30. April 2024

Sanierung von Schloss Marienburg in Niedersachsen startet im kommenden Jahr

(c) Stiftung Schloss Marienburg

Hannover (pm) – Der Ost-, Süd- und Westflügel von Schloss Marienburg können auf unbestimmte Zeit nicht mehr genutzt werden. Nach der kürzlichen Bestätigung weiterer schwerer Schäden am Tragwerk der Marienburg durch holzzerstörende Pilze, insbesondere durch den Echten Hausschwamm, hatte sich die Betreibergesellschaft Schloss Marienburg GmbH & Co. KG als Pächterin freiwillig zur Aufgabe der Nutzung der historischen Wohn- und Repräsentationsräume für den Museumsbetrieb verpflichtet.

„Sobald der Pächter nicht mehr freiwillig auf die Nutzung verzichtet oder es doch zu einer Nutzung kommt, wird die für die Marienburg zuständige Bauaufsicht der Region Hannover die betroffenen Gebäudeteile unverzüglich sperren“, kündigte Regionspräsident Steffen Krach am Freitag in Hannover an. „Die tragenden Strukturen sind durch den Hausschwamm so stark beschädigt, dass die Standsicherheit der meisten Gebäudeteile nicht mehr gewährleistet ist“, so Krach. „Wir wissen, was die Marienburg für die Region bedeutet, aber wir haben dann keine andere Option: Es geht um den Schutz von Besucher*innen und Mitarbeitenden der Burg.“

„Wir wollen den den Blick jetzt nach vorn richten – auf den Beginn der Sanierungsarbeiten im kommenden Jahr“, so Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs. „Es geht um den dauerhaften Erhalt und die öffentliche Zugänglichkeit dieses einzigartigen Kulturdenkmals.“ Bund und Land stellen 27,2 Millionen Euro für die denkmalgerechte Sanierung der Marienburg zur Verfügung. Damit soll zuerst das Tragwerk saniert werden, um die Standsicherheit der Marienburg wieder herzustellen. Auch die Hangsicherung am Marienberg, auf dem das Schloss steht, hat oberste Priorität. Danach wird die Gebäudehülle saniert und die technische Ausstattung erneuert. Ein positiver Nebeneffekt der vorübergehenden Unterbrechung des Museumsbetrieb könnte ein deutlich schnellerer Fortgang der Arbeiten sein, sodass die zur Verfügung stehenden Mittel effizienter verwendet werden könnten.

Hintergrund: Projekt Marienburg 2030

Schloss Marienburg ist ein anerkanntes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Für Niedersachsen und insbesondere für das frühere Land Hannover hat die königliche Sommerresidenz eine Identität stiftende Funktion. Errichtet wurde die Marienburg nach Plänen von Conrad Wilhelm Hase. Der Innenausbau erfolgte durch den jüdischen Architekten Edwin Oppler, zu dessen weiteren Hauptwerken die 1938 vernichtete Synagoge in Hannover zählte. Da das Schloss nur sporadisch bewohnt wurde, hat es sich weitgehend unverändert als Gesamtkunstwerk erhalten.

Äußerlich nicht sichtbare Bauschäden, statische Probleme und der Sicherungsbedarf des Baugrunds an den Stützmauern hatten dazu geführt, dass die Standfestigkeit des Gebäudes und seine öffentliche Zugänglichkeit in den 2010er Jahren mittelfristig als gefährdet galten. Im Zuge einer Befunduntersuchung wurden im Jahr 2013 Stellen in der Marienburg geöffnet; dabei wurde ein Befall durch den Echten Hausschwamm festgestellt. Es handelt sich um einen holzzerstörenden Pilz. Der Hausschwamm befällt bevorzugt verbautes Holz und benötigt ein feuchtes Milieu zum Wachstum. Durch ein umfassendes Gutachten eines Ingenieurbüros konnten die zum Substanzerhalt notwendigen Aufwendungen mit rund 27 Millionen Euro beziffert werden.

Eine Investition in dieser Höhe war für den privaten Eigentümer nicht zu leisten. Deshalb hat Ernst August Erbprinz von Hannover gemeinsam mit dem Land Niedersachsen eine Gesamtlösung für den Erhalt und die öffentliche Zugänglichkeit des Schlosses gefunden. Am 20. Januar 2020 hat er das Schloss mit Inventar in die eigens zu diesem Zweck errichtete Stiftung Schloss Marienburg eingebracht. Die wichtigsten 143 Gemälde hat das Landesmuseum Hannover mit Unterstützung unter anderem der Kulturstiftung der Länder erworben. Für die Sanierung der Marienburg stellen Bund und Land 27,2 Millionen Euro zur Verfügung. Bereitgestellt wurde die Summe mit der Verabschiedung des Landeshaushalts 2020. Die Stiftung als Zuwendungsnehmerin plant die Baumaßnahmen und führt sie durch.

Rund 1800 Positionen umfassen die Inventarlisten; darunter einige, die ihrerseits drei- oder vierstellige Mengen von Gegenständen enthalten. Dazu gehören Möbel, Gemälde, Grafiken, alle Arten von Kunsthandwerk, Textilien, Bücher und Archivgut. Vieles davon stammt nicht ursprünglich von der Marienburg, sondern aus zahlreichen weiteren Welfenschlössern in den früheren Ländern Hannover und Braunschweig. Um diesen Schatz für die Öffentlichkeit zu erschließen und die Zukunft zu bewahren, werden die Gegenstände seit 2021 im Rahmen des Projekts Marienburg 2030 erfasst, untersucht und auf geeignete Restaurierungsmethoden geprüft.

Der im Mai 2021 unterzeichnete Kooperationsvertrag zum Projekt Marienburg 2030 sieht unter anderem vor, dass Studierende der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) daran mitwirken, dass das Inventar und die vom Land für knapp zwei Millionen Euro angekauften 143 Gemälde untersucht und bei Bedarf in einer Schauwerkstatt restauriert werden.

Bereits 2021 kam es zu ersten bauaufsichtlichen Schließungen aufgrund des Hausschwammbefalls. Diese konnten sich immer nur auf sichtbare Schäden beziehen. Die aktuellen Bauteilöffnungen in diesem Sommer, die im Vorfeld der Sanierung stattfanden, haben jetzt erschreckend eindeutig belegt, dass der Hausschwamm nicht nur das Tragwerk an den bereits 2013 geöffneten Stellen zerstört, sondern im gesamten unbeheizten Südteil des Schlosses. „Eine Vielzahl von Pilzarten, Insekten und Konstruktionsmängeln haben im Zusammenspiel zu dem heutigen Erscheinungsbild geführt“, erklärt Restauratorin Christine Fiedler von der HAWK, die am Projekt Marienburg 2030 arbeitet.

Die Nutzung von Ost-, Süd- und Westflügel des Schlosses ist seit September nicht mehr möglich. Betroffen sind auch die historischen Wohn- und Repräsentationsräume des Schlosses, die bisher teilweise öffentlich im Rahmen der Museumsnutzung zugänglich waren. Die aktuellen Befunde bestätigen, dass der Beginn der Sanierungsarbeiten dringlicher geworden ist, um weiteren Schaden vom Schloss und seinem Inventar abzuwenden.

Die beiden Torbereiche, der Schlosshof, der Nordflügel und der Wirtschaftshof mit der Remise dürfen weiter genutzt werden. Ähnliche Befunde wie in den gesperrten Bereichen sind dort allerdings nicht zu erwarten, denn dort sind vor etwa 15 Jahren Reparaturen am Dachtragwerk vorgenommen worden. In diesen Bereichen befindet sich zudem ein modernes Heizungssystem. Eine Ausbreitung des Schwammbefalls in diesen Bereich ist daher sehr unwahrscheinlich. Es gibt bisher keinen Hinweis, dass auch im Nordteil des Schlosses Schwammbefall vorliegt. Um diese begründete Annahme zu bestätigen, sollen dort dennoch stichprobenartig Bauteilöffnungen erfolgen.

In diesem Jahr hat die Stiftung ein sehr erfahrenes Projektsteuerungs- und Generalplanungsunternehmen mit der denkmalgerechten Sanierung beauftragt. Für notwendigen Vorprojekte der Sanierung wurden bisher insgesamt rund 205.000 Euro ausgezahlt. Die aktuelle Projektplanung sieht einen Abschluss der Arbeiten im Jahr 2030 vor.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur