudem haben aktuelle Umfragen ergeben, dass nur eine Minderheit tatsächlich für eine Umsetzung einer Enteignung ist. Mit diesem Ergebnis muss jetzt umgegangen werden. Dabei gilt es, die Spaltung der Stadt nicht weiter zu vertiefen. Deshalb brauchen wir eine offene und ehrliche Diskussion darüber, wie es jetzt in der Berliner Wohnungspolitik weitergehen soll. Berlins Wohnungsproblem lässt sich nicht durch Enteignungen lösen, sondern nur durch gemeinsame Anstrengungen für mehr Wohnen. Dazu müssen alle an einem Strang ziehen. Am besten wird das mit einem ‚Bündnis für Neubau und Wohnen‘ gelingen.“

Quelle: BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V.

 

Reimann: „Die Irrfahrt in der Berliner Wohnungspolitik geht weiter.“

Zum gestrigen Volksentscheid in Berlin, der sich für eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen ausgesprochen hat, erklärt Thomas Reimann, VhU-Vizepräsident und Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienausschusses: „Die Irrfahrt in der Berliner Wohnungspolitik geht weiter. Das Scheitern des Berliner Mietendeckels war anscheinend nicht genug. In Berlin stürzt man sich in das nächste wohnungspolitische Abenteuer, was unweigerlich zum Scheitern verdammt ist. Denn die Enteignung großer Wohnungsgesellschaften wird nicht dazu führen, dass zusätzliche Wohnungen den Wohnungsmangel in Berlin entspannen und den Anstieg der Mietkosten dämpfen werden.“

„Wie schon beim Mietendeckel werde der Wohnungsmarkt gespalten in betroffene und nicht betroffene Wohnungen“, so Reimann. „Am Ende hätten all diejenigen das Nachsehen, deren Wohnungen nicht verstaatlicht wurden. Wie schon beim Mietendeckel werden die Mieten der nicht-regulierten Wohnungen weiter steigen – weil die Nachfrage weiter die Preise anheizt – und die Schlangen bei den Wohnungsbesichtigungen noch länger“, erklärte Thomas Reimann.

„Auch wenn die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt ist, Enteignen ist der schärfste Eingriff ins Eigentum und kann kein Rezept gegen den Wohnungsmangel sein. Dabei hätte Berlin das Potenzial, um mehr Wohnungen zu schaffen. Mit dem stillgelegten Flughafen Tempelhof existiert ein riesiges Areal mitten in der Stadt. Allerdings stimmte 2014 eine deutliche Mehrheit für die Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes. Es grenzt schon an Ironie, wie man gegen zusätzliche Wohnungen sein kann, mit dem Mietendeckel scheitert und schlussendlich auf Verstaatlichung hofft“, so Reimann weiter.

„Mit Blick auf die anstehenden Sondierungsrunden und späteren Koalitionsverhandlungen im Bund lässt sich nur hoffen, dass die Bundespolitik aus dem abschreckenden Beispiel ausufernder Wohnungsmarktregulierung lernt und die richtigen Schlüsse zieht. Denn Wohnungsmangel lässt sich nicht wegregulieren, sondern vor allem mit mehr Wohnungen lösen“, so Reimann abschließend.

Quelle:  Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)

 

Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ erfolgreich. Die eigentliche Gewinnerin dieser Wahl ist die Mieterbewegung.

56,4 % der Berlinerinnen und Berliner haben für den Volksentscheid gestimmt. Wir gratulieren den vielen Aktiven und Helferinnen und Helfern, die das möglich gemacht haben.

Das ist ein fulminanter Erfolg der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, über den die Berliner Politik nicht hinweggehen kann. „Die Berlinerinnen und Berliner haben ein Zeichen gesetzt für eine soziale Wohnungspolitik, die nicht nur die Interessen von Investoren bedient, sondern sich einer leistbaren Wohnraumversorgung und dem Schutz aller Mieter und Mieterinnen verpflichtet sieht“, betont Wibke Werner, stellv. Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins.

Der BMV erwartet, dass der zukünftige Senat diesen Auftrag ernst nimmt und den eindeutigen Willen der Berlinerinnen und Berliner zeitnah umsetzt.

„Viele Gutachten haben gezeigt, dass eine Vergesellschaftung möglich ist. Die Politik sollte daher keine verfassungsrechtlichen Zweifel säen, sondern unter Einbindung aller Fraktionen ein wasserdichtes Gesetz erarbeiten“, so Werner.

Aus Sicht des Berliner Mietervereins zeigt sich in dem Wahlergebnis der Wunsch der Wähler und Wähle-rinnen für eine Fortführung der Koalition aus SPD, Grünen und Linken. Die Vergesellschaftung muss bereits in den Sondierungsgesprächen herausgestellt werden und in den folgenden Koalitionsverhandlungen als bindend für die Koalitionspartner gelten! Immer wieder klang auch aus Reihen der SPD, CDU und FDP, dass der Volksentscheid rechtlich nicht bindend für die zukünftige Landesregierung sei. Der BMV ist überzeugt, dass der Volksbeschluss ebenso wie ein Parlamentsbeschluss zu behandeln ist.

Für die Koalitionsverhandlungen bedeutet dies der Auftrag, das Thema Mieten und Wohnen prioritär zu behandeln und genau zu prüfen, in welcher Konstellation der durch das Volksbegehren deutlich gewordene Wille der Wählerinnen und Wähler umgesetzt werden kann.

Es ist Zeit für einen kräftigen Schub in der Wohnungs- und Mietenpolitik, die zukünftig durch Transparenz (über ein Mietenkataster), soziale Bewirtschaftungs- und Nutzungskonzepte im Neubau, einer gelebten Mitbestimmung sowie einem ernst zu nehmenden Mieter:innenschutz geprägt sein sollte. „Die Landespolitik muss Wohnen wieder als Daseinsvorsorge verstehen, es darf eben nicht ungeschützt den Kräften des Marktes überlassen werden“, fordert Wibke Werner, „hier sind alle Beteiligten gefragt, an einer Lösung mitzuwirken“.

Quelle: Berliner Mieterverein e.V.

 

Nach dem Volksentscheid: BFW fordert klares Signal zur Stärkung des Investitionsstandorts Berlin

Der Volksentscheid war erfolgreich – die Berlinerinnen und Berliner haben für die Enteignung von großen Wohnungsunternehmen gestimmt. Allerdings verdeutlicht das Votum, wie sehr die Stadtgesellschaft angesichts der Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt in dieser Frage gespalten ist.

Susanne Klabe, Geschäftsführerin des BFW Landesverbandes Berlin/Brandenburg, sagt zum Ausgang des Volksentscheids: „Der Souverän hat gesprochen. Der Volksentscheid ist der erste Schritt zur Enteignung von Teilen eines ganzen Wirtschaftszweiges und die Überführung in Staatseigentum. Damit entsteht erneut Rechtsunsicherheit für alle Akteure auf dem Wohnungsmarkt – auch für Mieterinnen und Mieter. Wie schon der Mietendeckel wird auch ein Vergesellschaftungs-Gesetz krachend vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern. Die nächste juristische Pleite ist programmiert. Desaströs daran ist vor allem die Beschädigung des Wirtschaftsstandortes Berlin. Unternehmen werden Investitionen stoppen und in andere Bundesländer abwandern. Wir stellen uns jetzt die Frage, wie der künftige Senat die Privaten für den Wohnungsneubau an einen Tisch holen und Vertrauen in den Standort schaffen will.“

Schuldenberg wächst unaufhörlich
Nach Einschätzung des BFW wird eine Vergesellschaftung von Immobilien die Berlinerinnen und Berliner teuer zu stehen kommen. Die Schätzungen über die Höhe der erforderlichen Entschädigungszahlungen gehen jedoch weit auseinander – im Berliner Landeshaushalt 2021 sind dafür aber sehr konkret 32 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Finanzierung soll über eine Kreditfinanzierung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften erfolgen. Doch auch der Schuldenberg dieser Gesellschaften stieg in der vergangenen Legislaturperiode von 8 auf mehr als 16 Milliarden Euro an, inklusive knapp 2,5 Milliarden Euro für den Ankauf von rund 14.750 Wohnungen aus dem Bestand von Vonovia und Deutsche Wohnen.

Kein Geld für den Klimaschutz
Zudem würden mit der Enteignung die Mieter der 230.000 betroffenen Wohnungen durch abzusenkende Mieten auf die vom Volksentscheid geforderten 4,04 Euro/m2 privilegiert. Die Bewohner der aktuell 340.000 Wohnungen bei den kommunalen Gesellschaften kommen jedoch nicht in diesen Genuss. Klar ist: Wenn die Mieten der städtischen und der vergesellschafteten Wohnungen zur Kreditfinanzierung benötigt werden, steht kein Geld mehr für Investitionen in den Bestand zur Verfügung. „Das hat fatale Auswirkungen auf die Erreichung der Klimaziele. Sie können nicht allein durch noch mehr Auflagen im schleppend vorankommenden Neubau erzielt werden, vielmehr müssen gerade die bestehenden Gebäude durch Modernisierungen und energetische Sanierungen fit für die Zukunft gemacht werden. Sie sind der Hebel zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor. Wer aber als Eigentümer mit Vergesellschaftung bedroht wird, wird kaum bereit sein, in die energetische Ertüchtigung der Bestände zu investieren. Wir verlieren damit bis zur verfassungsgerichtlichen Klärung viel Zeit“, so Susanne Klabe.

Erweiterung der Neubauförderung
Der BFW fordert: Der Wohnungsneubau muss im künftigen Senat wieder in einem eigenständigen Bauressort gebündelt werden, um die Zukunftsaufgabe von 20.000 Neubauwohnungen pro Jahr realisieren zu können. Die Privaten sind für eine lösungsorientierte Zusammenarbeit offen, erwarten aber Dialoge auf Augenhöhe. Ihnen geht es dabei um Wohnungen in allen Preislagen. Durch eine intelligente Erweiterung der Neubauförderung könnten zum Beispiel in der Stadt Wohnungen auch für Menschen mit mittlerem Einkommen im Preissegment zwischen 8 und 12 Euro/m2 entstehen. Der BFW bekräftigt seine Forderung, landeseigenes Bauland für die Errichtung von Wohnungen zur Verfügung zu stellen sowie die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, um schneller bezahlbaren Wohnraum für alle Berlinerinnen und Berliner schaffen zu können.

Quelle: BFW Landesverband Berlin/Brandenburg e.V.