26. April 2024

Geschichte und Theorie der Architektur als Bezugsrahmen für die eigene Auffassung

: Professor Ole W. Fischer in seiner Vorlesung Geschichte und Theorie der Architektur mit Studierenden / Foto: HBC

Biberach (pm) – Am Übergang von den Kulturen der Jäger und Sammler zu den Gemeinschaften aus bis zu Hunderten oder Tausenden von Menschen entstand: die Architektur. Denn als die Menschen im Überfluss lebten, schwere und sperrige Tontöpfe für ihre Vorräte formten und mit mehr Ballast reisten, ließen sie sich nieder und bildeten erste Ansiedlungen. Wer im Heute Architektur gestalten möchte, der muss diese Anfänge ebenso kennen wie die Entwicklung über die verschiedenen Epochen hinweg. „Die Architekturgeschichte bildet den Bezugsrahmen für die eigene Auffassung von Architektur“, sagt Professor Dr. Ole W. Fischer, der an der School of Architecture der Hochschule Biberach (HBC) das Lehrgebiet Geschichte und Theorie der Architektur übernommen hat.

Ole W. Fischer (*1974) studierte Architektur an der Bauhaus Universität Weimar und der ETH Zürich. Lehrerfahrungen sammelte er an der ETH, an der TU Graz sowie in den USA. So hatte er eine Gastprofessur an der Universitäten Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge, inne und war zuletzt Associate Professor an der University of Utah, Salt Lake City, bevor er in den Studiengang Architektur der HBC berufen wurde. In seiner Dissertation untersuchte er die programmatischen Übertragungen der Philosophie Friedrich Nietzsches in Theorie und Werk Henry van de Veldes (2002–08).

An der HBC lehrt er im Bachelor- wie im Masterstudiengang Architektur. Zunächst legt er mit seinen Vorlesungen den Grundstein für das Architekturverständnis der Studierenden. Denn wer sich beispielsweise im 3. Semester mit dem modernen Städtebau befassen möchte, der muss sich vorher mit der Moderne des 20. Jahrhunderts befasst haben. Auch geht es Ole W. Fischer um die Befähigung der Studierenden zur Reflexion und zum zeitgenössischen Diskurs. Basis dafür ist das Lesen, Schreiben und Diskutieren von Texten, so der Architekt. Die Denkanstöße dafür erhalten die Studierenden auch in anderen Seminaren, etwa wenn sie Gebäude interpretieren und Entwürfe diskutieren.

In seinen baugeschichtlichen Vorlesungen an der Biberach School of Architecture setzt Fischer auf die Kraft von Bildern. 80 bis 150 Abbildungen zeigt er in einer Vorlesungseinheit und verortet das Material zeitlich und örtlich. „So bilden sich Regeln und Ausnahmen heraus“, so Fischer, der diese Kontextualisierung für die wesentliche Befähigung hält, die er seinen Studierenden mitgeben möchte. Dabei wählt er eine Methodik, die er in den USA kennengelernt hat. Architekturgeschichte wird dort global gelesen, nicht wie in Europa lange Zeit üblich ausschließlich europäisch. Denn die Sesshaftigkeit der Menschen und damit die Architektur unterliege seit jeher allen Arten von weltweitem Austausch – in Politik, Handel, Religion. Nur mit dieser Perspektive gelänge es, die „europäische Überheblichkeit auszuhebeln“, die gerade im Westen oftmals vorherrsche, der sich „als Spitze einer Entwicklung betrachte“, so Professor Fischer.

Welchen Stellenwert haben die Geschichte und Theorie der Architektur im Master-Studium? Eine wesentliche, denn mit der Berufung von Ole W. Fischer hat die Hochschule Biberach ein neues didaktisches Konzept eingeführt. Die Studierenden wählen die Thesis frei und definieren das Thema für ihre Abschlussarbeit selbst. Dafür setzt sich das Master-Studium aus einem Theorie- und einem Entwurfsteil zusammen. Zunächst entwickeln die Studierenden, begleitet von Ole W. Fischer, eine wissenschaftlich-methodische Forschungsfrage, die sie ausarbeiten und zum Ende des ersten Semesters als Booklet vorlegen; im zweiten Master-Semester erfolgt dann die entsprechende Ausarbeitung im Entwurf, der die theoretische Erörterung in einem Gebäude oder Städtebau verortet. Die ersten so entstandenen Masterarbeiten werden in etwa einem Jahr zu sehen sein; im aktuellen Sommersemester werden die Booklets ausgearbeitet. „Die Masteranden gehen hinaus in die Welt, stellen Fragen und erarbeiten eine Antwort“, fasst Ole W. Fischer die Idee dieses besonderen Masterstudio zusammen.

Pressemitteilung: Hochschule Biberach