Berlin (pm) – Mit dem Abschluss der parlamentarischen Beratungen zum Bau-Turbo hat die Bundesregierung das erste große Projekt im Bereich des Wohnungsbaus umgesetzt. Auch wenn derzeit nicht das Bauland das Problem darstellt, sondern es an Bauwilligen mit einer Baufinanzierung mangelt, ist dies ein wichtiger Schritt. Denn während Finanzierungsbedingungen bei entsprechendem politischem Willen schnell auf Bundesebene veränderbar sind, braucht es für die Veränderung im Bauplanungsrecht einen breiten gesamtgesellschaftlichen Konsens. Diesen herzustellen, hat einige Zeit in Anspruch genommen.
Nachdem die Baulandkommission ihre Ergebnisse bereits 2019 vorgelegt hatte und ein entsprechendes Gesetzesvorhaben der Ampelregierung zunächst gescheitert war, wurde nun endlich eine Lösung gefunden. Die Änderung des Baugesetzbuches, die voraussichtlich im November 2025 in Kraft treten wird, sieht vor, dass Wohnungsbauvorhaben ohne Bebauungsplan, mit Abweichungen vom Bebauungsplan oder ohne Einfügen in die vorhandene Bebauung umgesetzt werden können, sofern die Gemeinde nicht innerhalb von drei Monaten widerspricht.
Diese nicht einklagbare Zustimmungsfiktion ist ebenso wie die befristete Geltung der Erleichterungen ein wichtiger Teil des gefundenen Kompromisses, stellt aber auch dessen Schwachpunkt dar. Der baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jan-Marco Luczak, beschreibt die Situation wie folgt: „Wir setzen auf starke Bürgermeister vor Ort, die mitziehen und den Bau-Turbo zünden.” Denn der Bundestag kann den Kommunen zwar alle Mittel bereitstellen, um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu beheben, nutzen müssen diese die Kommunen aber selbst.
Gründe für das „große Besteck“ gibt es inzwischen zur Genüge. Ein oft übersehener Grund betrifft die Veränderung der Wohnformen und Wohnungsbaumöglichkeiten.
Alternative zum klassischen Ein- und Zweifamilienhausbau
Als im Jahr 1999 zuletzt die Marke von 400.000 fertiggestellten Wohneinheiten erreicht wurde, entfielen etwa 170.000 Wohneinheiten auf den Bau von Mehrfamilienhäusern und etwa 230.000 auf Ein- und Zweifamilienhäuser. Im Jahr 2024 entstanden von den 257.600 Wohnungen in neuen Gebäuden 160.000 in Mehrfamilienhäusern, jedoch nur noch 93.700 in Ein- und Zweifamilienhäusern. Gerade in Ballungszentren ist damit ein Ventil zur Entlastung des Wohnungsmarkts verstopft.
Offensichtlich wird der Druck auf dem Mietwohnungsmarkt in den Mehrfamilienhäusern auch deshalb nicht gemindert, weil im Umland vorwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut werden könnten, diese Wohnform aus Kosten- oder Bedürfnisgründen aber nicht mehr ausreichend nachgefragt wird.
Der Bau-Turbo mit seinen Möglichkeiten des Bauens ohne Bebauungsplan, des Abweichens von einem Bebauungsplan oder des Abweichens von der vorhandenen Bebauung schafft nun die alternative Möglichkeit für den Bau von kleinen Mehrfamilienhäusern mit vier bis sechs Wohneinheiten. Dies könnte derzeit besser den Bedürfnissen der alternden Einfamilienhausbesitzer und der ins Umland strebenden jungen Familien entsprechen.
Gerade wenn die Grundstücks- und Baukosten die Errichtung von Einfamilienhäusern zu teuer werden lassen, wäre die Zusammenlegung von Grundstücken und der Bau kleiner Mehrfamilienhäuser in Einfamilienhausgegenden ein möglicher Kompromiss zur Kostensenkung für den einzelnen Erwerber oder späteren Mieter.
Diese Überlegungen zu alternativen Wohnformen im Umland kann man sicherlich durch Gutachten tiefgreifend untersuchen. Man könnte es auch einfach mal machen. Der Bau-Turbo sorgt jedenfalls dafür, dass das Bauplanungsrecht dem nicht mehr im Wege steht. Die Kommunen sollten das eröffnete Experimentierfeld nutzen. Daher: „Starke Bürgermeister – bitte übernehmen Sie!“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM)