23. April 2024

Ruhr-Universität Bochum: Brückenträger im Ofen

Bochum (pm) – Brennt es unter einer Brücke, so wie im September 2020 auf der A40 in Mülheim, besteht für das Bauwerk große Gefahr: Die Hitze kann schnell mehrere Hundert Grad Celsius betragen. Stahlträger halten das nicht lange aus; die Bauteile versagen: Nach dem Brand des mit Treibstoff beladenen Lkws in Mülheim mussten drei Eisenbahnbrücken abgerissen werden. Doch wie lange halten Brücken so eine Belastung wirklich aus? Wie müssen sie ausgelegt sein, damit niemand zu Schaden kommt? Das wollen Forschende des Lehrstuhls für Stahl-, Leicht- und Verbundbau der Ruhr-Universität Bochum in einem Projekt herausfinden, für das sie Brückenträger in einem riesigen Ofen unter Beobachtung erhitzen. Die Ergebnisse sollen in eine Norm einfließen. Über das Projekt berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität.

Beton trägt mit

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welchen Einfluss der Beton auf die Hitzebeständigkeit des Baus eigentlich hat. „Bisher wurden im Wesentlichen nur die Stahlträger untersucht“, erklärt Doktorand Mehmed Numanovic. Sie sind mit der Betondecke der Brücke mittels Kopfbolzen in kurzen Abständen verbunden. „Diese feste Verbindung sorgt dafür, dass die Betonplatte nicht nur mit ihrem Gewicht von den Stahlträgern getragen werden muss, sondern selbst mitträgt“, erklärt Rebekka Winkler vom Projektteam.

Um herauszufinden, wie groß der Einfluss der Betonplatte ist, hat das Projektteam in einer Werkhalle einen riesigen Versuchsstand eingerichtet. In seinem Zentrum steht ein elektrischer Modulofen, der flexibel angepasst werden kann und bis zu 1.200 Grad Celsius Hitze erzeugt. Durch ihn hindurch werden die Versuchsobjekte gelegt: Verschieden beschaffene Stahl-Beton-Trägerkonstruktionen von 7,2 Metern Länge und einem Meter Höhe. „Sie entsprechen den Trägern, die auch in Wirklichkeit bei Brücken und Hochhäusern verbaut werden“, sagt Mehmed Numanovic.

Tool für Ingenieurinnen und Ingenieure

Die Ergebnisse der Experimente sollen in ein numerisches Modell einfließen, mit dem sich die Tragfähigkeit solcher Trägerkonstruktionen berechnen lässt. Mit einem darauf basierenden Tool sollen Ingenieurinnen und Ingenieure dann ihr Bauwerk normkonform konfigurieren können. „Es ist denkbar, dass die bisher eingesetzten Stahlträger eigentlich überdimensioniert sind, weil man sie immer ohne den Einfluss der Betonplatte betrachtet hat“, so Mehmed Numanovic. Ob das stimmt und man die Stahlkonstruktionen von Brücken und Hochhäusern schlanker planen kann, ohne Sicherheitsrisiken einzugehen, werden die Versuche zeigen.

Pressemitteilung: Ruhr-Universität Bochum

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