Berlin (ab) – Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hat entschieden, dass die Verwendung von ursprünglich für die Bewältigung der Coronakrise vorgesehenen Mitteln für andere Zwecke, wie den Klima- und Transformationsfonds (KTF), verfassungswidrig ist. Diese Entscheidung betrifft die Umverteilung von 60 Milliarden Euro, die die sozial-grün-liberale Koalitionsregierung im Jahr 2022 rückwirkend und mit Zustimmung des Bundestages vorgenommen hatte. Laut dem höchsten Gericht des Landes dürfen Gelder, die ursprünglich für die Bekämpfung der Coronakrise gedacht waren, nicht für andere Projekte wie Klimaschutz oder bezahlbaren Wohnungsbau umgewidmet werden.
Kommentare aus der Bau- und Immobilienwirtschaft
Bauindustrie: Ohne Investitionen steht die Stärke unseres Industriestandorts auf dem Spiel
„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und mögliche Anpassungen der Haushalte bei Bund und Länder dürfen nicht dazu führen, dass notwendige Mittel für wichtige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur gestrichen werden. Dies betrifft etwa die Deutsche Bahn, für die zusätzliche 4 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds vorgesehen sind. Fakt ist: Deutschland kann sich keine Abstriche bei Investitionen in seine Infrastruktur mehr leisten. Bereits heute sind die Etats auf Kante genäht, insgesamt sind zu wenig Mittel im System. Der schlechte Zustand unserer Straßen, Brücken und Schienen ist der schmerzliche Beweis. Wichtige Mittel für den Wohnungsbau können bis dato nicht aufgebracht werden. Ohne Investitionen steht die Stärke unseres Industriestandorts auf dem Spiel. Die Bundesregierung und der Bundestag müssen in den Haushaltsverhandlungen jetzt harte Entscheidungen treffen.“ Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.
Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
ZIA sieht Bundesverfassungsgerichts-Entscheid zu umgewidmeten Corona-Hilfen mit gemischten Gefühlen
Der ZIA sieht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit gemischten Gefühlen. „Wir begrüßen, dass mit der Entscheidung Rechtssicherheit geschaffen wird,“ kommentiert Dr. Joachim Lohse, Geschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses. „Jetzt ist es aber umso wichtiger, kurzfristig die Zukunft der Förderung der Gebäudesanierung zu klären. Um eine breite energetische Sanierung des Gebäudebestandes werden wir auf dem Pfad hin zur Klimaneutralität nicht herumkommen,“ so Lohse. In keinem Fall dürfe es zu Förderkürzungen oder gar Förderstopps kommen. Ansonsten seien die Klimaziele im Gebäudesektor nicht erreichbar.
Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 sollten ursprünglich für Corona-Hilfen vorgesehene Mittel in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschoben werden, der wiederum die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) speist.
Gebäude sind für etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Eine energetische Sanierung kann so einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)
Nachtragshaushalt verfassungswidrig: Bundesregierung muss jetzt dringend Prioritäten für bezahlbares Wohnen setzen
„Wie bezahlbarer und klimaschonender Wohnungsbau in Deutschland unter den ohnehin schon historisch schlechten Bedingungen jetzt überhaupt noch ermöglicht werden soll, steht seit heute in den Sternen. Die Bundesregierung muss jetzt umgehend handeln und Prioritäten setzen, wenn der soziale Frieden in unserem Land, der sich maßgeblich um die Frage des bezahlbaren Wohnens dreht, nicht gefährdet werden soll. Nach dem heutigen Urteil fehlen 60 Milliarden Euro für zentrale Vorhaben wie Klimaschutz im Gebäudebereich und den Wohnungsneubau. Die Bundesregierung muss jetzt dringend erklären, wie sie Dinge, die sie von Bürgern und Unternehmen fordert, im Haushalt auch entsprechend gegenfinanziert. Und das unter der gebotenen Einhaltung der Schuldenbremse.“ Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen
Zeitverzug und Unsicherheit für Klimaschutz: Konsequenz des Urteils zum Nachtragshaushalt
„Unsicherheit ist Gift für den Markt. Jetzt stehen die energetischen Sanierungen im Bestand auf der Kippe. Es klafft ein riesiges Loch im Klima- und Transformationsfonds und niemand weiß, wie lange das Geld noch reichen wird. Wir brauchen schnell Klarheit, wie es nun weitergehen soll und kann“ erklärte BFW-Präsident Dirk Salewski in Berlin.
„Bundesfinanzminister Christian Lindner hat vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von einem Plan B gesprochen. Die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger erwarten von der Bundesregierung einen soliden Plan für die Haushaltsführung, der nicht noch einmal kassiert wird. Diejenigen, die Investitionen in die energetische Ertüchtigung ihrer Gebäude leisten, vertrauen auch auf die staatlichen Förderungen. Jegliche Verunsicherung hemmt die Unternehmen und Hauseigentümer enorm. Das schadet den Betrieben und es schadet am Ende vor allem dem Klimaschutz“, so der BFW-Präsident.
Quelle: BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen