26. April 2024

„Frau Architekt. Seit über 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf“

Ausstellung von Baukultur Nordrhein-Westfalen zeigt Architektinnen hinter den Bauwerken

Elisabeth von Knobelsdorff, Hans Schmidt und Therese Mogger (v.l.n.r.) im Zeichensaal der Technischen Hochschule in München, ca. 1907. Therese Mogger wurde in München und später an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg, wo beide Frauen ihr Studium fortsetzten, nur der Status einer Gasthörerin zugestanden. Elisabeth von Knobelsdorff erwarb hingegen 1911 als erste Frau in Deutschland den Grad einer Diplom-Ingenieurin. Foto: © Privatbesitz

Oberhausen (pm) – Bereits seit mehr als 100 Jahren sind Frauen in Deutschland im Architektenberuf erfolgreich tätig. Und trotzdem sind bis heute die Architektinnen hinter ihren Werken oft unsichtbar. Da setzt das Museum der Baukultur Nordrhein-Westfalen mit der Ausstellung „Frau Architekt. Seit über 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf“ an: Sie präsentiert berufliche Werdegänge sowie vorbildliche Bauten von Architektinnen, zeigt damit Vorbilder, ermöglicht Identifikation und macht Mut, den Beruf zu ergreifen. Die Ausstellung möchte den Frauen hinter ihren Werken ein Gesicht verleihen.

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt von Baukultur Nordrhein-Westfalen mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Gezeigt wird „Frau Architekt“ von 12. August bis 2. Oktober 2020 im Haus der Architekten in Düsseldorf.

Charakteristische Werdegänge historischer Architektinnen

Die Ausstellung in Düsseldorf besteht aus zwei Bereichen. Bereits 2017 konzipierte das DAM in Frankfurt die Ausstellung „Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren Frauen in der Architektur“. Aus dieser umfangreichen Ausstellung präsentiert das Museum der Baukultur neun historische Architektinnen, deren Werdegänge und Tätigkeitsfelder charakteristisch sind für die Zeit vom späten Kaiserreich bis in die 1970er Jahre. Aus der Frankfurter Ausstellung wurden vor allem Frauen ausgewählt, die eng mit der Architekturszene in NRW verbunden waren.

Therese Mogger (1875-1956) war nicht nur als Architektin tätig, sondern auch als Bauherrin, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Trotz neuer Forschung steht Lilly Reich (1885-1947) immer noch im Schatten von Mies van der Rohe. Dabei schuf sie gelungene Markenauftritte für die Vereinigten Seidenwebereien in Krefeld, und ihre Möbelentwürfe sind heute Design-Klassiker. Merete Mattern (1941-2007) beteiligte sich 1966/ 1967 am internationalen städtebaulichen Wettbewerb für Ratingen-West. Ihren Beitrag feierte die Zeitschrift Bauwelt als den einzigen visionären Entwurf unter den 132 Einreichungen. Maria Schwarz (1921-2018) gilt bis heute vor allem als „Gralshüterin“ des Werkes ihres Mannes Rudolf Schwarz. Dabei führte sie das Büro ab 1961 als selbständige Architektin mit einer Vielzahl von eigenen Aufträgen. Ellen Birkelbach (1924-2011) unterhielt über 50 Jahre ein eigenes Büro für Innenarchitektur und schuf nicht nur ikonische Ausstattungen für das Café Heinemann sowie die Kundenhallen und Chefetagen der Deutschen Bank und Dresdner Bank auf der Königsallee in Düsseldorf. Sie prägte darüber hinaus eine ganze Generation von heute tätigen Innenarchitektinnen.

