18. April 2024

Eine Agenda für die Wärmewende

Freiburg (pm) – Damit der Gebäudebereich bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden kann, muss der Wärmebedarf der Gebäude sinken, die Wärmeversorgung CO2-frei gestaltet werden und der Einsatz von Fernwärme steigen. Dafür sind neue Politikinstrumente nötig, die das Öko-Institut gemeinsam mit dem Hamburg Institut im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität und der Agora Energiewende entwickelt hat.

Dazu gehören unter anderem ambitioniertere Wärmeschutzmaßnahmen an der Gebäudehülle, der schnellere Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme sowie ein anspruchsvoller Ausbau der netzgestützten Wärmeversorgung. Sämtliche Maßnahmen der „Agenda für die Wärmewende“ müssen sehr zügig eingeleitet werden – angesichts der sehr langen Investitionszyklen im Gebäudesektor wird die kommende Legislaturperiode zur Schlüsselperiode zum Gelingen der Wärmewende.

Breiter Instrumentenmix notwendig

Um Gebäude zu heizen, kommen heute hauptsächlich Öl und Gas zum Einsatz – hier muss der Umstieg auf Wärmepumpen und Fernwärme mit erneuerbaren Energien gelingen. Um schneller aus den fossilen Energien beim Heizen auszusteigen, schlägt die Studie vor, die Installation neuer Heizölkessel schon 2023 statt erst 2026 zu verbieten und das Verbot auf Gaskessel auszuweiten.

Mit einem stetig und deutlich steigenden CO2-Preis sowie reformierten Abgaben, Steuern und Umlagen bei den Energiepreisen, können Wärmepumpen auch in bestehenden Gebäuden selbst dann eine attraktive klimafreundliche Alternative zur Öl- und Gaskesseln werden, wenn sie in nur teilsanierten Gebäuden eingesetzt werden.

Stärkung des Ordnungsrechts

Der vorgeschlagene Instrumentenmix weist dem Ordnungsrecht eine aktivere Rolle zu. Regelungen wie ambitioniertere Anforderungen an Neubauten und an die Sanierung von Gebäuden sowie die Einführung von Mindesteffizienzstandards zielen darauf ab, mehr Sanierungen von Gebäuden umzusetzen. Gleichzeitig beschreibt die Studie, wie Fördermöglichkeiten so umgestaltet werden sollten, dass Gebäudeeigentümer und -eigentümerinnen ihren Sanierungsanforderungen besser nachkommen können und dabei gleichzeitig die Klimaschutzziele erreichen.

Gleichzeitig muss die Wärmewende sozial abgefedert werden. Dazu sollte vor allem die Umlage der CO2-Preise auf Mieterinnen und Mieter begrenzt werden, so dass der CO2-Preis anteilig vom Vermieter zu tragen ist. Denn erst so setzt der CO2-Preis den Klimaschutzanreiz bei denjenigen, die über eine Sanierung entscheiden.

Kommunen mit wesentlicher Rolle bei der Umsetzung

Die Wärmewende bedarf einer koordinierten strategischen Planung, die schwerpunktmäßig in den Kommunen verortet ist. Wird die Fernwärmeinfrastruktur weiter ausgebaut, die Fernwärmeerzeugung auf klimafreundliche Quellen umgestellt und gleichzeitig Teile der Gasverteilnetze stillgelegt, müssen die verschiedenen Schritte aufeinander abgestimmt werden.  Auch wird der Untergrund zunehmend an Bedeutung gewinnen: für die Erschließung oberflächennaher und Tiefen-Geothermie sowie für die Wärme- und Kältespeicherung. Auch dies erfordert Koordination und Planung in den Kommunen.

Die Studie schlägt deshalb vor, in allen Kommunen eine strategische Wärmeplanung einzuführen, um sie so bei der Umsetzung der klimaneutralen Wärmeplanung zu unterstützen. Kommunen sollen zudem stärker als bisher in die Lage versetzt werden, mit einer lokalen Wärmepolitik ihre Wärmepläne umzusetzen. Hierzu muss der kommunalpolitische Instrumentenkasten erweitert werden. So sollen Kommunen beispielsweise gegenüber Energieversorgern und Eigentümern und Eigentümerinnen die Inhalte der kommunalen Wärmepläne verbindlich festsetzen können oder Wärmenetze auf ihrem Gemeindegebiet gegen einen angemessenen Kaufpreis erwerben können.

Wo steht der Klimaschutz im Gebäudebereich heute?

Der Gebäudesektor emittiert heute rund 120 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (Mio. t CO2e) pro Jahr – etwa 16 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz müssen die Emissionen des Sektors bis zum Jahr 2030 auf 70 Mio. t CO2e sinken. Das verschärfte Klimaziel der EU sowie der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz vom 24. März 2021 werden aller Voraussicht nach zu einem noch ambitionierteren Minderungsziel führen.

Pressemitteilung: Öko-Institut e.V.