Magdeburg (pm) – Die Mitgliedsunternehmen der wohnungswirtschaftlichen Verbände in Sachsen-Anhalt bewirtschaften rund 330.000 Wohnungen und geben damit mehr als 650.000 Menschen ein sicheres und bezahlbares Zuhause. Aktuell stehen die Wohnungsunternehmen vor den größten Herausforderungen der letzten 30 Jahre: eine anhaltend negative Demografie führt zu schrumpfender Bevölkerung und steigenden Leerständen, die Energiepreissteigerungen bei Fernwärme, Gas und Strom belasten Mieter wie Vermieter in erheblichem Maße, Investitionen sind aufgrund Baukostensteigerungen und hohen Zinsen erschwert. Begleitet wird diese Entwicklung von einer völlig fehlgeleiteten und weltfremden Fördermittelpolitik des Bundes, die in dieser Form für die Unternehmen in Sachsen-Anhalt unbrauchbar ist.
Auf dem gemeinsamen Verbandstag der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt am 04.09.2024 im Maritim Hotel Magdeburg stellten die Verbandsdirektoren Jens Zillmann für den Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V. (VdW) und Dr. Matthias Kuplich für den Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V. (VdWg) die aktuellen Schwerpunktthemen vor:
Energiewende
Die Preise für Wärme und Strom haben sich deutlich verteuert und verharren auf hohem Niveau, was zu Erhöhungen der Betriebskostenvorauszahlungen der Mieter führt. Wir sind in großer Sorge, dass die Kosten für Strom und Wärme durch die beschlossene Energiewende weiter ansteigen und damit die Belastung der Mieterhaushalte zunimmt. Der Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern, das Abschalten der Atomkraftwerke und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien ohne parallelen Netzausbau und Schaffung von grundlastfähigen Gaskraftwerken birgt große Finanzierungs- und Kostenrisiken!
Ob und wie die Investitionen der Energiewende in Wärmepumpen und Photovoltaik sowie die Dekarbonisierung finanziert werden sollen und zugleich wirtschaftlich darstellbar sind, ist aktuell völlig offen. Aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist eine Korrektur der ideologisch geprägten Ziele und eine zeitliche Streckung der Energiewende dringlich geboten!
Bevölkerungsentwicklung und Demografie
Die aktuellen Prognosen zeigen für Sachsen-Anhalt einen Rückgang der Bevölkerung bis 2035 von bis zu 17 %, insbesondere in strukturschwachen Regionen des ländlichen Raums. Dies führt zu weiterhin ansteigenden Leerständen, denen nur durch Rückbau einerseits und Investitionen in zukunftsfähige Bestände andererseits begegnet werden kann. Dies bedingt jedoch einen deutlichen Umbau der Fördermittelpolitik in Bund und Land. Die bisherigen Ankündigungen des Bundes zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Stärkung des ländlichen Raums blieben alle ohne Ergebnis, denn eine finanzielle Unterlegung der angekündigten Maßnahmen findet und fand nicht statt. Um Wohnen auch im ländlichen Raum in Zukunft modern und bezahlbar zu ermöglichen, sind staatliche Zuschüsse unabdingbar. Wir fordern von Bund und den Ländern eine höhere Aufmerksamkeit für diese Entwicklungen.
Die von der Bauministerkonferenz bereits im April 2022 beschlossene Aufstockung der Städtebauförderung auf EUR 1,50 Mrd. ist vom Bund endlich auch umzusetzen. In Sachsen-Anhalt muss Städtebau- und Wohnungsbauförderung inhaltlich neu ausgerichtet und finanziell deutlich besser ausgestattet werden.
Flüchtlingsunterbringung
Bereits 2015/2016 waren die Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften maßgeblich an der Unterbringung und Integration der Kriegsflüchtlinge aus Syrien beteiligt. Der humanitären und gesellschaftlichen Verantwortung, geflüchteten Menschen aus den Kriegsregionen der Ukraine eine würdige Unterkunft zu ermöglichen, ist die Wohnungswirtschaft gleichfalls nachgekommen und hat mehr als 4.200 Wohnungen hergerichtet und rd. 10.000 Kriegsflüchtigen mit Wohnraum versorgt. Gemäß ihrer sozialen Verantwortung haben die Wohnungsunternehmen unbürokratisch und sozial gehandelt.
Da die eigenen Ressourcen nun aber erschöpft sind, ist der Bund in der Verpflichtung, finanzielle Mittel für die Flüchtlingsunterbringung für die Unternehmen bereitzustellen und die Kommunen bei der Integrationsarbeit zu unterstützen.
Bezahlbarkeit des Wohnens
Die Bezahlbarkeit des Wohnens steht in Zeiten hoher Energiekosten, schwacher Konjunkturdaten, ständig steigender warmer und kalter Betriebskosten, Investitionen der Energiewende mit weiter steigenden Mieten und hohen Lebenshaltungskosten mit Verzehr des Haushaltseinkommens an erster Stelle für die Menschen in unserem Land. Mit einer durchschnittlichen Kaltmiete von EUR 5,48/qm stellen wir sozialverträglichen Wohnraum zur Verfügung. Die Zukunftsaufgaben der energetischen und demografischen Modernisierung lassen sich daraus aber nicht finanzieren und es besteht dringender Bedarf zur Erhöhung der eigenen Kaltmieten. In diesem Spannungsfeld erwarten die Wohnungsunternehmen eine bessere finanzielle Unterstützung durch Bund und Land.
Fördermittelpolitik der Bundesregierung und des Landes Sachsen-Anhalt
Scharf kritisieren die Verbände die einseitige Ausrichtung der Bundespolitik auf den Neubau von 400.000 neuen Wohnungen in Ballungsräumen mit angespannten Wohnungsmärkten, die mit Blick auf die Baufertigstellungen und Baugenehmigungen weit verfehlt wird. Für die überwiegende Zahl der Städte in Sachsen-Anhalt ist der Neubau von Sozialwohnungen überhaupt nicht zielführend und notwendig, sondern vielmehr die Konzentration der Förderung auf den Bestand. Die energetische Sanierung und die altersgerechte Modernisierung der vorhandenen Wohnungsbestände müssen daher im Mittelpunkt stehen! Bei knapp 30.000 leerstehenden Wohnungen ist ein Teilrückbau von Wohnungen in Kombination mit energetischer und demografischer Modernisierung der Schlüssel zur Lösung.
Quelle: Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V.