26. April 2024

Stadtteilschule Lurup von Behnisch Architekten

Hamburg (pm) – Im Hamburger Stadtteil Lurup ist unweit des Altonaer Volksparks ein Neubau für die sechszügige Stadtteilschule entstanden. Die zuvor auf drei Standorte verteilte Schule erhält so ein gemeinsames Zuhause für seine rund 1.000 Schüler*innen und 120 Lehrkräfte. Das neue Haus für die Stadtteilschule, die sich als „bunte Gemeinschaft mit unterschiedlichsten sozialen, kulturellen und ethnischen Hintergründen“ versteht, bietet ein vielfältiges räumliches Angebot – entsprechend des pädagogischen Konzeptes, das jedes Kind zum bestmöglichen Abschluss bringen will. Zusätzlich verankert eine Community School die Schule im Quartier – und entwickelt sie mit Angeboten der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung entsprechend des skandinavischen Vorbilds zum Stadtteilzentrum.

 

(c) David Matthiessen

Charakterstarker Baukörper

Das Grundstück inmitten des Hamburger Stadtteils Lurup im Bezirk Altona ist überwiegend durch Nach­barschaften und Wohnungsbau mit Einzel- und Reihenhäusern geprägt ist. Der Entwurf legt von daher ein besonderes Augenmerk auf Angemessenheit und eine verträgliche Maßstäblichkeit. Der lediglich dreigeschossige Baukörper tritt durch seine Höhenstaffelung über Terrassen und Rücksprünge vermittelnd auf und respektiert seine Umgebung. Feingliedrig verzweigt sich der Baukörper und schmiegt sich in die Grundstücksgeometrie ein. Der Grundriss definiert dabei attraktive Bereiche für Pausen- und Aufenthaltszonen im Außenraum. Das Haus zeigt sich charakterstark und prägnant und wird vornehmlich als eine harmonische Komposition horizontaler Linien wahrgenommen – geschwungene Dachkanten und elegante Balkone prägen die Gestalt. Zwei Gebäudeflügel formen zum Eingangsbereich eine schützende, einladende Geste aus und heißen Schüler*innen und Besucher*innen willkommen.

Im Inneren ist das Erscheinungsbild der neuen Schule bestimmt durch Leichtigkeit und Offenheit. Spielerische Aspekte, wie inszenierte „Marktplätze“ und belebte Orte, werden zum übergeordneten Charakteristikum. Zwei lichtdurchflutete Atrien sorgen für vertikale Verbindungen innerhalb des Hauses, das insgesamt als ein fließendes, über alle Ebenen verbundenes Raumgefüge – als kommunikativer „Organismus“ – verstanden werden kann. Der spannungsreiche bauliche Rahmen unterstützt die Vielfalt einer modernen und inhaltlich sich weiterentwickelnden Pädagogik.

 

(c) David Matthiessen

 

Lebendiger Begegnungsort

Das Raumprogramm ist vielfältig. Unterrichtsräume für den allgemeinen Unterricht, Fachklassen, Gemeinschafts- und Wirtschaftsflächen, Räume für das Lehrpersonal und die Verwaltung sowie die Funktionen für den Ganztagesbetrieb sind strukturiert und zugleich abwechslungsreich zueinander angeordnet. Zwei Sporthallen, eine Einfeld- und eine Zweifeldhalle, sowie ein Multifunktionsraum stehen für den schulischen Sportunterricht oder Vereinssport zur Verfügung – und rücken damit das Thema Bewegung ins Zentrum des Schulalltags. Ergänzt und abgerundet wird das Programm durch eine Mediathek und die Räumlichkeiten der Community-School mit Elterncafé und Jugendraum. Das Haus steht somit über die Schulzeiten hinaus für ein gesellschaftliches Miteinander im Stadtteil offen. Ergänzende Angebote laden die Nachbarschaft ein und bereichern das Umfeld. Das Schulhaus wird selbstverständlicher Teil der Quartiers-Community, als lebendiger Begegnungsort und bürgeroffene Anlaufstelle.

Das breite Angebot an unterschiedlichen Funktionen für schulische, bürgernahe sowie Vereinsnutzungen bewirkt eine vitale Grundstimmung in der neuen Stadtteilschule. Ein facettenreicher, kulturell bereichernder Dialog kann sich zwischen den einzelnen Besuchergruppen entfalten. Das Bild des traditionellen Schulhauses hat sich überholt und hat mit dieser spannungsvollen Nutzungschoreographie längst ausgedient. Vielmehr leistet dieses besondere Schulprojekt einen wirkungsvollen Beitrag für ein zukunftsorientiertes, generationsübergreifendes Miteinander.

