Wellheim (pm) – Eine denkmalgeschützte Immobilie zu sanieren, erfordert nicht nur einige Erfahrung mit dem Bauen, sondern auch ein besonderes Verständnis für den Umgang mit historischer Bausubstanz. Astrid und Gerold Weber aus Achern haben beides. Die Solarexperten aus der Ortenau beschäftigen sich seit vielen Jahren nicht nur beruflich mit nachhaltigem Bauen – generell ist es ihnen wichtig, im Einklang mit der Natur zu leben und Projekte, die ihnen am Herzen liegen, dementsprechend umzusetzen. Ihr erstes großes Sanierungsprojekt haben die Webers bereits 2011 in Achern realisiert, als sie das denkmalgeschützte alte Heizhaus der Illenau zu Wohnzwecken umbauten: Schon damals setzen sie Lignotrend-Deckenbauteile ein und waren begeistert vom edlen Design der Sichtholzoberflächen und der exzellenten Raumakustik. So ist es nicht verwunderlich, dass die im Schwarzwald hergestellten Brettsperrholz-Allrounder auch im jüngsten Bauprojekt der Webers – einem Haus-im-Haus-Konzept für die denkmalgeschützte Alte Reithalle Achern – wieder einen festen Platz bekommen haben.
Bauen im Bestand – aus Überzeugung und Leidenschaft
In Deutschland werden jährlich rund 14.000 Gebäude abgerissen, 53% des Abfallaufkommens besteht aus Bauschutt. Global gesehen sind mehr Materialien in Bestandsgebäuden verbaut als in Rohstoffen vorhanden. Doch es sprechen nicht nur Zahlen und Klimaschutzargumente für Umnutzung statt Neubau: „Der Reiz beim Bauen im Bestand liegt für uns auch darin, Altes wertzuschätzen und es mit neuen Elementen in ein spannendes Verhältnis zu setzen“, sagen Astrid und Gerold Weber. „Außerdem lieben wir Baustellen und sind tatsächlich leicht unruhig geworden, als unser erstes Denkmalprojekt 2011 abgeschlossen war“, erinnert sich das engagierte Paar. Aus dem ehemaligen Heizhaus der Acherner Illenau ist in der Tat ein Schmuckstück geworden, das in den Jahren nach der Sanierung mit einigen Architektur-Auszeichnungen bedacht wurde. Daran wollten die Webers gerne anknüpfen. Vor allem aber an die guten Kontakte von damals – zu den Fachplanern, Handwerkern, Zulieferern wie Lignotrend und zur Denkmalbehörde, die den engagierten Bauherren von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite standen.
„Seit 2014 etwa waren wir wieder auf der Suche nach einer neuen Sanierungs-Herausforderung“, so Astrid Weber weiter. Nur knapp fünf Kilometer vom eigenen Büro entfernt wurden sie fündig: Dort dämmerte die denkmalgeschützte, 1946 als Teil der örtlichen Offiziersschule erbaute Alte Reithalle im Dornröschenschlaf vor sich hin – seit dem Abzug der französischen Streitkräfte in den 1990er Jahren ungenutzt und verlassen. „Schnell haben wir gegenüber der Stadt Achern unser Interesse an dem Denkmal bekundet“, berichtet Gerold Weber. Doch erst sechs Jahre später sollte es zum Kauf kommen, nachdem auch noch andere Kaufinteressenten vor dem städtischen Bauausschuss ihre Konzepte für eine mögliche Neunutzung vorstellen durften. Dass die Webers dann tatsächlich den Zuschlag bekamen, freut und verwundert sie heute noch: „Denn wir hatten bis dahin noch keinen Architekten an der Hand, sondern stellten einfach mit einem selbst gemachten, riesigen Arbeitsmodell unsere Ideen vor“, lacht Astrid Weber. Doch die waren so gut, um die Stadt zu überzeugen: Die Webers wollten das Aussehen der denkmalgeschützten Gebäudehülle nicht verändern und neue Gebäudefunktionen wie Wohnen und Arbeiten – in einem Haus-im-Haus-Konzept unterbringen.
In der 25 x 65 Meter großen Halle selbst blieb trotzdem noch viel Platz für Gewerbe, Gastronomie und Ausstellungen. So ist ein überdachter, wettergeschützter „Marktplatz“ entstanden – mit offenen Ständen, einem Unverpacktladen, einem Blumengeschäft, einem Buchladen sowie einer Konditorei mit Café. Er steht den Bürgerinnen und Bürgern von Achern ganzjährig als Treffpunkt zur Verfügung.



Haus-im-Haus-Konzept in moderner Holzbauweise
Kurz nach dem Kauf kam Architekt Michael Welle zur Planung dazu, bis die Bauprofis Weber die Funktion als Bauleiter wieder selbst übernahmen. Welle ist es zu verdanken, dass die Ideen der Bauherren Realität annehmen konnten und mit insgesamt 1.600 m2 die Acherner Architekturlandschaft gelungen bereichern. Insgesamt drei komfortable Maisonette-Wohnungen à 160 m² für Familien sowie fünf vermietbare Büroeinheiten konnte der Architekt in „Holzboxen“ unterbringen, die er in die Halle einstellte. Ohne baulich in die Gebäudehülle einzugreifen, nutzte er die vorhandenen großen Hallentore und Fensteröffnungen im Bestand zur Belichtung und Belüftung – was sich als recht knifflige Entwurfsaufgabe herausstellte: „Wir wollten die Halle nicht mit Funktionen vollstopfen, sondern den historischen Charakter des Gebäudes außen wie innen erlebbar belassen“, erklärt Welle. Außerdem sollte auch in den Büros und Wohnungen der offene Loft-Charakter erkennbar sein. „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ fasst der Architekt die Entwurfsidee zusammen. Ein Credo, das auch für den Holzeinsatz beim Projekt gilt. Gerold Weber ergänzt: „Dass wir Holz einsetzen wollten, war von Anfang an klar. Holz sieht nicht nur einladend aus und wirkt gemütlich, sondern passt auch in unsere Region in der Nachbarschaft des Schwarzwalds. Und: Holzbau hilft beim Klimaschutz. Vor allem, wenn man das Naturmaterial wie hier sehr bewusst einsetzt“. So entschied sich Michael Welle beim eingestellten Holzbau für eine wirtschaftliche Mischkonstruktion: Die konventionell errichteten Holzständerwände ergänzte er mit exakt für die Bauaufgabe konfigurierten und materialeffizient konzipierten Brettsperrholz-Deckenbauteilen von Lignotrend.
Formstabile Gesamtpakete mit Multifunktion
Verantwortlich für die Holzbauarbeiten war der Zimmereibetrieb des Holzbauspezialisten Erich Armbruster aus Haslach im Kinzigtal, mit dem die Webers bereits seit Jahrzehnten zusammenarbeiten und der die Lignotrend-Bauweise bestens kennt – sie ob ihrer vielen Fähigkeiten als Gesamtdecken sogar als „alternativlos“ bezeichnet: Die massiven und doch materialeffizienten Lignotrend-Holzbauteile vereinen Statik, endfertige Holzansicht und Raumakustik in einem. Sie sind natureplus-zertifiziert und damit baubiologisch einwandfrei, garantieren Brand-, Wärme- und Schallschutz und können auch für große Spannweiten dimensioniert werden. Da Schallabsorber bereits ab Werk in die Elemente integriert werden, sparen Bauherren Aufwände wie z.B. additive Akustikpaneele von Anfang an ein, die bei anderen Bauweisen zusätzlich anfallen würden.
„Ligno-Decken haben den großen Vorteil, dass man sie für den jeweiligen Einsatzzweck und die damit verbundenen notwendigen Kompetenzen präzise konfigurieren und vorproduzieren lassen kann“, bestätigt Michael Welle. „In unserem Fall waren das die raumakustische Wirksamkeit, die schönen, hochwertigen Echtholzoberflächen sowie die Möglichkeit große Deckenspannweiten realisieren zu können – und all das bei verhältnismäßig geringer Bauteilhöhe“. Für die Deckenkonstruktionen setzten die Planer die Elemente LIGNO® Rippe Q3 Akustik ein. Im Bereich der bis zu zehn Meter frei spannenden Decken in den Büros im OG wurden diese Rippenelemente durch eine erhöhte Elementvariante ersetzt, mit denen die großen Räume schnell und wirtschaftlich ohne Unterzüge überdeckt werden konnten.
In den Wohnungen hingegen wurden die Lignotrend-Rippenelemente teilweise auf Stahlstützen und -unterzüge aufgelegt. Wo aus gestalterischen Gründen oder wegen zu geringer Raumhöhe notwendig, verbarg man die Träger in der Elementebene, indem die dafür benötigten Schlitze im Werk ins Flächenbauteil eingearbeitet wurden.
