20. April 2024

Nach der Ahrtal-Katastrophe: BMWSB bringt Wiederaufbauklausel (§ 246c BauGB neu) auf den Weg

Berlin (pm) – Mit dieser Generalklausel § 246c BauGB neu („Abweichungen vom Baugesetzbuch im Katastrophenfall“, auch Wiederaufbauklausel genannt) werden wichtige Erleichterungen im Katastrophenfall möglich. Anlass der Regelung ist das Hochwasser im Ahrtal und anderen Regionen, das zu verheerenden Zerstörungen ganzer Orte und Straßenzüge geführt hat. Die Vorschrift beschränkt sich aber nicht auf Hochwasserkatastrophen, sondern schließt alle denkbaren Katastrophenfälle ein, insbesondere Natur- und Umweltkatastrophen.

Dazu Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Raumordnung:

„Sobald der akute Katastrophenfall überwunden ist, gehen Kommunen und Gemeinden daran, für die langfristige Unterbringung ihrer Anwohnerinnen und Anwohner zu sorgen. Ich habe mir im Frühjahr 2022 selbst ein Bild von der schlimmen Situation im Ahrtal machen können und war beeindruckt von der Wiederaufbauleistung und der Kraft der Menschen vor Ort. Die betroffenen Länder und Kommunen sind dabei auf uns zugekommen und haben uns gebeten, rechtliche Erleichterungen für den Wiederaufbau zu prüfen. Der heute in die Länder- und Verbändebeteiligung gegebene Entwurf ist Ergebnis dieser Bitte. Mit dem neuen § 246c BauGB soll es künftig einfacher sein kurzfristige Unterbringungen zu errichten und Gebäude katastrophenangepasst neu zu erbauen oder zu erweitern. Darüber hinaus sollen auch neue, sichere Siedlungsgebiete leichter erschlossen werden können. Insgesamt tragen diese Vorschläge dazu bei, Verfahren zu beschleunigen und Menschen schneller wieder ein Zuhause zu geben.“

Zu den Vereinfachungen zählt der schnellere Aufbau von Unterbringungsmöglichkeiten wie z.B. Wohncontainer oder seriell gefertigte Wohneinheiten (sogenannte Behelfsbauten). Zum anderen legt der § 246c BauGB neu den Grundstein für den langfristigen resilienten Wiederaufbau. So wird es durch die Wiederaufbauklausel möglich, Gebäude, die in einem zerstörten Gebiet liegen, also prinzipiell z.B. bei einer erneuten Überschwemmung wieder beschädigt werden könnten, wiederaufzubauen. Allerdings dann nur in einer katastrophenangepassten Bauweise. Beispiele dafür sind die Aufständerung von Gebäuden oder die Herstellung eines Betonkerns. Diese Veränderungen können mit dem § 246c BauGB neu künftig vorgenommen werden, auch wenn sie planungsrechtlichen Vorgaben im Einzelfall (Beispiel: wenn aufgeständert wird, wird nach dem ursprünglichen Bebauungsplan die zulässige Höhe überschritten) widersprechen.

Entscheidet sich eine Gemeinde gegen den Wiederaufbau von Gebäuden im z.B. Überschwemmungsgebiet und plant sie an einem anderen Ort Wohn- und Nichtwohngebäude zu errichten, so muss sie grundsätzlich eine Umweltprüfung vornehmen. Zudem sind Ausgleichsflächen zu schaffen, z.B. durch die Entsiegelung von Flächen. Dies können künftig vormals überschwemmte und noch versiegelte Gebiete sein. Diese ehemaligen Straßen und Wohngebäudeflächen können dann zurückgebaut und entsiegelt und so bspw. zu Überlaufflächen werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die neuen Wohnflächen fällt weg. Die Gemeinde hat zudem die Möglichkeit, anstelle von entsiegelten Ausgleichsflächen eine Ersatzzahlung vorzunehmen.

 

Zur weiteren Erklärung:

Bei der vorgeschlagenen Regelung handelt sich um eine Generalklausel für Ausnahmen vom Baugesetzbuch und den auf seiner Grundlage erlassenen Vorschriften, die dazu dient, im Katastrophenfall die Resilienz von Siedlungen zu erhöhen und die Auswirkungen der Katastrophe auf die Bausubstanz möglichst schnell zu bewältigen.

Die Klausel soll durch eine Rechtsverordnung des Landes aktiviert werden können, in der der Katastrophenfall festgestellt und das betroffene Gebiet bezeichnet wird. Gegenstand der Verordnung sind Abweichungsmöglichkeiten von Vorschriften des Baugesetzbuchs oder der auf Grund des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften (wie zum Beispiel Bebauungspläne). Die Landesregierungen können auch andere Abweichungen vorsehen, soweit diese zur Katastrophenbewältigung erforderlich sind.

 

Quelle: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen