29. März 2024

Im Interview mit den Sauerbruch Hutton Architekten Mareike Lamm und Konrad Opitz über die Suche nach Sinnlichkeit in Industriebauten am Beispiel des GIRA-Neubaus

Der Unternehmenssitz des Gebäudesystemtechnikherstellers Gira wurde in den vergangenen Jahrzehnten stetig erweitert. Da die Kapazitäten am bisherigen Standort ausgeschöpft waren, hat das Architekturbüro Sauerbruch Hutton an einem weiteren Standort einen neuen Gebäudekomplex entwickelt, in dem die vier Hauptbereiche Innovation, Produktion, Logistik und Versand erstmals gebündelt sind. Die Architekten Mareike Lamm und Konrad Opitz waren Projektleiter in unterschiedlichen Phasen dieses Projektes. Beide arbeiten seit 1999 bei Sauerbruch Hutton.

Konrad Opitz und Mareike Lamm (c) Urban Zintel

Bei wem und wo haben Sie studiert?

Konrad Opitz: Ich habe angefangen in Darmstadt zu studieren und bin dann in den Neunziger Jahren nach Berlin gekommen, um an der Technischen Universität zu studieren. Letztendlich machte ich mein Diplom bei Professor Matthias Sauerbruch, der mich nach meinem Abschluss in sein Büro mitgenommen hat. Und ich bin bis heute hier.

Mareike Lamm: Ich habe in Karlsruhe studiert mit einem Auslandsjahr in Glasgow an der Macintosh School of Architecture. Mein Diplom machte ich bei Professor Walter Nägeli, über den ich nach meinem Abschluss nach London gekommen bin. Für ein Jahr habe ich dort bei Florian Beigel Architects gearbeitet, der wiederum auch gut bekannt ist mit Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton. Nach einem Jahr in London hatte ich den Wunsch, nach Berlin zu kommen und habe mich beim Architekturbüro Sauerbruch Hutton beworben.

Warum haben Sie Architektur studiert?

Konrad Opitz: Das habe ich mich schon oft gefragt. (lacht) Das hat schon gewisse familiäre Tradition. Mein Vater ist Architekt. Mehr beeinflusst hat mich allerdings meine Tante, die Grafikdesignerin war. Mein Onkel ist Professor für Grafik Design gewesen. Ich kam aus so einer Ecke.

Mareike Lamm: Nach dem Abitur habe ich erst einmal eine Pause gemacht und bin nach London gegangen. Die Entscheidung, das Studium aufzunehmen lag nahe, da ich mich schon früh für Architektur interessiert und gern künstlerisch gearbeitet habe.

Konrad Opitz: Aus meiner Wahrnehmung war damals Sauerbruch Hutton das spannendste Architekturbüro in Berlin. Sauerbruch Hutton hatte zur Wendezeit das GSW-Projekt gewonnen. Ein Initialprojekt, was damals viel diskutiert wurde.. Zu Sauerbruch Hutton wollte man damals hin. Hier aufgenommen zu werden war schon wahnsinnig aufregend und es hat auch, wie man sieht, gehalten.

Mareike Lamm: Als ich aus London kam, war Rezession in Berlin. Alle sagten, bist du wahnsinnig nach Berlin zu gehen, aber ich wollte unbedingt zu Sauerbruch Hutton. Das hat mich nicht abgehalten.

GSW (c) Annette Kisling

Sie haben beide als Projektleiter in unterschiedlichen Phasen die Entwicklung des Unternehmenssitzes von Gira begleitet. Was macht aus ihrer Sicht diesen Industriebau so besonders?

Mareike Lamm: Das Besondere ist, dass Gira ein Familienunternehmen ist. Auch die Größe des Unternehmens ist besonders und die Verbundenheit zu dem Standort, dem sie bis heute treu geblieben sind. Bedingt durch die Familientradition sollte alles an einem Ort, in Radevormwald, stattfinden von der Entwicklung bis hin zur Produktion. Das fand ich schon nicht unbedingt gewöhnlich.

Konrad Opitz: Als typischer Mittelständler im Familienbesitz mit entsprechenden Entscheidungsfreiheiten hat Gira einen hohen Designanspruch. Die Produkte werden von Architekten sehr geschätzt. Auf der anderen Seite ist Gira auch als Arbeitgeber sehr beliebt. Gira hat viele Preise bekommen sowohl für die Designs als auch als bester Arbeitgeber Deutschlands. Das sind schon besondere Merkmale der Firma.

(c) Jan Bitter

Wie beschreibt sich das Besondere des Ortes in Worten? Wie berücksichtigt die Architektur des Gebäudekomplexes das Besondere?

Konrad Opitz: Das Besonders des Ortes ist, dass das Gebäude auf einem Plateau liegt. Von Süd-Osten scheint es, als bekäme man es auf einem Tablett serviert. Noch dazu die Besonderheit, dass sich vor der Fabrik eine Reihe von Bäumen befindet. Im Winter ist das Gebäude sehr sichtbar und im Sommer verschwindet es komplett hinter den Bäumen. Mit seinen 6 ha hat das Fabrikgelände eine sehr große Fläche, die vor dem Bau schon bestand. Bisher hatte Gira alle Erweiterungsbauten an ihrem Standort Richtung Innenstadt angeordnet. Da war jetzt kein Platz mehr, so dass man diesen zweiten Standort in etwa 800 Metern Entfernung entwickelte.

Mareike Lamm: Die Besonderheit des bergischen Landes ist es, dass es sehr viel regnet. Der Himmel ist häufig bedeckt. Das Gebäude schafft einen Kontrast, der der Atmosphäre zuträglich ist.

(c) Jan Bitter

Konrad Opitz: Wir sind an die neue Aufgabe unvoreingenommen rangegangen und haben zum Beispiel am Anfang eine Holzverkleidung der Fassade diskutiert. Das wurde schnell verworfen. Die Tradition der dort üblichen Schieferfassaden kommt nicht von ungefähr. Es ist schon auffällig, wie oft es dort regnet. Wir haben uns bei den Diskussionen über den Sonnenschutz ein wenig darüber lustig gemacht. Aber natürlich scheint auch mal die Sonne.(lacht)

Das Gebäude ist mit 250 m sehr lang gestreckt. Man hat den Blick auf diese ganze Länge. Die vertikalen Fassadenelemente kontrapunktieren die Länge und lösen diese in gewisser Weise ein wenig auf. Gerade bei grauer Lichtstimmung fügt es sich ein. Wenn die Grau- und Weißwerte mit dem Himmel zusammenkommen, ergibt sich ein interessanter Effekt. Die Fassadengestaltung war das Ergebnis der Überlegungen, wie mit der großen Masse und Länge umzugehen ist.

(c) Jan Bitter

Zum anderen berücksichtigt die Architektur des Gebäudes die Designlinie von Gira. Das war ein wichtiges Thema. Gira war auf der Suche nach einem Gebäude, das den eigenen Gestaltungsanspruch transportiert und gerecht wird. Es gab Diskussionen wegen der farbigen Fassadengestaltung, die man von uns kennt. In den Innenhöfen gibt es farbige Oberlichter. Aber die Gesamterscheinung ist grau-weiß oder silbrig-weiß.

Mareike Lamm: Die kontrastreichen verschiedenen Grautönen spielen mit der Form des Gebäudes. Es erschlägt einen nicht, wenn man davor steht. Es löst sich auf einen menschlichen Maßstab auf.

GIRA Fassade Detailschnitt © Sauerbruch Hutton

Welche weiteren Aspekte spielten für den Entwurf des Gira Gebäudes eine Rolle?

Mareike Lamm: Eine wichtige Rolle spielte bei dem Entwurf, dass alle Aspekte der Entwicklung bis zum fertigen Produkt in einem Haus stattfinden sollten. Die gesamte Wertschöpfungskette sollte sich im Haus wiederfinden.

Es wurde auch gewünscht, dass es keine Priorisierung der dort Arbeitenden gibt. Alle Mitarbeiter betreten das Haus durch einen gemeinsamen Eingang und verteilen sich auf ihre unterschiedlichen Ebenen.

Konrad Opitz: Das erste Obergeschoss hängt gewissermaßen in der Produktionshalle als Mezzanin. In dem Mezzanin gibt es eine Galerie, die durch die Produktion durchführt. Von dort haben Kunden und Mitarbeiter Einblicke in die Produktion von oben. Ein Teil der architektonischen Überlegung war der Aspekt, dass neben dem rein funktionalen Produktionsablauf auch der Auftritt und die Begegnung mit Kunden optimal hergestellt werden konnte.

Im zweiten Obergeschoss wird es vertraulich, auch im Hinblick auf Industriespionage. Da darf nicht jeder hin, der das Gebäude betritt, denn dort befinden sich die Entwicklerbüros der Designer. Aber es wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Produktentwickler auf kurzem Weg in die Produktion kommen, um dort direkt etwas ausprobieren zu können. Wir hatten ursprünglich gar nicht die Idee, die Büros auf das Dach zu setzen, weil dadurch kein leichtes Industriedach mehr möglich ist, sondern ein schweres Geschossdeckendach. Aber dies war ein expliziter Wunsch von Gira selbst und ist nun auch eine der Besonderheiten des Projekts.

GIRA Funktionsbereiche (c) sauerbruch hutton

Wie sieht das Raumkonzept aus, das von zunächst 30.000 qm auf insgesamt 50.000 qm BGF erweitert werden kann?

Mareike Lamm: Ein wichtiger Punkt war, dass jeder Bereich unabhängig voneinander erweiterbar sein sollte. Daher musste eine gewisse Trennbarkeit der Funktionen geplant werden. Was ich immer besonders schön fand ist, dass es ein Werk ohne Werkszaun ist. Das hat was mit Nahbarkeit zu tun.

GIRA Entwicklungskonzept (c) Sauerbruch Hutton

Konrad Opitz: Auf der Grafik sieht man, wie die fünf verschiedenen Raumkonzepte erweiterbar sind. Im Wesentlichen gibt es die Versand- und Logistikhalle (lila/gelb), wo die Bestellungen paktiert und verschickt werden und wo auch die Materialien reinkommen. Dann gibt es zwei Hochregallager, die unabhängig voneinander erweiterbar sein sollten. Und es gibt die 10.000 qm große Produktionsfläche (rosa). Das alles ereignet sich auf Straßenniveau bzw. auf 1,20 m Höhe, so dass die Lastwagen andocken können. Der fünfte Bereich ist die Innenhofstruktur der Büros (hellgrün) im zweiten Obergeschoss. Im Moment nehmen sie etwa die Hälfte der Dachfläche ein. Sie können nach Bedarf erweitert werden. In der anfänglichen Konzeptionierung war klar, dass diese fünf Bereiche zusammen kommen müssen und unabhängig voneinander erweiterbar sein sollten. Tatsächlich plant Gira zur Zeit, das Palettenlager zu erweitern. Es gibt ein Palettenhochregallager und ein so genanntes Kastenhochregallager. Das sind Euro-Kunststoffkisten 45 cm × 60 cm. Es befinden sich 150.000 Stück in diesem Lager, in dem sich alle elektronischen Einzelteile befinden, ein sehr kleinteiliges Lagersystem!

Wir hatten lange vor der Entwurfsphase unterschiedliche Konzepte durchgespielt und mit diesen vier bis fünf Elementen alles Mögliche auf diesem Grundstück untersucht. In der zweiten Reihe links sehen wir das Konzept der Erweiterung, wie es jetzt auch realisiert wurde. Und dann sieht man das Zusammenkommen vom Büro und Produktionshalle. Die Produktion sollte durch Oberlichter mit Tageslicht versehen werden. Dadurch ist diese Struktur mit den Innenhöfen entstanden, die wiederum ein großes Oberlicht für die Produktion zulässt. So ein Oberlicht hat ungefähr 50 qm Grundfläche.

(c) Jan Bitter

Welche Maßnahmen wurden zur CO2 Reduzierung während der Projektphasen ergriffen?

Konrad Opitz: In der Entwurfsphase haben wir am Anfang sehr intensiv mit den Tragwerkplanern diskutiert, ob sich das Tragwerk in Holz darstellen lässt. Letztlich wurde die Idee nicht weiter verfolgt, da die Büros auf dem Dach drauf sitzen sollten. Es ist ein Industriebau mit vorgefertigten Elementen.

Mareike Lamm: Recyclingbeton war damals nicht angedacht. Es gibt bei dem Bau sehr hohe Lasten. Beton ist hier vor allem in der Bodenplatte zu finden und ein kleiner Teil in den Stützen. Der Rest ist eine Stahlkonstruktion. Stahl ist gut rezyklierbar. Zudem haben wir versucht, so weit es geht, auf Verbundmaterialen wie Sandwichpaneele zu verzichten und haben eine klassisch vorgehängte Fassade realisiert, bei der man die Teile wieder auseinander nehmen kann und nicht ein großer Berg Sondermüll entsteht. Gira hat sich für diese kostspieligere, aber nachhaltigere Fassade entschieden.

(c) Jan Bitter

Wie sieht das Energiekonzept des Gebäudekomplexes aus?

Konrad Opitz: Es viele Überlegungen, immer davon ausgehend, dass bei einem Industriebetrieb die Energiekosten ein großes Thema sind. Wir haben eine Heizungskühlung der gesamten Produktions- und Versandhallenflächen über einen Energieboden, der im Sinne einer Bauteilaktivierung zur Heizung und Kühlung verwendet wird. Hohe Räume lassen sich am besten über den Boden temperieren.

Dann haben wir riesige Sprinklertanks, die wegen der brennbaren Elektronikbauteilen im Hochregallager vorhanden sein müssen. Die 2000 cbm Wassertanks, werden normalerweise nur im Brandfall genutzt. Wir konnten sie als Wärmepuffer in den Energiekreis integrieren, d.h. das Heiz-Kühl-System kann dort sowohl Kälte als auch Wärme puffern als Tages- oder Wochenspeicher.

Außerdem haben wir Prozesswärme. In diesem Fall gibt es eine Druckluftzentrale. Die Maschinen in der Produktion benötigen Druckluft. Wenn Luft komprimiert wird, entsteht jede Menge Wärme. Diese wird in das Wärmenetz eingespeist.

Dann gibt es ein Testlabor, in dem die Dauerbenutzung von Lichtschaltern getestet wird. Damit die Abnutzung des Schalters realistisch ist, fließt durch diese Lichtschalter Strom. Auch diese dadurch entstehende Wärme wird genutzt.

Das Gebäude hat eine sogenannte Nachtlüftung, um die Kühlung im Sommer zu unterstützen. Nachts wird mechanisch die kalte Luft auch das Gebäude geblasen, ohne dass sie zusätzlich gekühlt wird.

Mareike Lamm: Am Anfang wurden auch andere Systeme untersucht, die deutlich innovativer gewesen wären. Es wurde zum Beispiel über einen Eisspeicher nachgedacht.

Konrad Opitz: Mit einem Eisspeicher kann man tatsächlich Wärme und Kälte über Saisonzeiträume speichern. Wasser im Übergang von flüssig zu fest erzeugt ein großes Temperaturdelta, das man nutzen kann. Diesen Effekt kann man sich physikalisch zu nutze machen d.h., dass man das Wasser da drin entweder gefriert oder wieder verflüssigt. Darüber kann man jede Menge Energie speichern. Aber das war damals noch nicht als fertiges Produkt vorhanden.

(c) Jan Bitter

Wurde der Rückbau bzw. die Rezyklierbarkeit beim Entwurf berücksichtigt?

Konrad Opitz: Bei den Fassadenabschnitten, bei denen eine Erweiterung angedacht wurde, wurde ein besonderes Augenmerk drauf gelegt, dass man die Fassade an der Stelle idealerweise zerlegen kann und an der erweiterten Fassade wieder aufbauen kann.

Mareike Lamm: Den verwendeten Stahl kann man zu 97 Prozent wieder verwerten und das verwendete Aluminium kann man heute auch deutlich besser recyceln als früher. Man arbeitet ja jetzt auch viel mit rezycliertem Altaluminium. Die Unternehmenszentrale von Gira ist aber nicht als temporärer Raum geplant.

Ist das Projekt in einer Materialdatenbank geführt?

Mareike Lamm: Nein, es war damals noch nicht üblich, eine Materialdatenbank zu führen. Irgendwann wird es wahrscheinlich zur Pflicht, dass jedes Gebäude auch katalogisiert wird. Das war damals noch nicht so weit.

(c) Jan Bitter

Welches war ihre größte Herausforderung während der Projektphasen?

Mareike Lamm: Ich empfand es als große Herausforderung, dass Gira sich einen speziellen Ablauf der Planung gewünscht hat. Alles sollte an einem Tag fertig sein.