Besonders relevant war bei den neuen Holzboxen in der Reithalle der Schallschutz: Die Geräusche aus der belebten Markthalle mussten von den Büros und Wohnungen gut abgeschirmt werden. Außerdem war ein guter Trittschallschutz innerhalb der Decken zwischen OG und EG gefordert. Auch diesbezüglich konnte mit den Brettsperrholz-Rippenecken eine gute Qualität erreicht werden: Eine Kalksplitt-Schüttung in ihren Hohlräumen trägt dazu bei, auch tieffrequente Gehgeräusche zu unterbinden. „Die einzige Schwierigkeit war“, so berichtet Erich Armbruster, „dass wir die großen Decken-Bauteile nicht über das Dach per Kran in die Halle transportieren konnten, sondern mit einer provisorischen Kranbahn arbeiten mussten, weil das Dach ja stets geschlossen war. Auf der anderen Seite aber erleichterte der Wetterschutz das Aufstellen der Wände und vor allem den Einbau der Decken mit ihren Oberflächen in Sichtqualität.“
Aus Erfahrung gut
„Auch in unserem eigenen Büro haben wir die Akustik-Leistendecken aus dem Schwarzwald verbaut,“ sagt Astrid Weber. „Wir kennen die gute Qualität somit aus eigener Erfahrung. Es war uns sehr wichtig, dass auch die Mieter und Pächter von den Vorteilen der Elemente profitieren“. Sie weiß: In einem Büro ohne raumakustischen Ausgleich ist konzentriertes Arbeiten schwierig. Ein Café, in dem man entweder sein eigenes Wort nicht versteht oder alle Gespräche am Nebentisch deutlich mitbekommt, besucht man womöglich kein zweites Mal. Und auch in den Wohnungen, wo die großen Toröffnungen zu Fensterflächen wurden, ist ein raumakustischer Ausgleich für das schallharte Material unerlässlich. „All das konnten wir mit den Lignotrend-Decken erreichen – einmal ganz abgesehen vom edlen Design der profilierten Echtholzoberflächen in heller, astfreier Weißtanne“, so die Unternehmerin.
Die Reithalle beweist: Alt und neu nebeneinander, das kann architektonisch sehr spannend und dabei doch harmonisch wirken. Das zeigt sich vor allem im Dach: Hier waren viele der mächtigen, hallenüberspannenden Holz-Binder stark beschädigt und mussten vom Zimmereibetrieb durch Nachbauten ausgetauscht werden. Optisch wurden sie aber nicht angeglichen, sodass Original und Ersatz deutlich erkennbar bleiben. Auch die neu eingestellten Holzkörper stehen in schönem Kontrast zu den alten Bruchsteinmauerwänden des Bestandes, wo lediglich schadhafte Fugen erneuert, alle anderen Gebrauchsspuren aber sichtbar bleiben durften. Die Original-Fenster und -Tore konnten die Bauherren ebenfalls erhalten. Sie wurden ausgebaut und aufbereitet wieder eingesetzt.
Beim Energiekonzept konnten Astrid und Gerold Weber dann ihre eigene Expertise als Solarunternehmen einbringen. Alle relevanten Elemente werden in der Markthalle offen zur Schau gestellt: das kleine Blockheizkraftwerk mit dem riesigen Warmwasserpufferspeicher, die angeschlossene Pelletheizung und auch das Pellet-Silo. Durch bündig in das neue Dach eingelassene, lichtdurchlässige Photovoltaikelemente wird der Innenraum zusätzlich belichtet. Der Boden der Halle wurde aus Beton neu gegossen und ist gegen das Erdreich hin gedämmt. Er beinhaltet eine Betonkernaktivierung: „So kann der Hallenboden bei Bedarf temperiert werden und der Aufenthalt ist auch im Winter angenehm“, erklärt Gerold Weber.
Insgesamt haben die Webers für ihr Engagement in Achern viel Lob und Anerkennung bekommen – den begehrten Hugo-Häring-Architekturpreis für den Umbau der Alten Reithalle mit eingeschossen. Erst kürzlich fand mit dem Denkmalamt eine größere Delegation gemeinsam mit der baden-württembergischen Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi, den Weg nach Achern. Denn: Baudenkmäler wie die Alte Reithalle gibt es einige im Land. Wie man diese künftig erhalten und neu nutzen kann, wollten die Besucher gerne 1:1 erleben. Ihr Ergebnis: Nachahmung ausdrücklich empfohlen!
Pressemitteilung: LIGNOTREND Produktions GmbH, Text: Iris Darstein-Ebner © architekturkontext, Stuttgart