26. April 2024

Der neue Innovationsstadtteil Grasbrook: Flächenherrichtung startet mit dem Abbruch der Bestandsgebäude und der Aufhöhung der Flächen im Moldauhafenquartier (vormals Überseezentrum)

Hamburg (pm) – Die Entwicklung des neuen Innovationsstadtteils Grasbrook kommt in eine entscheidende Phase: Als nächster großer Schritt startet im Juli der Abbruch des ehemaligen Überseezentrums, später folgen die Kampfmittelsondierung und die Aufhöhung des Geländes auf ein hochwassergeschütztes Niveau (9,70 über NormalNull). Auf der frei geräumten und vorbereiteten Fläche entstehen in den kommenden Jahren eine Parklandschaft, circa 3.000 Wohnungen, frei finanziert und gefördert, für Genossenschaften und Baugemeinschaften sowie circa 16.000 Arbeitsplätze. Mit neuen Einkaufsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen, vielfältigen Sport- und Freizeitangeboten und einem großen zentralen Park wird der Grasbrook zusammen mit der Veddel konzipiert, als „10-Minuten-Stadtteil“ der kurzen Distanzen, in dem alles Wesentliche zu Fuß erreichbar sein wird. Im Sommer 2021 schließt das von der Stadt beauftragte Planungsteam Herzog & de Meuron und Vogt Landschaftsarchitekten die so genannte Funktions- und Freiraumplanung ab, die das Gesamtbild des Stadtteils Grasbrook in den Grundzügen bestimmen wird. Darauf bauen später die Grundstücksanhandgaben und die hochbaulichen Architekturwettbewerbe auf. Ab 2023 kann voraussichtlich mit dem Bau der ersten Gebäude und des Parks begonnen werden.

Der neue Stadtteil Grasbrook am Südufer der Elbe wird heute noch geprägt durch die großen Lagerhallen des ehemaligen Überseezentrums. Ab 1962 waren für den Bau der Hallen große Teile des Moldauhafens zugeschüttet worden. Das 1967 fertig gestellte Überseezentrum galt mit circa 150.000 m² offenen und 100.000 m² überdachten Lager- und Büroflächen damals als größter Sammel- und Verteilerschuppen für Stückgut der Welt. Ursprünglich ragte das große Schleppdach über die Wasserflächen des Moldauhafens hinaus. Erst ab 1975 wurden schrittweise auch die Flächen unter dem Dach aufgeschüttet und eine Hochwasserschutzwand gebaut. Seit 2016 sind die zuletzt von der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) Logistics GmbH betriebenen Lagerhallen des Überseezentrums nicht mehr in Nutzung.

Im September 2017 wurde durch den damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz die Idee eines neuen Stadtteils Grasbrook in der Kombination von verbleibender Hafen- und neuer Stadtnutzung erstmals öffentlich vorgestellt. Im September 2019 startete der internationale Wettbewerbliche Dialog zur städtebaulichen und freiraumplanerischen Ideenfindung für den neuen Stadtteil, die durch einen intensiven öffentlichen Beteiligungsprozess begleitet wurde und im April 2020 abgeschlossen wurde.

Ehemaliges Überseezentrum macht Platz für einen großen Park und Wohnungen – Neue Dachkonstruktion erinnert an das alte Schleppdach

Die umfangreichen Maßnahmen der Flächenherrichtung beginnen am 8. Juli 2021 mit dem Abbruch der Bestandsgebäude im nördlichen Teil des Gebiets, darunter das achtgeschossige Büro- und Verwaltungsgebäude sowie das große Schleppdach im Süden des Gebiets. Dafür kommen so genannte „Longfront“-Bagger in Einsatz, die eine Reichweite von bis zu 35 Metern haben. In den weiteren Phasen folgen dann kleinere Gebäude im Westen und zum Schluss die zentralen Lagerhallen des Überseezentrums selbst. Der prägnante Schriftzug „Überseezentrum“ wird sorgfältig sichergestellt, um ihn ggf. in einer späteren Nutzung wieder einzusetzen. Außerdem werden weitere wertvolle Materialien zum Recycling für die spätere Nutzung sichergestellt, darunter eine Vielzahl von Stellconplatten und 6.000 m2 Schlackesteine.

Weitere besondere Herausforderungen bestehen bei der sich an den Abbruch anschließenden Kampfmittelsondierung, da es sich bei den Verdachtsflächen zu einem großen Teil um ehemalige, nach dem Krieg verfüllte Wasserflächen handelt, die mit mehr als 13 Metern besonders tief liegen. Zum Schluss wird das gesamte Gelände auf ein hochwassergeschütztes Niveau aufgehöht. Die gesamten Arbeiten dauern bis Juni 2024 an. Die Kosten belaufen sich auf rund 24 Mio. Euro (Abbruch 7 Mio. Euro; Kampfmittelfreimachung 10 Mio. Euro; Erdbau 7 Mio. Euro).

Die Hallen des ehemaligen Überseezentrums, insbesondere das große Schleppdach, das nicht denkmalgeschützt ist, wurden im Rahmen des Wettbewerblichen Dialogs Grasbrook und der öffentlichen Beteiligung (u.a. „Grasbrook Werkstätten“, Juni 2018 bis Februar 2019) zum Thema gemacht. Ein möglicher „Umgang mit Bestandshallen“ wurde daraufhin als eines der Ergebnisse des Beteiligungsprozesses in die Aufgabenstellung der Wettbewerbsauslobung aufgenommen. Alle zwölf internationalen Planungsteams schlugen in ihren städtebaulichen und freiraumplanerischen Entwürfen eine neue Interpretation des Daches als Neubau auf hochwassergeschütztem Niveau vor.

Zugleich prüfte die HafenCity Hamburg GmbH im Rahmen einer ingenieurstechnischen Studie im Januar 2020 einen möglichen (Teil-) Erhalt der historischen Dachkonstruktion. Die Untersuchung ergab, dass die aus den 1960er Jahren stammende Tragkonstruktion in erheblichem Maße baufällig und schadstoffbelastet ist und daher nicht erhalten werden kann. Auch die einzelnen Träger entsprechen nicht mehr den heutigen statischen Anforderungen und sind nicht dafür geeignet, in die neue Dachkonstruktion integriert zu werden. Moderne Photovoltaikanlagen könnten von den alten Bauteilen nicht getragen werden.  Darüber hinaus ergab eine städtebauliche Überprüfung der Situation, dass die Lage des historischen Dachs (circa 100 Meter von der Kaikante des Moldauhafens entfernt) sehr ungünstig inmitten des heutigen Planungsgebiets liegt. Die Realisierung des großen Parks und der angrenzenden großzügigen Wohninseln wären bei einem Erhalt des Dachs an der historischen Stelle nicht möglich gewesen. Da das umliegende Gelände nach dem Warftprinzip im Vergleich zu den heutigen Flächen um rund fünf Meter angehoben wird, um den notwendigen Hochwasserschutz zu erhalten, hätten die Stützen des alten Dachs quasi „eingegraben“ werden müssen. Die Fläche unter dem Dach wäre dann für viele Zwecke zu niedrig gewesen.

Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH: „Der Beginn der Abbruchmaßnahmen und Flächenfreimachung ist ein wichtiges Symbol für den Aufbruch nach vier Jahren intensiver Vorbereitung mit Planung und Beteiligung, und das zuletzt unter den erschwerten Corona-Bedingungen. Jetzt werden die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Stadtteilentwicklung auf der Südseite der Norderelbe geschaffen, rechtzeitig, um dadurch auch Innovationsimpulse für Hamburgs Stadt- und Wirtschaftsentwicklung zu setzen.“

Im Laufe der sich an den Wettbewerb anschließenden Funktions- und Freiraumplanung wurde das Quartier Moldauhafen weiter gedacht und optimiert: Die Wohninseln sind im Vergleich zum vorherigen Entwurf jetzt großzügiger gestaltet, der Park wird in seiner imposanten Größe an den Moldauhafen gerückt. Das neue Dach wird rund 180 Meter lang sein, erhält ein nutzbares Warftgeschoss und eine Dachfläche mit Photovoltaikanlagen. In direkter Verlängerung der neuen Veddeler Brücke bildet die Dachkonstruktion als städtebauliches Zeichen einen eindrucksvollen Eingang zum Stadtteil. Mit vielfältigen gewerblichen und nachbarschaftlichen Nutzungen, die noch näher zu definieren sind, kann das Dach außerdem zu einem wichtigen sozialen Kristallisationspunkt der Nachbarschaft zur Veddel werden.

Pressemitteilung: HafenCity Hamburg GmbH