Gastbeitrag – Mit Freiham im Münchner Westen entsteht eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas. Im Zentrum dieses neuen Quartiers steht das ZAM – ein modernes Stadtteilzentrum, das Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit auf einzigartige Weise verbindet. Michael Bentenrieder, Architekt und Head of Planning bei der ROSA-ALSCHER Group, spricht im Interview über die städtebauliche Vision hinter dem Projekt, die Herausforderungen eines Großvorhabens in Zeiten globaler Krisen und den Anspruch, Nachhaltigkeit, Flexibilität und Lebensqualität in Einklang zu bringen. Ein Blick hinter die Kulissen eines Projekts, das München nachhaltig prägen wird.

Können Sie den städtebaulichen Ansatz für dieses Jahrhundertprojekt der Münchner Stadtentwicklung erläutern?
Michael Bentenrieder: Freiham im Münchner Westen ist eines der größten Stadterweiterungsvorhaben in Deutschland, – sogar europaweit. Mit dem ZAM wollten wir diesem neuen Stadtteil ein lebendiges und lebenswertes Zentrum geben, das Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit ideal miteinander verbindet. Schon der Name „ZAM“ – im bayerischen Dialekt bedeutet das „zusammen“ – ist Programm: Hier wächst alles zusammen und es entsteht eine vielfältige, offene Gemeinschaft. Städtebaulich wird ein multifunktionaler Quartiersansatz verfolgt.
Ein Gebäudeensemble in einzigartiger Architektursprache fast einen zentralen, urbanen Stadtplatz, verbindet sich über weitgestreckte Arkadenumgänge mit dem öffentlichen Raum und dient als Bühne für vielfältige Nutzungen und städtisches, modernes Leben. So entstehen attraktive Räume für Menschen, zum Wohnen und Arbeiten, sowie Flächen für Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie und Freizeit. Elementar ist es für dieses Konzept, kurze Wege zu ermöglichen: Bewohner und Berufstätige finden alles Wichtige vor Ort, dass erleichtert das Leben, reduziert Verkehr, schont Ressourcen und belebt das Quartier.
Der städtebauliche Ansatz verbindet dichte Bebauung mit großzügigen, qualitätvollen Frei- und Aufenthaltsflächen. Freiham vereint, was das Leben lebenswert macht: Bildung, Wohnen, Arbeiten und Freizeit an einem Ort – gelegen an einem Landschaftspark, mit einem modernen Schulcampus und direkter Anbindung an die S-Bahn und andere öffentliche Verkehrsmittel, alles perfekt aufeinander abgestimmt und verwoben.
Es gibt nicht viele neue Stadtteile in dieser Größenordnung. Was waren die größten Herausforderungen?
Michael Bentenrieder: Der Zeitpunkt war sicher eine der größten Herausforderungen: Wir haben die entscheidenden Phasen während Corona und inmitten geopolitischer Krisen durchlaufen. Und dann natürlich die schiere Dimension des Projekts. Mit dem ZAM haben wir ein komplexes Stadtteilzentrum auf der sprichwörtlichen grünen Wiese entwickelt. Das verlangt langfristige und vor allem vorrausschauende, strategische Planung, vielschichtige Kommunikation und Koordination. Wir konnten 2019 den Architektenwettbewerb zum Abschluss bringen und den einstimmig beschlossenen Siegerentwurf des renommierten Hamburger Architekturbüros Störmer Murphy und Partner dann in enger Abstimmung mit den Behörden und der Landeshauptstadt weiterentwickelt. Zeitlich musste alles präzise aufeinander abgestimmt sein: Allein unsere beiden Gebäude umfassen rund 90.000 m² Geschossfläche – und sie sind punktgenau in Nutzung gegangen.
Dass wir als ROSA-ALSCHER Group Entwicklung, Planung, Bau und Betrieb aus einer Hand leisten können, hat sich hier besonders ausgezahlt. Wir konnten schnell reagieren, Entscheidungen effizient treffen und flexibel auf Herausforderungen reagieren. Das alles funktioniert nur mit einem motivierten, erfahrenen Team und dem Einsatz modernster digitaler Werkzeuge. Und natürlich durch jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung städtebaulicher Strukturen und Großprojekte.
Wie nachhaltig kann man heutzutage ein komplett neues Stadtquartier planen und bauen?
Michael Bentenrieder: Ein neues Quartier zu entwickeln ist nicht nur eine Chance – es ist auch eine Verantwortung. Für uns bedeutet das, Nachhaltigkeit von Anfang an ganzheitlich mitzudenken. Das ZAM wird über das in Sichtweite befindliche Geothermiekraftwerk versorgt, auf den größtenteils begrünten Dachflächen befinden sich Photovoltaikanlagen, intensivbegrünte Innenhöfe deckeln die Sockelzonen des Einzelhandels. Regenwasser wird aufgefangen und z.B. zur Bewässerung genutzt, auch Fassaden sind teilweise begrünt und fördern das Microklima, Tierquartiere z.B. für Vögel sind in die Fassaden integriert und unterstützen die heimische Fauna. Die Gebäude sind nach modernen modernsten Effizienzstandards geplant, ausgeführt und zertifiziert.
Auch in Sachen Mobilität setzen wir auf Nachhaltigkeit: Das Quartier ist hervorragend an den ÖPNV angebunden, es gibt Car- & Bikesharing-Angebote, E-Ladestationen und komfortable Fahrradstellplätze. Im MK2.4 haben wir sogar hausintern Lastenfahrräder und eine Werkstatt für Fahrradreparaturen für die Bewohner integriert. Im MK2.3 stehen den Büronutzern großzügige Fahrradparkanlagen und Umkleiden mit Duschen zur Verfügung. Unsere beiden Baufelder, wurden als deutschlandweit erstes Quartier für das integrierte und nachhaltige Mobilitätskonzept mit dem Pre-Certified Good Mobility in Platin ausgezeichnet. Dieses 15-Minuten-Quartier leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende in München.
Städtebaulich hilft die Nutzungsdurchmischung, den Verkehr zu reduzieren – nahezu alles lässt sich zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Darüber hinaus haben wir auf langlebige Materialien und eine robuste Bauweise geachtet. Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch soziale Aspekte: qualitätsvoller Wohnraum zum angemessenen Preis, auch vollmöblierte Wohnungen haben wir im Angebot, wohnortnahe Arbeitsplätze und eine hervorragende, heterogene Versorgungssituation fördern stabile Nachbarschaften.
Welche Rolle spielen die unterschiedlichen Nutzungsarten im ZAM?
Michael Bentenrieder: Die Nutzungsmischung ist das Herzstück des ZAM. Es gibt rund 330 Wohnungen, Büroflächen, Einzelhandel und zahlreiche Gastronomieangebote. Highlights sind zum Beispiel ein großer REWE-Center mit Vinzenzmurr, ein TK Maxx – einer von nur zwei in München – sowie ein gut sortiertes Spielwarengeschäft. Auch Arztpraxen, Friseure, Beautystudios und Cafés gehören dazu. Die Kombination schafft Leben rund um die Uhr: Bewohner sorgen für Frequenz am Abend und an Wochenenden, Berufstätige, Schüler und Kunden tagsüber. Die Nahversorgung ist gesichert, aber auch Cafés und Restaurants mit Freisitzen unter den Arkaden tragen zur Aufenthaltsqualität bei. Wichtig war uns, dass sich die Nutzungen sinnvoll ergänzen – etwa durch gute Schallschutzkonzepte oder flexible Gebäudestrukturen. So entsteht ein vielfältiger und lebendiger Stadtbaustein.
Wie spiegeln sich die heutigen Erwartungen an die Nutzungen in der Architektur und Gestaltung wider?
Michael Bentenrieder: Die Menschen brauchen heutzutage hochwertige, flexible und nachhaltige Räume mit Identität – egal ob für Wohnen oder Arbeiten. Unsere Büroflächen sind flexibel gestaltbar und technisch auf dem neuesten Stand. Beim Wohnraum setzen wir auf gute hochwertige Materialien, freundliche öffentliche Bereiche und Freiflächen, großzügig und durchdachte Grundrisse und technischen Komfort wie zum Beispiel dezentrale Wohnraumlüftung, elektrisch ansteuerbare Verschattung und Glasfaseranschlüsse im Grundausbau.
Die Einzelhandelszonen im Erdgeschoss und dem 1.Obergeschoss wurden mit besonderer Sorgfalt und architektonischen Anspruch gestaltet: Die einzigartigen Arkadengängen aus eleganten Sichtbetonstützen und dreidimensional gewölbten GFB-Abhangdecken, Natursteinoberflächen und großzügig verglasten Fassadenflächen mit eloxiertem Aluminium. Das schafft Atmosphäre und Aufenthaltsqualität. Auch der öffentliche Raum soll hochwertig und barrierefrei gestaltet werden– mit viel Grün und urbanen Sitzgelegenheiten.
Die Architektur verbindet moderne Ästhetik mit Funktionalität und schafft Identität.
Wo stehen Sie bei der Realisierung heute?
Michael Bentenrieder: Ende 2024 konnten wir das neue Stadtteilzentrum offiziell feierlich eröffnen.
Erste Einzelhändler und Büroflächen konnten bereits im dritten Quartal die Nutzung aufnehmen. Die ersten Wohnungen wurden im November bezogen, mittlerweile sind 85% vermietet.Im Bereich Einzelhandel sind wir nahezu vollvermietet.
Der Großteil der Läden und Gastronomiebetriebe haben bereits geöffnet, der zentrale Platz füllt sich mit Leben. Auch die Büroflächen werden sukzessive, von namhaften Mietern bezogen. Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf.
Als Bestandshalter und Service-Developer begleiten wir nun den langfristigen Betrieb – mit aktivem Mietermanagement und nachhaltiger Bewirtschaftung. Gleichzeitig sind wir offen für neue Projekte in München, der Metropolregion und Nürnberg. Unser Fokus liegt auf Grundstücke mit Baurecht oder Bestandsobjekte mit Entwicklungspotenzial – idealerweise ab 4.000 bis 5.000 m² Fläche. Dabei denken wir flexibel: vom klassischen Ankauf bis zu Joint-Ventures oder Service-Entwicklungen. Unser Ziel bleibt es, lebenswerte Orte mit Substanz und Zukunft zu schaffen. Werte für Generationen.
Gastbeitrag: Michael Bentenrieder, Architekt und Head of Planning bei der ROSA-ALSCHER Group