Berlin (pm) – Beim Klimaschutz in Europa ist aus Sicht der Immobilienwirtschaft ein weitaus besseres Ausschöpfen des Potenzials möglich. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) regt jetzt an, die Philosophie der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie, EPBD, im Kern auf die Taxonomie zu übertragen. „Die bisherige Taxonomie lenkt Kapitalströme in Gebäude, die aufgrund der Bauanforderungen besonders energiesparend und emissionsarm sind“, erklärt ZIA-Vizepräsident Jochen Schenk. „Investoren ziehen also genau die Projekte vor, die ohnehin klimafreundlich sind.“ Seine Analyse: „Da geht mehr, viel mehr.“ Um den CO2-Ausstoß maßgeblich zu senken, müsse das Augenmerk verstärkt auf den Bestand gerichtet werden, regt er an. Genau diesen „Worst-first“-Ansatz verfolge die EPBD, die ab 2024 starten könnte.
Die Verbesserung eines Gebäudes von der Energieklasse G auf F bringt etwa doppelt so viel wie von B auf A. Mit vergleichsweise geringem Aufwand lassen sich ineffiziente Gebäude energetisch deutlich upgraden – zum Beispiel auf ein C. „Die Ausrichtung der bisherigen Taxonomie bewirkt hier also eine Fehllenkung“, sagt Schenk. „Denn leider fehlt es für privates Kapital an Anreizen, in das Renovieren im Bestand zu investieren.“ Bestehende und zukünftige Reporting-Anforderungen könnten „diese Zurückhaltung noch verstärken“.
Die EPBD, die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie, die gerade unter den EU-Institutionen verhandelt wird („Trilog“), ist nach derzeitigen Plänen so angelegt, dass die Sanierung der energetisch am schlechtesten sanierten Gebäude („worst performing buildings“) den größten Beitrag beim Energieeinsparen leisten soll.
Eine überarbeitete Taxonomie könnte aus Sicht des ZIA-Vizes ein entscheidender Hebel werden, um mehr zu verändern: „Nur, wenn große Verbesserungen eines Gebäudebestandes auch als taxonomiekonform klassifiziert werden, werden hierfür privates Kapital und Bankfinanzierung zur Verfügung stehen.“ Andernfalls sei zu erwarten, dass immer mehr bestehende Gebäude abgerissen und durch teure Neubauten ersetzt werden. „Das treibt nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern bedeutet am Ende auch einen Rückgang beim bezahlbaren und günstigen Wohnraum“, analysiert Schenk.
Der ZIA hat deshalb im Rahmen eines EU-Dialogs vorgeschlagen, Gebäude, die durch Renovierungen eine 50-prozentige Senkung ihres Primärenergiebedarfs erreichen, übergangsweise als taxonomiekonform zu klassifizieren. „50 Prozent an Primärenergie-Einsparung durch Renovierungsmaßnahmen wäre ein erheblicher Fortschritt und rechtfertigte eine Taxonomie-Qualifizierung des Gebäudes“, erklärt der Initiator dieses Modells, ZIA-Geschäftsführer Dr. Joachim Lohse.
Schenk: „Nur, wenn die EU zügig die widersprüchlichen Vorgaben angleicht und bei der Taxonomie Anreize für maßgebliche Renovierungen setzt, werden wir die ehrgeizigen Ziele der Immobilienwirtschaft beim Primärenergie-Einsparen sowie den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum erreichen.“
Der ZIA steht dazu seit vielen Wochen im engen Dialog mit der EU-Kommission.
Das Positionspapier in Deutsch und Englisch gibt es hier: EU-Taxonomie | ZIA .
Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)