 

(c) David Matthiessen

 

Raumgefüge für ein kommunikatives Miteinander

Das Haus wird über das Foyer im Erdgeschoss erschlossen, der Innenraum verzweigt sich hier mit einem lichtdurchfluteten Atrium in die oberen Etagen. Dieser „Marktplatz“ im Haus verbindet, vermittelt und leitet in die angrenzenden Funktionsbereiche über. Anziehungspunkt ist eine mit bequemen Sitzmöbeln gestaltete Schüler*innen-Mediathek, die einen Ort zum Verweilen, Entspannen und Schmökern bietet. Alle gemeinschaftlich genutzten Funktionen sind hier zentral angeordnet, wie der Multifunktionsraum, die „Community-School“ mit Elterncafé, Jugendforum und Außenterrasse, die Ganztagesbetreuung mit Mensa sowie die Sporthallen, die unmittelbar vom Foyer aus zu erreichen sind. Blickbeziehungen verknüpfen die Bereiche miteinander, vielfältige Einblicke sind erwünscht. Ein großzügiges Glasdach lässt Tageslicht einfallen und sorgt mit den abgehängten, farbigen Akustikelementen für besondere Lichtstimmungen.

Sämtliche Fachklassen sind im Erdgeschoss untergebracht, mit unmittelbarem Bezug zum Freiraum, während sich die Klassenräume in den beiden oberen Etagen befinden. Ein Atrium im sternförmig angelegten, rückwärtigen Gebäudeteil schafft mit einem verbindenden Luftraum einen weiteren Treffpunkt und Begegnungsort im Haus. Die Idee sich verzweigender Wege und identitätsstiftender Nachbarschaften wird hier fortgeführt. Großzügige Freitreppen verweben das Haus vertikal zu einem Raumgefüge mit ausreichend Spielraum für ein kommunikatives Miteinander. Die Übergänge zwischen Verkehrs- und Nutzfläche erscheinen fließend. Großzügige Verglasungen öffnen den Innenraum zu den Pausenflächen, gut dimensionierte Aufweitungen in den Flurzonen sorgen für ein angenehmes Raumgefühl. Durch Farbflächen akzentuierte Sitznischen werden als Kommunikationsorte inszeniert. Diese Elemente erzeugen in ihrem Zusammenspiel eine schier unerschöpfliche Vielfalt besonderer Orte.

 

(c) David Matthiessen

 

Differenziertes Wechselspiel

Eine lebendige Wandgestaltung in Gelb-, Orange- und Rottönen schafft als Hintergrund eine fröhlich-expressive Atmosphäre. Die Malerei greift die organischen Formen des Grundrisses auf und markiert die einzelnen Gebäudeflügel in einer jeweils eigenen Farbnuance – die Orientierung im Haus wird so erleichtert. Die vielfältige Koexistenz harmonischer und sich doch unterscheidender Farbflächen versinnbildlicht das anregende Miteinander der unterschiedlichen Kulturen in der Schulgemeinschaft.

Die Gestaltung der Klassenräume folgt dem Gedanken eines vertrauten Lernorts mit direktem Bezug zur Landschaft. Bodenbeläge aus strapazierfähigem Kautschuk, akustisch wirksame Deckenelemente aus naturbelassenen Baustoffen und eine Holz-Aluminium-Fassade als haptischer Raumanschluss sorgen in ihrem Zusammenspiel für Wohlempfinden.

Die Fassade zeigt ein differenziertes Wechselspiel an transparenten und farbigen opaken Elementen, kompositorisch arrangiert. Die Farbigkeit der unterschiedlichen Grüntöne blendet das Gebäude in seine Umgebung ein und schafft eine Verbindung zur Landschaft des Außenraums. Die Schule wurde in Stahlbeton-Skelettbauweise mit lasierten Sichtbetondecken zur Aktivierung der thermischen Masse umgesetzt. Ziel des Energie- und Klimakonzeptes ist es, durch eine Kombination passiver und aktiver Maßnahmen den Aufwand in Bau und Betrieb zu minimieren. Die Klassenräume werden ausschließlich natürlich belüftet. Einzelne, mit großflächigen Lüftungslamellen ausgestattete Fassadenelemente erlauben auch eine nächtliche Lüftung. Die Freiraumplanung für die umgebenden Außenbereiche nimmt den konzeptionellen Gedanken einer behutsamen baulichen Setzung auf, ergänzt und interpretiert diesen, um so individualisierte Pausen- und Freibereiche anzubieten. Die landschaftlichen Elemente vermitteln, harmonisieren und egalisieren hinsichtlich der umgebenden, privat genutzten Gärten der Anrainer.

 

(c) David Matthiessen

 

Pressemitteilung:  Behnisch Architekten