München (pm) Die Hochwasserereignisse 2021 in West- und Mitteleuropa haben vor Augen geführt, dass der europäische Gebäudebestand nicht nur ein Hauptverursacher des Klimawandels ist, sondern auch stark von dessen Folgen betroffen ist. Der Bausektor fokussierte sich bisher vor allem auf die Klimaschutzleistung von Gebäuden, wie Energie- oder Ressourcennutzung, nicht aber auf deren Klimaresilienz, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels.
HM-Forschender Dr. Ahmed Khoja arbeitet im EU-Projekt SuPeRBE an Methoden zur Bewertung der Klimaresilienz von Gebäuden. Diese bezieht sich auf die Fähigkeit von Gebäuden, sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, um Schäden zu minimieren und ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten. „Bis heute gibt es noch keine operationalen Bewertungssysteme und Entscheidungsmethoden, die es Nutzern und Entscheidungsträgern ermöglichen, die Klimaresilienz sowohl des Gebäudes als auch der umgebenden Nachbarschaft auf integrierte Weise zu bewerten. Diese Lücke wollen wir sowohl für Bestands- wie Neubauten schließen“, sagt der Projektkoordinator.
Klimaresilienz von Gebäuden
Das Projekt zielt darauf ab, zunächst alle Phasen der Anpassung von Gebäuden an den Klimawandel zu unterstützen – von der Diagnose des aktuellen Zustands bis zur Bewertung der erzielten Ergebnisse. Dazu entwickeln Khoja und das Projektteam mit fünf mitteleuropäischen Regionen – Prag, Regione Piemonte, Vorarlberg, Gespanschaft Šibenik-Knin und Regione Veneto – ein Bewertungsinstrument. Behörden wie lokale Akteure können damit das Anpassungsniveau ihrer Gebäude, Stadtviertel und Gemeinden einschätzen.
Digitales Toolkit: Analyse durch Simulationen
Neben dem Bewertungsinstrument soll eine Methode zur Entscheidungsfindung ermöglichen, die Anpassungsmaßnahmen auf Basis der entsprechenden EU-Norm zu optimieren. Beide Instrumente werden in eine Online-Plattform integriert, die mit virtuellen 3D-Kopien der städtischen Umgebung Simulationen für die Analyse von „Was-wäre-wenn“-Szenarien für Gebäude und ihre Umgebung erlaubt. In den fünf Pilotregionen werden diese Tools anschließend getestet und Akteure zu deren Nutzung geschult.
Dr. Ahmed Khoja
Dr. Ahmed Khoja forscht und lehrt seit 2014 an der Fakultät für Architektur der Hochschule München im Fachgebiet Baukonstruktion und Bauklimatik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen nachhaltiges Bauen, Smart City Lösungen, Klimaanpassung und urbane Resilienz. Er promovierte 2024 zu „Towards Bridging the Climate Resilience Gap in Building Assessment Systems: An Integrated Framework for the German Built Environment“. Khoja ist DGNB-Consultant und BNK Auditor und leitet den CEN-Workshop zur Harmonisierung der nächsten Generation von Energieausweisen.
SuPeRBE
Das Forschungsprojekt SuPeRBE (Supporting Cross-scale Planning and Policy readiness for a Resilient Built Environment) zielt mit der Entwicklung eines digitalen Toolkits auf die Verbesserung der Handlungsfähigkeit der lokalen und regionalen öffentlichen Behörden bei der Definition, Umsetzung und Evaluierung von Maßnahmen zur Anpassung der bebauten Umwelt an den Klimawandel in Mitteleuropa. Das Projekt wird im Central Europe Programme mit 1,5 Millionen Euro gefördert und umgesetzt mit den internationalen Projektpartnern Gemeinde Schnifis (AT), iiSBE Italia R&D und Regione Piemonte und Regione Veneto(IT), FeliCITY-Tools Engineering Ltd (HU), Energy Institute Hrvoje Požar und City of Sibenik (HR), Czech Technical University in Prague und Municipal District of Prague 5 (CZ) sowie den assoziierte Partner der Comune di Torino (IT) mit der HM als Gesamtleitung und Koordination des Projekts. Es läuft vom 1. Juni 2024 bis 30. November 2026. www.interreg-central.eu/projects/superbe/
Quelle: Hochschule München