Üblicherweise plant man ein Gebäude und macht z.B. zuerst die Rohbauausschreibung, die entsprechenden Rohbaupläne und -details, dann die Fassade und später den Innenausbau.

Alle Ausschreibungen und Pläne an einem Tag hochzuladen, hat den Vorteil, eine sehr große Kostensicherheit zu haben. Man kann alles gleichzeitig auf den Markt schicken und erlebt am Schluss keine Überraschungen. Im Planungsablauf muss man dafür mit einem viel größeren Team in kürzerer Zeit mehr machen und koordinieren. Im Gegensatz dazu haben weniger Leute, die über einen längeren Zeitraum arbeiten, natürlich ein übergreifenderes Wissen. Planungsmäßig war das eine große Herausforderung.

Konrad Opitz: Das hat für Gira durchaus funktioniert, sie haben diese Kostensicherheit erreicht und waren zufrieden. Die Belastung für unser Team war schon sehr hoch für diese Phase, dafür aber eben nicht für so eine lange Zeit.

Konrad Opitz: Der Logistikplaner hatte bereits ein halbes Jahr Vorlauf, ehe wir mit dem Projekt begonnen haben. Er hatte schon viele Gespräche mit den verschiedenen Bereichen und Produktionsleitern geführt und eine große Evaluierung vollzogen. Gira hatte eine detaillierte Inventur durchgeführt und analysiert, was in Zukunft gebraucht wird. Darauf aufbauend wurde die Logistik geplant.

Als wir gestartet sind, hatte der Logistikplaner schon einen Plan von fertigen Hochregallagern detailliert im Maßstab 1:50 angefertigt. Das war ungewöhnlich für uns, hat aber schlussendlich in der Zusammenarbeit perfekt funktioniert.

Mareike Lamm: Eine weitere Herausforderung war die schiere Ausdehnung des Gebäudes. Wir haben zwar schon größere Gebäude geplant, aber normalerweise sind das Hochhäuser. Dies ist auf jeden Fall das Haus mit der größten Ausdehnung. Ein Gefühl dafür zu kriegen, wie lange brauche ich eigentlich, wenn ich von der einen Ecke des Hauses an die andere laufe, war während der Bauphase ziemlich bedeutsam für die Bauleitung. Da waren viele Kilometer zurückzulegen!

Was ist für Sie persönlich das Besondere an diesem Bau?

Mareike Lamm: Ich finde, dass der Bau trotz seiner Größe die Landschaft nicht dominiert. Und wichtig ist für mich auch der Stellenwert des Menschen in so einem produktionsgesteuerten Gebäude. Dass so viel Wert auf den Arbeitenden gelegt wurde, fand ich schon etwas sehr Besonderes.

Konrad Opitz: Wir waren kürzlich noch einmal vor Ort und fanden bestätigt, dass die Architektursprache sehr gut mit der Designsprache von Gira zusammengeht. Die Architektur dominiert nicht, sondern bildet gutes „Gehäuse“,  das Design von Gira zu behausen.

(c) Jan Bitter

Welche Herausforderungen stellen Industriebauten?

Mareike Lamm: Wir stehen als Büro für Sinn und Sinnlichkeit. Die Suche nach Sinnlichkeit in Industriebauten ist schwieriger als wenn man ein Museum oder Wohngebäude plant bzw. baut. Zu schaffen, dass ein Industriebau nicht ein reiner Funktionsbau ist, sondern in seiner Sinnlichkeit auch Räume schafft, die den Menschen Freude bringen, ist die größte Herausforderung.

Industrieorte werden oft als Unorte empfunden. Dagegen zu arbeiten, ist nicht einfach. Bei jedem Entwurf, bei jedem Wettbewerb stellen wir uns die Frage, was unsere Motivation dabei ist. Wenn es sich um einen tollen Standort handelt, einen aufgeschlossenen Bauherr und wenn es um eine Nutzung geht, die der Öffentlichkeit zugänglich ist, ist diese Frage leicht zu beantworten.

Industriebauten dominieren allein durch ihre Größe unsere Umwelt, sie sind oft Arbeitsort vieler Menschen. Im Fall von Gira haben wir uns sehr gerne der Aufgabe gestellt, da Gira als Bauherr mehr gesucht hat, als einen Architekten, der die Funktionen in eine Hülle packt.

Vielen Dank für das Interview.