Uelsen-Lemke (pm) – Im Zentrum der Kreisstadt Cloppenburg entsteht auf Basis eines Entwurfs von kbg architekten rund um die historische Kirche St. Andreas ein neues Ensemble, welches die bauliche Mitte und darüber das Gemeindeleben stärken soll. Mit ihrem Entwurf belegten kbg architekten im Jahr 2020 den ersten Platz im Architekturwettbewerb. Als Fassadenmaterial des Pfarrheimes, welcher den ersten und damit einen sehr prägenden Baukörper darstellt, haben sich die Architekten für einen Verblender der Klinkermanufaktur Deppe Backstein aus der Grafschaft Bentheim entschieden.
Historie zitieren, Stadtbild reanimieren
Historische Karten von Cloppenburg zeigen eine ringförmige Anordnung von Gebäuden rund um die Kirche St. Andreas und an der Hauptstraße zur Innenstadt. Satteldachhäuser, vorwiegend giebelständig zur Straße orientiert, prägen seit Jahrhunderten die Bebauungsstruktur der Stadt und sind straßenbegleitend angeordnet. So auch am Kreuzungspunkt der Straßen am Kirchhofareal. Im direkten Umfeld des Kirchhofareals befindet sich heute jedoch eine eher heterogene Bebauung aus klein- und großmaßstäblichen Gebäuden mit unterschiedlichen Dachformen.
Das historische Kirchengebäude und die angrenzenden Liegenschaften befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Innenstadt, zum Markt und zur Fußgängerzone der Stadt Cloppenburg. Ziel der Neuordnung ist es, das historische Bild des zentralen Areals zu zitieren und auf diese Weise das Stadtbild zu reanimieren. Zugleich soll das Gemeindeleben in der Stadt wieder erlebbar werden und zur Teilnahme einladen. Das jüngst fertiggestellte Pfarrheim stellt hierbei den ersten Baustein dar, ein Verwaltungs- und Beratungsgebäude und ein Medienzentrum sollen folgen.
Den Charakter des Kirchhofareals soll künftig eine zeitgemäße Ensemblewirkung prägen. Und so werden die einzelnen Gebäude in ihren Grundstrukturen zwar individuell gestaltet, in Bezug auf ihre äußere Erscheinung allerdings die gleiche Sprache sprechen. Auf diese Weise gewährleisten kbg architekten außerdem, dass historische Kirche und Neubauten nicht in Konkurrenz treten, sondern respektvoll miteinander agieren.
Und so gruppieren sich alle Gebäude, auch das neue Pfarrheim, giebelständig um die Kirche als zentralen Punkt. Dabei wurde das Pfarrheim mit seiner lebendigen Nutzungsvielfalt und seiner Strahlkraft als erster Baustein des Ensembles bewusst auf dem Grundstück des ehemaligen Messdienerhauses in Richtung Innenstadt positioniert.
Die Kubatur des Pfarrheims gliedert sich durch Vor- und Rücksprünge sowie zwei versetzt aufeinandertreffende Pultdächer. Auf diese Weise wird das Bauvolumen durchlässig, fügt sich in seiner Maßstäblichkeit harmonisch in die Umgebung ein, wirkt aber zugleich identitätsstiftend und zeigt der Innenstadt ein signifikantes Gesicht.
Regionaltypisch, aber nicht erwartbar
Der ausdrucksstarken Form wurde dabei eine reduzierte Materialität entgegengesetzt. In Verbindung mit der Backsteinfassade entwickelt das Pfarrheim eine ganz eigene Identität, ohne die historische Kirche zu missachten. Große Fensterflächen stehen in Kontrast zu geschlossenen Verblenderflächen, um die Kubatur zu betonen. Der rot bis braun changierende Wasserstrichklinker im Dünnformat stellt Bezüge zur regionaltypischen Bauweise her, vermittelt Beständigkeit und Nachhaltigkeit. Das Gemeindelogo wurde als Relief im Mauerwerk abgebildet und bildet die Grundlage für das eloxierte Lochblechfenster, das als Fenster zur Innenstadt Nutzungsvielfalt und Gemeindeleben nach außen sichtbar werden lässt. Aluminiumfenster in einem warmen Erdfarbton nehmen den bräunlich-rostroten Ton der Klinkerfassade wieder auf und harmonisieren das Volumen.
Einladend und atmosphärisch
Im Erdgeschoss erstreckt sich der großzügige Pfarrsaal über die komplette Hälfte des Gebäudes, während die andere Hälfte das Foyer inklusive Küche und dienende Räume wie Toiletten, Lager, Abstellraum und Garderobe aufnimmt. Im lichtdurchfluteten Pfarrsaal mit mobiler Trennwand wurde keine weitere Decke eingezogen, so dass hier die Holzkonstruktion des Daches bis in das Obergeschoss sichtbar bleibt und im Zusammenspiel mit den übrigen Materialien eine äußerst warme Atmosphäre entsteht. Vom Obergeschoss, in dem die Gruppenräume angeordnet sind, können Gemeindemitglieder von einer Galerieebene aus in den Pfarrsaal blicken.
Quelle: Deppe Backstein-Keramik GmbH