30. April 2024

Kabinett gibt Entwurf der Novelle der Niedersächsischen Bauordnung zur Verbandsbeteiligung frei – Bauen soll leichter, schneller und günstiger werden

Hannover (pm) – Bauen in Niedersachsen soll schneller, einfacher und günstiger werden. Dafür soll die Niedersächsische Bauordnung novelliert werden. Den Entwurf für eine Novelle der Regelungen hat das Kabinett zur Verbandsbeteiligung frei gegeben. Im Zentrum des Gesetzentwurfes steht zum einen ein Paket von Vereinfachungen für den Umbau von Bestandsimmobilien – also eine so genannte Umbauordnung. Zum anderen enthält er die Umsetzung des zwischen Bund und Ländern am 6. November dieses Jahres geschlossenen „Bau-Turbo-Paktes“ mit dem auch der Neubau von Immobilien schneller und leichter werden soll. Angestrebt wird ein Inkrafttreten der neuen Bauordnung im Sommer 2024.

Der Niedersächsische Bauminister Olaf Lies wies auf die Ergebnisse des vor drei Wochen vorgestellten Wohnungsmarktberichts hin: „Der Bericht zeigt einmal mehr, wie groß der Bedarf an mehr und vor allem günstigerem Wohnraum ist. Es ist daher jetzt die Zeit, umzudenken – beim Neubau genauso wie beim Umbau von Bestandsimmobilien. Mit diesem Paket von Erleichterungen gehen wir das an, was wir auf Landesebene in der Hand haben, um Neubau und Umbau einfacher zu machen. Wir wollen da auch im Ländervergleich Maßstäbe setzen: Mit der Umsetzung der Genehmigungsfiktion werden wir schneller, mit der Innovationsklausel wird der Weg für innovative Bauprodukte und Häuser vom
‚Gebäudetyp E‘ wesentlich vereinfacht. Und beim Umbau kann der Niedersachsen-Standard bundesweit beispielgebend werden. Denn gerade auch im Umbau im Bestand liegt enorm viel Potential für neuen Wohnraum.“

In dem Gesetzentwurf werden neue Regelungen vorgeschlagen, die eine wesentliche Vereinfachung von Umbaumaßnahmen (z. B. Dachgeschossausbau, Aufstockung) zum Ziel haben. Beispielsweise sollen neue oder bestehende Decken, Wände oder Treppen oder auch der Schallschutz im Falle eines Umbaus künftig nur noch dem Standard des Baujahres der gesamten Immobilie entsprechen müssen. Derzeit müssen diese dem aktuellen Standard entsprechen. Das führt in vielen Fällen zu einer Verteuerung von Umbauprojekten, weil auch bestehende Bauteile, die durch die Umbaumaßnahmen betroffen sind, auf die jetzt geltenden Anforderungen ertüchtigt werden müssten.

Mit den folgenden weiteren Punkten soll der Umbau künftig erleichtert werden:

Abweichungen von den geltenden Standards für Nutzungsänderungen – Baumaßnahmen zur Modernisierung, zum Erhalt von Gebäuden und zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen sollen unter bestimmten Voraussetzungen von den Bauaufsichtsbehörden zwingend zugelassen werden.

Erweiterung des Anwendungsbereichs verfahrensfreier Nutzungsänderungen, damit die Zahl von genehmigungspflichtigen Nutzungsänderungen deutlich reduziert wird.
Grundsätzliche Reduzierung der Grenzabstände bei Umbauten.
Genehmigungsfreiheit für Dachgeschossausbau auch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB (sogenannter „unbeplanter Innenbereich“ – also Bereiche ohne Bebauungsplan).
Erweiterung des Entfalls der Pflicht Aufzüge nachzurüsten bei Aufstockungen um bis zu zwei Geschossen zu Wohnzwecken und für die nachträgliche Schaffung von Einstellplätzen auch auf Gebäuden, die zwischen 1993 und 2022 errichtet wurden.
Entfall der Möglichkeit, bei bestehenden Gebäuden nachträglich die Errichtung von Kinderspielplätzen zu verlangen und Erleichterung der Möglichkeit, den zweiten Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr zu führen.

Als weitere Änderungen der Niedersächsischen Bauordnung werden vorgeschlagen:

Genehmigungsfiktion: Für den Wohnungsbau im vereinfachten Genehmigungsverfahren und für die genehmigungsbedürftige Errichtung oder Änderung von Mobilfunkanlagen wird befristet bis 2026 die Einführung einer Genehmigungsfiktion von drei Monaten empfohlen. Das würde dann bedeuten, dass die beantragte Genehmigung als erteilt gilt, wenn die zuständige Behörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheidet. Voraussetzung für den Fristbeginn , dass der Antrag entscheidungsreif ist, d.h. dass er vollständig und mängelfrei ist.
Erweiterung der Anerkennung von Typengenehmigungen: Typengenehmigungen anderer Bundesländer sollen künftig auch in Niedersachsen uneingeschränkt gelten, was erhebliche Vereinfachung etwa im seriellen Bauen bedeutet.

Grundsätzliche Reduzierung der Grenzabstände auch im Neubau.
Regelung für „Mobile Tiny Houses”: Die Situation für die Tiny Houses soll verbessert werden, die einmal ordnungsgemäß errichtet wurden und später an einen anderen Ort verbracht und dort aufgestellt werden sollen.
Innovationsklausel (z. B. für „Gebäudetyp E“): In Umsetzung des Bau-Turbo-Paktes soll eine Bestimmung aufgenommen werden, dass Abweichungen von vorhandenen Regelungen zuzulassen sind „zur praktischen Erprobung neuer Bau- und Wohnformen im Wohnungsbau“.

Abweichungen könnten nur noch dann abgelehnt werden, wenn sie grundlegenden Anforderungen zuwiderlaufen. Damit würde der Weg für innovative Bauprodukte und Häuser vom „Gebäudetyp E“ wesentlich vereinfacht.

Künftig keine Pflicht für Kfz-Einstellplätze im Wohnungsbau: Die Pflicht für Kfz-Einstellplätze bei der Errichtung von Wohngebäuden soll gänzlich gestrichen werden. Nach der im Entwurf vorgeschlagenen Regelung könnten die Kommunen eine solche Pflicht bei der Errichtung von Wohngebäuden dann auch nicht mehr mit einer eigenen Satzung begründen.

Erweiterung der Pflicht für Fahrradabstellanlagen auch für die ständigen Benutzerinnen und Benutzer sowie die ständigen Besucherinnen und Besucher von Wohngebäuden.

Erweiterung verfahrensfreier Baumaßnahmen, u. a. höhere Mobilfunk-Antennen.

Quelle: Niedersächsischen Landesregierung