25. April 2024

Paul-Winter-Schule in Neuburg an der Donau – von Arge Behnisch Architekten / ALN

Neuburg an der Donau (pm) – In exponierter Lage vor den Toren der Stadt Neuburg haben rund 600 SchülerInnen in der vierzügigen Paul-Winter-Schule ein neues Zuhause gefunden. Das freie, landschaftlich geprägte Umfeld, der unverstellte Blick auf die Felder am Sehensander Weg im Süden und die Nähe zur historischen Sternschanze im Norden bieten einen reizvollen Rahmen für den neuen Lernort. Zusätzlich zum schulischen Raumprogramm der Realschule mit sechs Lernateliers nimmt der Neubau auch eine Zweifachsporthalle mit dazugehörigen Außensportflächen, eine Mensa und Räume für die Ganztagesbetreuung auf.

 

Paul-Winter-Realschule / Behnisch Architekten. Foto: David Matthiessen
Paul-Winter-Realschule / Arge Behnisch Architekten / ALN. Foto: David Matthiessen

 

Der Entwurf reagiert auf diese naturräumlichen Besonderheiten mit differenzierten Innen- und Außenbereichen, die sich zu einer modellierten Schul- und Lernlandschaft verzahnen. Das von Südosten nach Nordwesten um etwa 24 Meter ansteigende Gelände gliedert das Grundstück in drei höhenversetzte Hauptbereiche – Parken, Schulgebäude und Sportanlagen. Entlang des Kreuter Weges im Süden des Grundstücks reihen sich bis zu den Sportflächen im Westen die unterschiedlichen Gebäude- und Funktionsbereiche. Parkplätze, Fahrradstellplätze, Schulhäuser, Pausenhof sowie Aktions- und Grünflächen fügen sich harmonisch in den Hang und sind barrierefrei auf den unterschiedlichen Niveaus zugänglich. Die horizontale Ausrichtung mit fein auskragenden Holzdächern und die geringe Höhenentwicklung der Anlage ermöglichen von der Sternschanze aus freie Sicht über die Felder und die begrünte Dachlandschaft.

Den Hauptzugang zur Schule, auf halber Höhe des Kreuter Weges etwa in der Mitte der Anlage gelegen, erreicht man von Osten über den Sehensander Weg. Ein weiterer Eingang befindet sich an der westlichen Seite im 1. Obergeschoss.

 

Paul-Winter-Realschule / Behnisch Architekten. Foto: David Matthiessen
Paul-Winter-Realschule / Arge Behnisch Architekten / ALN. Foto: David Matthiessen

 

Die Schulstraße

Zentraler Begegnungsraum des Hauses ist die Schulstraße, die alle Schulhäuser und Nutzungseinheiten, mal im Inneren, mal über den Außenbereich miteinander verbindet. Auf unterschiedlichen Ebenen ist ein fließender Bewegungs- und Kommunikationsraum entstanden, der NutzerInnen und BesucherInnen eine gute Orientierung vermittelt und den kontinuierlichen Bezug zur grünen Umgebung herstellt. Mensa, Lehrküche, Musikräume, Fachklassen verteilen sich im Eingangsgeschoss; Kunst- und Werkräume, Verwaltung, Bibliothek, Ganztagesbereich und die Schulhäuser der einzelnen Klassenstufen gruppieren sich in den beiden Obergeschossen entlang dieser Straße und sind von hier zugänglich. Die freie Anordnung der Häuser im Wechsel mit verschieden genutzten Höfen, die von der Schulstraße aus betreten werden können, stärkt den Gedanken einer Schullandschaft mit ineinanderfließenden Außen- und Innenbereichen und bietet eine unverwechselbare Schulumgebung. Im gesamten Schulbereich ist die Barrierefreiheit auch im Hinblick auf die Anforderungen der Inklusion gewährleistet.

Die zweigeschossige Aula im Eingangsbereich bildet das Zentrum der Schule und bietet Raum für die Schul- oder Elternversammlungen, Vorträge und Aufführungen der Kinder. Sie ist als offene, großzügige Treppen- und Tribünenanlage mit Sitzmöglichkeiten für die SchülerInnen gestaltet und verbindet die Eingangsebene mit der Pausenhofebene. Es entstehen zwanglose Aufenthaltsorte, die ein kommunikatives Miteinander und den Gemeinschaftsgedanken der Schule fördern.

 

Paul-Winter-Realschule / Behnisch Architekten. Foto: David Matthiessen
Paul-Winter-Realschule / Arge Behnisch Architekten / ALN. Foto: David Matthiessen

 

Geschützte Pausenbereiche und vielfältige Treffpunkte

Der Pausenhof der Realschule liegt unterhalb der Sternschanze beschützt in der Mitte der Anlage. Großzügige, zum Grün nach Norden oder zur Sonne nach Süden hin geöffnete Bereiche unterschiedlicher Qualität schaffen Platz für Kommunikation, Bewegung oder Ruhe. Laubbäume und Terrassen auf unterschiedlichen Ebenen gliedern die Fläche, sorgen für Schutz und Schatten und bieten ein natürliches Umfeld in den befestigten Höfen. Böschungen werden mit Sitzstufen ausgeformt und dienen als Tribünen für schulische Aufführungen und Veranstaltungen. Die SchülerInnen treffen sich dort und können sich in den Pausen entspannen.

Die Zweifachsporthalle mit den dazugehörenden Außensportflächen wird am Endpunkt der Schulstraße im westlichen Bereich des Grundstücks angeordnet. Sie liegt teilweise in den Hang eingegraben als ein weiteres Haus im Gelände. Der Konditionsraum, eine dritte kleine Sportfläche im Bereich des Sporthalleneingangs, wird als Bewegungs- und Gymnastikraum für den Mädchenschulsport genutzt. Oberhalb befinden sich die Außensportflächen, die als ebenes Plateau in den Hang eingefügt sind.

Paul-Winter-Realschule / Behnisch Architekten. Foto: David Matthiessen
Paul-Winter-Realschule / Arge Behnisch Architekten / ALN. Foto: David Matthiessen

Die Schulhäuser

Von der Schulstraße aus betreten die SchülerInnen die Schulhäuser der einzelnen Klassenstufen, je drei auf die beiden Obergeschosse verteilt. Die Klassen- und Gruppenräume organisieren sich jeweils um einen Marktplatz, der als Aktionsfläche für kleinere gemeinsame Aktivitäten und Veranstaltungen einer Jahrgangsstufe nutzbar ist. Der Mehrzweckraum kann durch eine mobile Trennwand komplett dieser Fläche zugeordnet werden.

Der zentrale Marktplatz stärkt so den Gedanken der Klassengemeinschaft und bietet mit der flexiblen und digitalen Ausstattung zahlreiche Möglichkeiten für die tägliche pädagogische Arbeit. Nach Norden ausgerichtete Pultdächer, die zudem die Fotovoltaikflächen aufnehmen, versorgen die Bereiche mit natürlichem Tageslicht und verleihen ihnen eine besondere Aufenthaltsqualität. Lernkojen in den Klassenzimmern ermöglichen den Unterricht in Kleingruppen und stärken die individuelle Förderung in einem privateren Lernumfeld. Drehbare Tafeln, auf beiden Seiten beschreibbar, trennen diese Bereiche optisch vom Klassenraum ab und fördern so den Informationsaustausch zwischen LehrerInnen und SchülerInnen.

Paul-Winter-Realschule / Behnisch Architekten. Foto: David Matthiessen
Paul-Winter-Realschule /Arge Behnisch Architekten / ALN. Foto: David Matthiessen

 

Nachhaltigkeit

Für eine optimale und kontrollierte Frischluftversorgung wurde ein neues Lüftungssystem entwickelt. Über dezentral in der Fassadenbrüstung gelegene Lüftungsgeräte, die zugleich der Beheizung und Kühlung dienen, wird die vorkonditionierte Frischluft durch die gelochte Brüstungsverkleidung kontrolliert in die Räumlichkeiten eingebracht. Technikflächen und aufwendige Leitungsführungen konnten so auf ein Minimum reduziert werden. Sichtbare Stahlbetonwände fungieren als thermische Speichermasse, hochreflektierende Vorhänge und niedrigere Gesamtenergiedurchlassgrade der Verglasungen verhindern eine Überhitzung der Räume im Sommer. Die Maßnahmen sorgen für einen hohen thermischen, akustischen und visuellen Komfort und ermöglichen einen energiesparenden Betrieb des Gebäudes – im architektonisch Formalen, Räumlichen aber auch im technisch Konstruktiven und Ökologischen zukunftweisend.

Klare Farben und natürliche Materialien

Das Materialkonzept folgt dem architektonischen Leitbild von Schulhaus und Straße. Die zweigeschossigen Schulhäuser nehmen mit ihren Holzvordächern, ihren Balkonen aus verzinktem Stahl und naturbelassenen Holzfassaden, im Innenraum als akustisch wirksame Wandbekleidung fortgesetzt, die Maßstäblichkeit der Umgebung auf. Innen vermitteln robuste und strapazierfähige Sichtbetonflächen und Feinsteinböden in der Schulstraße einen angenehmen Kontrast zu den weichen Teppich- und Kautschukböden in den Schulhäusern. Jedes Haus erhält durch die farbige Akzentuierung des Eingangsbereiches seine jeweils eigene Adresse. Warme, naturnahe Farben und Materialien unterstreichen hier den privaten Charakter; funktional detaillierte, flexibel nutzbare Einbaumöbel lassen sich zu Rückzugsorten und Bereichen für Gruppenarbeit umfunktionieren.

Holz und Glas bestimmen den Charakter der Fassade außen wie innen. Entlang der Schulstraße ist sie lediglich als gläserner Vorhang zu verstehen; offene Flächen im Wechsel mit geschlossenen Akustikpaneelen verleihen ihr eine spielerische Erscheinung. Weiße Profile, die das Grün des Außenbereiches reflektieren und industriell gestaltete Maschengeländer aus Stahl unterstützten den transparenten Eindruck.

Bauherr: Landkreis Neuburg-Schrobenhausen
Architekt: Arbeitsgemeinschaft Behnisch Architekten | ALN Architekturbüro Leinhäupl + Neuber
Wettbewerb 2015, 1. Preis
Planung und Fertigstellung: 2015-2021

 

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