12. Oktober 2025

EU will Wohnkrise mit mehr Kohäsionsmitteln bekämpfen

Brüssel (abki) – Als Reaktion auf die Wohnkrise in der EU haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments heute einen Bericht verabschiedet, der stärkere und gezieltere Maßnahmen zur Bewältigung des dringenden Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum in der EU fordert.

In dem Bericht über die Rolle von Kohäsionsinvestitionen bei der Lösung der Wohnkrise, der mit 32 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen angenommen wurde, betonen die Abgeordneten die Notwendigkeit einer engeren Verzahnung der Wohnpolitik mit der Kohäsionspolitik der EU. Zu den zentralen Vorschlägen gehört die Verdopplung der Mittel für bezahlbaren Wohnraum im Rahmen der Kohäsionspolitik. Außerdem fordern die Abgeordneten die Einführung kohäsionspolitischer Ziele für öffentlichen, gemeinnützigen, sozialen, bezahlbaren und genossenschaftlichen Wohnraum. Zudem solle ein „ausgewogeneres Verhältnis“ zwischen der Förderung von Neubauten und energetischen Sanierungen angestrebt werden.

Bezahlbarer und krisenfester Wohnraum solle laut dem Parlament eine strategische Priorität im nächsten Finanzrahmen nach 2027 sein – einschließlich der Förderung von Renovierungen und katastrophensicherem Bauen. Der Anwendungsbereich wohnungsbezogener Kohäsionsinvestitionen soll auf Wasserverbrauchseffizienz und Sanierung ausgeweitet werden. Prioritäten im Bereich des bezahlbaren Wohnens sollen vollständig (100 %) kofinanziert und mit einer außergewöhnlichen Vorfinanzierung versehen werden.

Starke Rolle für lokale Akteure

Der Bericht fordert Partnerschaften und eine aktive Einbindung lokaler und regionaler Behörden bei der Planung und Umsetzung von Projekten. Eine Zentralisierung auf nationaler Ebene solle vermieden werden – unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedarfe in den EU-Regionen. Lösungen müssten sowohl der Abwanderung in manchen Regionen als auch der Überbevölkerung in anderen entgegenwirken und dabei auch die besonderen Bedürfnisse von Inseln sowie abgelegenen und äußersten Regionen berücksichtigen.

Außerdem fordern die Abgeordneten die Kommission auf, „standardisierte Beihilferegelungen“ vorzuschlagen, um Unterstützungsmaßnahmen für Wohnraum schnell vereinbaren zu können. Es solle zudem gemeinsame EU-Kriterien geben, wer Anspruch auf bezahlbaren und sozialen Wohnraum mit Unterstützung aus den Kohäsions- und Sozialfonds hat. Die Europäische Investitionsbank solle eine spezielle Investitionslinie zur Finanzierung von Wohnungsbau und -sanierung schaffen und dabei mit lokalen Behörden zusammenarbeiten, um Kohärenz mit den Kohäsionsfonds sicherzustellen.

Ausgewogenheit zwischen öffentlichem Wohnungsbau und öffentlich-privaten Partnerschaften

Der verfügbare Wohnungsbestand solle mit einem ausgewogenen Ansatz optimiert werden – durch die Unterstützung öffentlicher Investitionen und sozialer Wohnungsanbieter sowie durch Förderung öffentlich-privater Partnerschaften. Die Abgeordneten sprechen sich außerdem für weniger Bürokratie für lokale Behörden aus.

Das Parlament fordert zudem stabile und langfristige Investitionsbedingungen, die Mieterrechte schützen, Verdrängung in angespannten Wohnungsmärkten verhindern und spekulative Investitionen etwa durch Einschränkungen bei schnellen Wiederverkäufen unterbinden.

Der Bericht spricht sich auch für gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen von Obdachlosigkeit aus – etwa durch die Förderung des „Housing First“-Modells. Im nächsten EU-Haushalt sollen „robuste Mittel“ zur Beendigung von Obdachlosigkeit, zur Bekämpfung unzureichender Wohnverhältnisse und zur Minderung von Energiearmut bereitgestellt werden.

Zitat

Nach der Abstimmung sagte Berichterstatter Marcos Ros Sempere (S&D, Spanien):
„Wir befinden uns mitten in einer schweren Wohnkrise, die alle betrifft – insbesondere aber junge Menschen und sozial benachteiligte Gruppen. Wir zeigen mit der Kohäsionspolitik einen Weg auf, wie ein öffentlicher Wohnungsbestand in der EU aufgebaut werden kann – mit einer ambitionierten und robusten Finanzierung. Diese Investitionen müssen zudem Nachhaltigkeits- und Energieeffizienzstandards erfüllen. Wir müssen Obdachlosigkeit bekämpfen und sicherstellen, dass Menschen in Städten und ländlichen Gebieten unter Druck ein Bleiberecht haben.“

Hintergrund

Zwischen 2015 und 2023 stiegen die durchschnittlichen Immobilienpreise in der EU um 48 % – verursacht durch steigende Baukosten, höhere Hypothekenzinsen, begrenztes Bauangebot und zunehmende Immobilieninvestitionen. Im Jahr 2023 lagen die Wohnkosten bei über 40 % des verfügbaren Einkommens für mehr als 10 % der städtischen Haushalte und 7 % der ländlichen Haushalte – ein deutliches Zeichen für gravierende Probleme bei der Leistbarkeit. Gleichzeitig waren im Jahr 2024 rund 1,3 Millionen Europäer:innen – darunter 400.000 Kinder – von Obdachlosigkeit betroffen.

Im aktuellen EU-Haushaltszyklus 2021–2027 wurden 7,5 Milliarden Euro an Kohäsionsmitteln für den Wohnungsbau bereitgestellt, vor allem für Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Wohnbereich.

Quelle: European Parliament (Original:The EU can tackle the housing crisis with more robust cohesion funding), Hilfsmittel: KI, Lektorat: Architekturblatt