15. Juli 2025

Neue Forschungsarbeit zeigt die Wirkung von Mobilitätskonzepten in Wohnarealen

Luzern (pm) – Mobilitätskonzepte können den Autoverkehr reduzieren und den Umstieg auf nachhaltige Verkehrsmittel fördern – wenn sie gut geplant, umgesetzt und kontrolliert werden. Das gilt vor allem für Städte, wie eine neue Studie zeigt.

Insbesondere in urbanen Gebieten wird die Mobilitätsnachfrage durch das Bevölkerungswachstum stark ansteigen – mit entsprechenden Belastungen für Straßen und öffentlichen Verkehr. Umso wichtiger ist es, die Siedlungsentwicklung mit dem daraus resultierenden Verkehr und kommunalen Vorgaben wie Parkplatzreglementen abzustimmen.

Mobilitätskonzepte haben sich bei der Entwicklung von Wohnarealen zu einem wichtigen Planungsinstrument entwickelt: Sie können Maßnahmen wie Autoverzichtserklärungen, reduzierte Parkplatzangebote, Carsharing, Veloverleihsysteme oder Mobilitätsgutscheine kombinieren, um in Siedlungen eine umweltfreundlichere Mobilität zu fördern und die Verkehrsinfrastruktur zu entlasten.

Die Hochschule Luzern (HSLU), EBP Schweiz AG (Projektleitung), Trafiko AG und bernhard uvb haben in der Schweiz systematisch untersucht, wie wirksam solche Konzepte tatsächlich sind. Die vom Bundesamt für Straßen (ASTRA) finanzierte Studie liefert dazu erstmals fundierte empirische Erkenntnisse.

Wirkung im städtischen Gebiet groß

Die Studie untersuchte 19 Siedlungen in Städten und Agglomerationen – mit und ohne Mobilitätskonzept. Bei städtischen Arealen zeigt sich ein klarer Effekt: Wo Mobilitätskonzepte mit wirksamen Maßnahmen umgesetzt wurden, ist der Anteil des motorisierten Individualverkehrs an der Gesamtmobilität signifikant tiefer, der Autobesitz geringer und die Nutzung von Sharing-Angeboten höher.

Beispiele dafür sind die Überbauung „Matteo Mattenhof“ in Kriens (LU) oder die Siedlung Burgunder in Bern-Bümpliz. Sogenannte „Push“-Maßnahmen – etwa ein reduzierter Stellplatzschlüssel – wirken deutlich stärker als freiwillige „Pull“-Angebote wie Sharing-Modelle oder Mobilitätsgutscheine.

In weniger dichten Räumen sind hingegen keine signifikanten Unterschiede im Mobilitätsverhalten erkennbar – unabhängig davon, ob ein Mobilitätskonzept vorliegt. HSLU-Forscher und Co-Studienautor Michael Stiebe ordnet ein: „Weniger dichte ÖV-Anbindungen, größere Distanzen und eine generell höhere Autoabhängigkeit führen dazu, dass Mobilitätskonzepte außerhalb urbaner Räume nicht für den Autoverzicht, sondern zur Erhöhung der Lebensqualität umgesetzt werden.“

Konsequente Umsetzung und Kommunikation entscheidend

Die Studie zeigt: Entscheidend ist nicht das bloße Vorhandensein eines Konzepts, sondern die konsequente Umsetzung. „Viele Konzepte bleiben bislang aber vage und ohne klare Wirkungskontrolle“, sagt Stiebe.

Die Forschenden empfehlen deshalb unter anderem ein standardisiertes Monitoringverfahren sowie die frühzeitige Integration der Mobilitätsplanung in alle Phasen der Projektentwicklung. Auch die Rolle der öffentlichen Hand sei zentral: Nur mit verbindlichen Vorgaben zu Inhalt und Qualität können Mobilitätskonzepte ihr Potenzial voll entfalten.

Selbstselektion prägt Wirkung in Städten

Dass Mobilitätskonzepte in städtischen Gebieten häufiger konsequent umgesetzt werden, überrascht Stiebe nicht: „Viele Menschen sind bereit, ihr Mobilitätsverhalten an neue Rahmenbedingungen anzupassen – auch weil sie die Lage und Angebote schätzen. Die Wohnungsnot erhöht diese Bereitschaft zusätzlich.“

Die Studie zeigt aber auch, dass sich in solchen Arealen überdurchschnittlich viele Personen mit ohnehin nachhaltigem Mobilitätsverhalten ansiedeln. Für Autobesitzende ist ein fehlender Parkplatz oft ein Ausschlusskriterium für eine Wohnung. Die Folge: Nicht das Verhalten ändert sich, sondern die Bewohnerschaft – ein Effekt, den die Studie als Selbstselektion beschreibt und der bereits aus einer Reihe früherer Studien bekannt und gut dokumentiert ist.

Dennoch verfehlen Mobilitätskonzepte ihre Wirkung nicht: „In urbanen Gebieten gibt es viele Menschen, die gut zu solchen Konzepten passen“, so Stiebe.

Von einer Verdrängung von Menschen mit einer häufigeren Nutzung des privaten Personenwagens aus der Innenstadt würde der Forscher aber nicht sprechen: „Areale mit Mobilitätskonzept machen einen kleinen Teil des Wohnungsmarkts aus. Der Großteil der Bevölkerung wird weiterhin in Wohnungen ohne solche Vorgaben leben“, so Stiebe weiter.

Zudem können Mobilitätskonzepte unterschiedlich restriktiv sein und schließen Parkplätze nicht kategorisch aus. „Wer beispielsweise berufsbedingt auf ein Auto angewiesen ist, kann auch in der Freizeit von guten ÖV-Anbindungen und Veloweginfrastruktur profitieren“, sagt der Co-Studienautor.

Quelle: Hochschule Luzern