Aktuelle Positionen von Architektinnen aus NRW

Ein zweiter, vom Museum der Baukultur neu kuratierter und gestalteter Ausstellungsteil beschäftigt sich mit der aktuellen Situation von Architektinnen aus NRW. 20 Projekte veranschaulichen die Arbeit und die architektonischen Haltungen von 20 Architektinnen. Mittlerweile sind Frauen, anders als in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in allen Bereichen und Typologien der Architektur tätig: Die Projekte umfassen Hochhäuser, prestigeträchtige Kulturbauten, exklusive Wohnhäuser als Gesamtkunstwerke, Store-Konzepte für große Marken, städtebauliche Konzepte, Bundesgartenschauen und nachhaltige Gestaltung von Freiräumen mit multifunktionalen Aufgaben. Ein Schwerpunkt liegt immer noch im Wohnungsbau. Sicherlich ist dies auch dem aktuellen gesellschaftlichen Bedarf geschuldet, aber der Fokus hat sich verändert: Es geht um neue Wohnungstypologien und Konzepte, die gemeinsam mit den Nutzern entwickelt werden. In der Forschung stehen Fragen der Nachhaltigkeit im Umgang mit Materialien im Fokus, aber auch bauliche Techniken in Ländern außerhalb Europas.

Bei all diesen Erfolgen und Maßstäbe setzenden Projekten ist es schwer verständlich, warum viele Architektinnen so unsichtbar bleiben. Heute erreichen mehr Architektinnen als früher leitende Positionen als Partnerinnen in Architekturbüros, als Baudezernentinnen und als Hochschullehrerinnen. An dem ungleichen Geschlechterverhältnis ändern solche Karrieren jedoch bislang noch wenig: Nur 31 Prozent des aktiven Berufsstandes sind zurzeit Frauen.

 

FRAU ARCHITEKT Seit über 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf

Ein Kooperationsprojekt von Baukultur Nordrhein-Westfalen mit dem Deutschen Architekturmuseum und der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Laufzeit: 12. August – 2. Oktober 2020

Ausstellungsort: Haus der Architekten, Zollhof 1, 40221 Düsseldorf

Öffnungszeiten: Mo – Do: 10 – 17 Uhr; Fr: 10 – 13 Uhr, Eintritt frei
Kuratoren: Mary Pepchinski, Christina Budde, Wolfgang Voigt: DAM-Ausstellung;

Ursula Kleefisch-Jobst: aktuelle Positionen aus NRW
Der Ausstellungsteil zu den Architektinnen in Nordrhein-Westfalen wird fachlich begleitet durch Vertreterinnen der Architektenkammer NRW, des BDA NRW, des BDB NRW und der architektinnen initiative nrw.

Ausstellungsgestaltung und -grafik: Mario Lorenz, Lars Staack, Wiesbaden/ Berlin, deserve.de

Zur DAM-Ausstellung erschien ein Katalog im Wasmuth Verlag.

Führungen: 15. & 23. September, jeweils 17.30 Uhr

 

Diskussionsveranstaltungen

Di., 15.9., 19 Uhr – Frauen im Architekturberuf: innovativ, mutig – und doch nicht sichtbar. Mit Robert Franken, Blogger und Feminist; Karin Hartmann, freie Journalistin; Riklef Rambow, Psychologe und Hochschullehrer für Architekturvermittlung; Claudia Roggenkämper, Architektin und Partnerin bei HPP Architekten

Mi., 23.9., 19 Uhr – Von der erfolgreichen Studentin zur unsichtbaren Architektin! Ein offenes Gespräch über Realitäten und Vorstellungen in Ausbildung und Beruf – mit Student*innen und Dozent*innen, Architekt*innen, Stadtplaner*innen sowie interessierten Gästen. Moderation: Peter Köddermann, Baukultur Nordrhein-Westfalen

 

Hinweis: Aufgrund der Corona-Pandemie kann an den jeweiligen Veranstaltungen und Führungen nur eine begrenzte Personenzahl teilnehmen. Wir bitten um verbindliche Anmeldung mit Namen, Adresse und Telefonnummer unter: info@baukultur.nrw . Die Veranstaltungen werden im Livestream übertragen. Weitere Infos dazu finden Sie rechtzeitig auf www.baukultur.nrw . Der Besuch der Ausstellung ist nur nach Anmeldung vor Ort möglich.

Pressemitteilung: Baukultur Nordrhein-Westfalen