3. Mai 2024

Prof. Sielke Schwager: Studierende für „angemessene Architektur“ begeistern

Münster (pm) – Für knapp 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes ist der Bausektor verantwortlich und trägt daher in großem Umfang zum Klimawandel bei. „Das heißt im Umkehrschluss, dass wir dies beeinflussen können, wenn wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Prof. Sielke Schwager. Die Architektin, die an der FH Münster studiert hat, ist nun als Professorin an die Hochschule zurückgekehrt. Ihren Studierenden möchte sie einen angemessenen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen vermitteln und sie zum kritischen Hinterfragen ermutigen. Seit diesem Wintersemester vertritt Schwager am Fachbereich Architektur, der Münster School of Architecture (MSA), das Fachgebiet Baukonstruktion.

„Der vorhandene Baubestand wird das zukünftige Spielfeld der Architektur sein – und das mit großartigen Ergebnissen, da bin ich mir sicher“, so die 44-Jährige. Und auf diesem Feld werden sich in ihren Kursen auch die angehenden Architekt:innen in ihren Projektarbeiten ausprobieren. „Wir werden uns ein real bestehendes Bauwerk vornehmen, das die Studierenden weiterentwickeln sollen.“ Sie ermuntert die Nachwuchsarchitektinnen dazu, stets die Nachhaltigkeit im Blick zu haben und grundsätzlich die Angemessenheit ihrer geplanten Projekte zu hinterfragen, etwa in Bezug auf Flächenbedarfe und Komfortansprüche. „Die Faszination des Einfachen ist das positive Gegenbild zum Feindbild des ‚Verzichts‘, welches momentan ja vielfach bemüht wird“, erklärt Schwager.

Einen weiteren Schwerpunkt legt die Professorin darauf, durch ihre Lehrveranstaltungen einen „niedrigschwelligen Zugang“ zur Baukonstruktion anzubieten. „Diesen Bereich der Architektur halten viele Studierende für zu schwierig, weil er vermeintlich zu technisch ist – so ähnlich wie bei den MINT-Fächern.“ Auch sie selbst habe während des Studiums über dieses Fachgebiet gedacht: „Das kann ich nicht.“ Mittlerweile ist sie überzeugt: „Man muss nicht von vornherein alles über das Fügen der Bauelemente und Baustoffe wissen, sondern sich darauf einlassen, sich in die Situation hineinbegeben, Zusammenhänge hinterfragen und es sich schrittweise erschließen – dann ist es gar nicht kompliziert.“

Chancengleichheit ist ebenfalls ein Thema, das Schwager beschäftigt. „Über die Hälfte der Architekturstudierenden sind weiblich, aber nur 35 Prozent der eingetragenen Architektinnen und Architekten, da die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in diesem Arbeitsfeld nach wie vor nicht einfach ist.“ Unter anderem an ihrem eigenen Beispiel möchte sie den Studierenden vermitteln, wie sich ein eigenes Architekturbüro mit der Familiengründung verbinden lässt: Sie selbst hat sich 2011 selbstständig gemacht und ist 2012 Mutter von Zwillingen geworden. Neben ihrer Professur wird sie auch weiterhin in dem von ihr gemeinsam mit zwei Kolleginnen geführten Büro MS PLUS ARCHITEKTEN BDA tätig sein. Für ihre Projekte haben die drei schon zahlreiche Architekturpreise gewonnen.

„Ich freue mich auf die Studierenden in ihrer Diversität und bin sehr neugierig auf ihre Blickwinkel und darauf, zu erfahren, was sie beschäftigt“, erklärt die Neuberufene. „Mir ist wichtig, einen Raum schaffen, in dem die Studierenden sich ausprobieren können und auch ein vermeintliches Scheitern erlaubt ist.“

Quelle: FH Münster