4. Mai 2024

JLL: Angespannte Wohnungsmärkte lassen Angebotsmieten kräftig steigen

Frankfurt (pm) – Wer auf der Suche nach einer Mietwohnung ist, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Im zweiten Halbjahr 2023 haben sich die Angebotsmieten in den deutschen Metropolen im Durchschnitt (Median) um 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verteuert. Damit fällt der Mietenanstieg höher aus als im Vorjahr (6,3 Prozent) und im Mittel der vergangenen fünf Jahre (fünf Prozent). Für die Analyse wurden die Wohnungsinserate in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart ausgewertet – insgesamt rund 35.000 Miet- und 41.000 Kaufangebote. Betrachtet wurden sowohl Neubauten als auch Bestandsgebäude.

Maßgeblichen Anteil an dem Preisauftrieb hat der Berliner Wohnungsmarkt: Hier stiegen die Angebotsmieten im Jahresvergleich um 21,4 Prozent. Betrachtet man nur das Segment der Bestandswohnungen, beträgt der Anstieg sogar 31 Prozent. Qualitätsbereinigt*, also unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Objekt- und Mikrolagenqualität, fällt die Teuerung mit 11,9 Prozent allerdings deutlich moderater aus. Im Neubausegment legten die Mieten um 9,6 Prozent zu.

Auch in Leipzig sind die Angebotsmieten mit einem Plus von 10,6 Prozent überdurchschnittlich gestiegen. In den anderen sechs Standorten betrug der Zuwachs zwischen 4,8 Prozent und 7,1 Prozent.

Angesichts der Angebotsknappheit ist der Anstieg der Neuvertragsmieten nach Meinung von Dr. Sören Gröbel, Director of Living Research JLL Germany, nicht verwunderlich. „Die Folge ist, dass die Kluft zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten weiterwächst, was wiederum die Motivation auf Seiten der Mieterhaushalte senkt, bei veränderten Lebensumständen die Wohnung zu wechseln. Daraus entsteht eine Art Teufelskreis: Mit einem stärkeren Anstieg der Mieten, schrumpft die Zahl der inserierten Mietangebote und verschärft dadurch die angespannte Situation auf den Wohnungsmärkten zusätzlich.“

Abhilfe könnte der Neubau von Mietwohnungen bringen. Doch die Bautätigkeit ist angesichts von Projektabbrüchen, Auftragsstornierungen und Insolvenzen von Projektentwicklern spürbar zurückgegangen und weit vom ursprünglichen Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr entfernt. Zudem dürfte das Neubauvolumen in den kommenden Jahren weiter sinken und spätestens im Jahr 2025 die Marke von 200.000 fertiggestellten Wohnungen unterschreiten. Insbesondere für die Mietwohnungsmärkte bedeutet dies eine weitere Verschärfung des bestehenden Nachfrageüberhangs. „Folglich werden die Angebotsmieten weiter zulegen“, prognostiziert Gröbel.

Berlin pirscht sich an das Münchener Preisniveau heran

Trotz des rasanten Mietenanstiegs bleibt Berlin mit deutlichem Abstand hinter München der zweitteuerste Wohnstandort: In München wurden im vergangenen Halbjahr Wohnungen im Schnitt für rund 22,50 Euro/m²/Monat inseriert, in Berlin lag der Preis bei 19,42 Euro/m²/Monat. Dahinter folgen Frankfurt (16,88 Euro/m²/Monat) und Stuttgart (16 Euro/m²/Monat). Leipzig bleibt mit rund 9,51 Euro/m²/Monat der günstigste Mietwohnungsmarkt.

Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Durchschnittsmieten ist auch bei den Spitzenmieten zu beobachten, die im Durchschnitt aller analysierten Metropolen um 8,2 Prozent gestiegen sind (Vorjahr: 6,2 Prozent). Auch hier hat sich der Berliner Markt mit einer Spitzenmiete von rund 31,00 Euro/m²/Monat der bayerischen Landeshauptstadt mit 32,70 Euro/m²/Monat angenähert.

Abseits der Metropolen steigen die Mieten etwas gemächlicher

Mit der Mietpreisdynamik in den acht Immobilienhochburgen können die Wohnungsmärkte außerhalb der Metropolen nicht ganz mithalten. In den kreisfreien Städten zogen die Angebotsmieten innerhalb von zwölf Monaten um 4,8 Prozent an. Mit 5,5 Prozent fällt der Anstieg in den Landkreisen etwas höher aus. Auffallend ist allerdings, dass die Werte im Vergleich zum Vorjahr niedriger ausfallen. So wurden im zweiten Halbjahr 2022 Steigerungsraten von 5,3 Prozent in den kreisfreien Städten und 6,7 Prozent in den Landkreisen gemessen.

Dennoch hält Gröbel weitere regulatorische Eingriffsversuche der Politik angesichts der hohen Dynamik auf den meisten Mietwohnungsmärkten und des zunehmenden Nachfrageüberhangs für wahrscheinlich. „Die Koalitionsparteien könnten die Themen Mietpreisdämpfung und -regulierung im Eigeninteresse nutzen, um der wachsenden Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit entgegenzuwirken.“

Negative Entwicklung der Kaufpreise für Eigentumswohnungen in fast allen Teilmärkten

Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich derzeit bei Betrachtung der Kaufpreise für Eigentumswohnungen. Hier hat sich der Rückgang der Angebotspreise im zweiten Halbjahr 2023 fortgesetzt. Gegenüber dem Vorjahreswert fielen die durchschnittlichen Angebotskaufpreise (Neubau und Bestand) im zweiten Halbjahr 2023 um 7,4 Prozent niedriger aus. Ein Jahr zuvor betrug das Minus lediglich 1,6 Prozent.

Insgesamt verlief die Entwicklung in den betrachteten Metropolen homogener, als es die stärkste und schwächste Entwicklung in Stuttgart (-11,6 Prozent) und Berlin (-3,6 Prozent) vermuten lassen. Für Bestandsobjekte ergibt sich ein Preisnachlass von minus 8,1 Prozent, Neubauwohnungen verzeichneten lediglich einen Rückgang von 2,3 Prozent. Im Neubausegment sticht Stuttgart mit einem Anstieg der angebotenen Kaufpreise um 9,9 Prozent positiv hervor. Hier hatte der Einfluss einzelner Neubauprojekte bei insgesamt rückläufigem Neubauangebot einen umso stärkeren Effekt. In Düsseldorf sanken die Preise hingegen mit 12,1 Prozent überdurchschnittlich stark.

Am teuersten ist Wohneigentum nach wie vor in München, wo im Schnitt 8.720 Euro/m² bezahlt werden müssen. Wer in einen Neubau einziehen möchte, muss in der bayerischen Metropole stolze 11.800 Euro/m² bezahlen, für absolute Topobjekte sogar rund 13.700 Euro/m². Dagegen wirkt das Preisniveau in den anderen deutschen Metropolen moderater. In Frankfurt kostet der Quadratmeter Wohnraum im Mittel 6.240 Euro und in der Spitze 10.000 Euro, in Hamburg sind es 5.930 Euro respektive 9.920 Euro und in Berlin 5.710 Euro sowie 9.080 Euro. Kein Vergleich zu Leipzig: Hier liegen die Durchschnittspreise bei knapp unter 3.000 Euro/m² und auch das Premiumprodukt ist mit 5.310 Euro/m² vergleichsweise preiswert.

Damit kommen Erwerber von Wohneigentum in der sächsischen Großstadt sogar günstiger zum Zuge als in vielen kleineren Städten. In Landkreisen müssen im Schnitt 3.440 Euro/m² bezahlt werden, in kreisfreien Städten sind es mit 3.510 Euro/m² unwesentlich mehr.

Wenige Transaktionen verschleiern tatsächliche Preisentwicklung

Nach Ansicht von Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation JLL Germany, sind die Angebotsdaten derzeit jedoch nur ein schwacher Indikator für die tatsächliche Preisentwicklung. „Dafür spricht, dass die Zahl der Inserate gestiegen ist, während die Zahl der tatsächlichen Kauffälle in vielen Großstädten zurückgegangen ist. Insbesondere bei neu gebauten Wohnungen, bei denen der Verhandlungsspielraum des Verkäufers beim Kaufpreis aufgrund höherer Bau-/Erschließungskosten geringer ist, macht sich der Effekt der geringeren Nachfrage weniger im Preis als in der Anzahl der Transaktionen bemerkbar. Hier wird auf Verkäuferseite, wenn es die finanziellen Rahmenbedingungen zulassen, eine deutlich geringere Verkaufsgeschwindigkeit einem Preisabschlag vorgezogen.“

Die geringen Transaktionsvolumina deuten laut Heidrich zudem darauf hin, dass die Diskrepanz zwischen Kaufpreisangeboten und Preisvorstellungen der Kaufinteressenten nach wie vor groß ist. „Die infolge des Zinsanstiegs deutlich erhöhten Finanzierungskosten sind noch nicht vollständig in den Immobilienpreisen auf dem Markt des privaten Wohneigentums abgebildet.“

Damit bleibt auch das Verhältnis von Miet- zu Kaufkosten zugunsten der Mieter verschoben, was noch einige Zeit zu einem zusätzlichen Nachfrageschub auf den Mietwohnungsmärkten führen dürfte, auch wenn sich die Finanzierungsbedingungen derzeit leicht verbessern. „Dies verschärft das ohnehin schon unausgewogene Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf den Mietwohnungsmärkten weiter und spiegelt sich bereits deutlich in der Mietpreisentwicklung der zweiten Jahreshälfte 2023 wider“, unterstreicht Gröbel.

*Bei der qualitätsbereinigten Betrachtung der Preisentwicklung werden anhand eines hedonischen Ansatzes die Veränderungen in den Datensätzen der Halbjahre hinsichtlich Zustände und Ausstattung der Objekte sowie hinsichtlich der Mikrolagen herausgerechnet. Alle Trends werden auf Validität überprüft, selbst wenn dies nicht explizit im Text Erwähnung findet.

Quelle: Jones Lang LaSalle SE