1. Mai 2024

„Echte Freiwilligkeit“ – Werkstattverfahren bei Projektentwicklung LUXWERK in der Berliner Siemensstadt

Gastbeitrag – Ein 116.000 Quadratmeter großes Areal mit geltendem Baurecht für gewerblich-industrielle Nutzungen, und Pläne dafür von fünf Architekten, die sich gegenseitig Feedback geben: Der Projektentwickler AVENTOS hat in der Berliner Siemensstadt freiwillig ein kooperatives Werkstattverfahren zum Projekt LUXWERK durchgeführt. Wir sprachen mit Dr. Karim Rochdi, Managing Partner von AVENTOS.

Herr Dr. Rochdi, sind kooperative Werkstattverfahren in der Entwicklerlandschaft eher Regel oder Ausnahme?

Die Verfahren gibt es dann, wenn die Kommune in der Position ist, sie zu fordern. Von Entwicklern geht der Impuls meist nur dann aus, wenn durch ein Werkstattverfahren zusätzliche Nutzfläche im Baurecht generiert werden soll. Oder eine höherwertige Nutzung. Die Ausnahme sind Fälle, wo eine echte Freiwilligkeit vorherrscht. Also kein Druck von der Kommune kommt und kein wirtschaftlicher Zwang beim Entwickler vorherrscht, ein bestehendes Baurecht ändern zu müssen.

Was spricht für echte Freiwilligkeit?

Es ergibt doch im Sinne der Stadtentwicklung und auch aus Entwicklersicht keinen Sinn, Projekte gegen den Willen der Stakeholder zu entwickeln. Warum kein konsensuales Vorgehen, bei dem man die Interessen der Beteiligten frühzeitig zusammenbringt und dialog- und kompromissbereit ist? Das muss und kann natürlich nicht immer ein Werkstattverfahren sein wie bei unserem LUXWERK in der Siemensstadt. Man kann auch je nach Fall und Planungsgebiet freiwillig dem Gestaltungsbeirat im Gemeindesaal die Ideen für ein Projekt vorstellen und sich so ein frühes Feedback einholen. Meiner Meinung nach ist der Dialog immer einer der besten Wege zu besseren Ergebnissen. Besser für die Stadt, aber auch besser für die Nutzer. Alle bekommen am Ende mehr Qualität.

Wie viel Zeit haben Sie durch das Werkstattverfahren in der Siemensstadt verloren?

Wir hatten ein dreistufiges Verfahren. Nach der ersten Stufe, wo alle Architekten voreinander und vor dem Bezirk und den Denkmalschützern präsentiert haben, gab es noch zwei Überarbeitungsphasen. Insgesamt hat das über ein halbes Jahr gedauert. Aber weil wir parallel verschiedenste Dinge abgearbeitet haben wie beispielsweise den Rückbau von kleineren, nicht planungs- und denkmalrelevanten Nebengebäuden, haben wir nur etwa drei Monate wirklich verloren, wenn man das Wort hier verwenden möchte.

Inwiefern haben sich die Planungsqualitäten durch das Verfahren geändert?

Ein Entwurf hat auf progressive Weise ein Hochhaus vorgeschlagen. Jeder im Raum hat sofort gespürt, dass darüber eine Adressbildung auf dem Areal stattfinden kann, und entsprechend haben dann auch tatsächlich die vier weiteren Architekten die Idee eines Hochpunkts für die zweite Phase aufgegriffen. Ohne das Verfahren mit einer gewissen Schwarmintelligenz wäre die Idee eines Hochpunkts vielleicht nie derart kultiviert worden. Der Ort hätte eine Qualität versäumt, die er nun erhalten wird. Es werden außerdem sechs weitere Gebäude mit zusammen 60.000 Quadratmetern neu entstehen. Außerdem wird der vorhandene historische Komplex denkmalgerecht instandgesetzt und modernisiert. Er wird nach Abschluss der Baumaßnahmen weitere 16.000 Quadratmeter für Gewerbenutzungen umfassen.

Vielen Dank!

Dr. Karim Rochdi (c) AVENTOS

Quelle: AVENTOS Management GmbH | K. Rochdi