
Gastbeitrag von Jana Mrowetz, CEO & Gründerin, URBAN CELL GmbH
Wir leben in einer Zeit der Transformation. Das bedeutet konkret: Die Art und Weise, wie wir künftig leben und arbeiten wollen, ändert sich so schnell und so tiefgreifend wie selten zuvor. Und um diesen neuen Lebenswirklichkeiten gerecht zu werden, müssen wir auch das Bauen von Gebäuden und Quartieren neu denken.
Doch: Die zunehmende Komplexität in Kombination mit gestiegenen Zinsen und Baukosten führt zu erheblichen Herausforderungen. Mit der Folge, dass aktuell vorrangig geförderter Geschosswohnungsbau oder Immobilien im Premium-Segment entstehen. Die Mittelschicht wird dabei zunehmend aus dem Wohnungsmarkt verdrängt.
Dabei gehört ein Großteil der deutschen Haushalte der Mittelschicht an – genauer gesagt rund 64 Prozent. Mit der traditioneller Bauweise ist es jedoch kaum noch möglich, Wohnraum zu realisieren, der mit dem Richtwert von 30 Prozent des Monatsnettoeinkommens bezahlbar ist. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir moderne Konstruktionsmöglichkeiten des Bauens in ihrer vollen Bandbreite ausschöpfen. Zum Beispiel modulares und serielles Bauen.
Design in Serie
Modulares und serielles Bauen ist in der Architektur eher ein Stiefkind. Die Assoziationen reichen vom Plattenbau über den Industriebau bis hin zu temporären Unterkünften. Das ändert sich aktuell. Dennoch sind Lösungen rar, die Design- und Aufenthaltsqualität und hohe ESG-Standards mit seriell gefertigter Modularität verbinden.
Eine Herausforderung, die wir annehmen sollten. Denn insbesondere auf Quartiersebene ergeben sich zahlreiche Mehrwerte für Kosten- Zeit- und Risikominimierung, wenn auf skalierbare und intelligente Konzepte zurückgegriffen wird, statt jedes Projekt als neuen Prototyp zu entwickeln.
Dabei kann das einmal gewonnene Wissen effektiv eingesetzt werden. Dadurch lassen sich auch immer wieder auftretende Herausforderungen besser meistern – von der Baurechtschaffung bis zur Fertigstellung. Die Mehrwerte ziehen sich nicht nur durch den gesamten Prozess der Leistungsphasen, sondern durch alle Stakeholder im Projekt: So entsteht für den Projektentwickler dabei eine Zeitersparnis von bis zu 90 Prozent im Hochbau sowie eine deutliche Kostensenkung bei den Baunebenkosten – zum Beispiel bis zu 70 Prozent der HOAI-Gebühren. Das ermöglicht die Realisierung von Neubau mit marktüblichen Renditen, sowohl für den Entwickler als auch den Bestandhalter.
Aber ist es dann auch bezahlbar für die Mittelschicht?
Community als Modulkonzept
Modular errichtete Gebäude allein reichen nicht aus, um ein lebenswertes Quartier zu realisieren, das wirtschaftlich und bezahlbar ist. Wir müssen über Gebäude hinaus denken und urbane Ökosysteme schaffen, die Synergien und Effizienz mit sich bringen. Zum einen auf der Ebene der Infrastruktur und Energie. Zum anderen auf der Ebene einer Community. Das Konzept der Modularität auf verschieden Nutzungen im Quartier zu übertragen, bietet zahlreiche Vorteile. Eine Mischung von kleineren privat genutzten Wohneinheiten und gemeinschaftlich genutzten Flächen erhöht nicht nur die Flächeneffizienz pro Bewohner, sondern auch die Lebensqualität.
Drei Beispiele:
- Home-Office. Inzwischen gehört das hybride Arbeiten zu den Grundlagen unserer Wirtschaft. Eine Vielzahl der Beschäftigten arbeitet ganz oder teilweise im Home-Office, aber ohne eine adäquate Arbeitsumgebung. Eine gute Lösung bietet das Co-Working direkt im Quartier.
- Bereiche für Sport und Erholung. Fitnesscenter, Yogaräume und Grünflächen, die allen zur Verfügung stehen, leisten einen erheblichen Beitrag für das körperliche und seelische Wohlbefinden.
- Clubhaus. Eine lebendige Community benötigt einen zentralen Ort der Begegnung.
Orte mit hoher Aufenthaltsqualität performen zudem messbar besser. Für den Bestandshalter entsteht dadurch ein um bis zu 15 Prozent höherer Cashflow verglichen mit Objekten ohne Community Spaces. Diese Flächen lassen sich mittels moderner Digitallösungen zudem durch ein professionelles Property Management relativ einfach verwalten. Es braucht also keinen zusätzlichen Betreiber, das entsprechende Betreiberrisiko fällt für den Bestandshalter weg.
Für den Architekten verschieben sich die Aufgaben. Während einige Aufgaben der klassischen Leistungsphasen wegfallen, rückt der Genius Loci stärker in den Vordergrund, d.h. die modularen Bausteine für den jeweiligen Ort und für eine lebendige Community zu optimieren. Der Architekt wird somit zum Co-Creator der Community, nicht nur des Gebäudes.
Gastbeitrag von Jana Mrowetz, CEO & Gründerin, URBAN CELL GmbH