Saarbrücken (pm) – Die Bundesregierung will die Vergabeverordnung (VgV) ändern. Wegen eines laufenden Rechtstreits mit der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg will der Bund einen kleinen aber wichtigen Satz (§ 3 Abs. 7 S. 2 VgV) in der jetzigen Vorschrift streichen. Künftig müssten dann bereits bei Projekten mit viel kleinerem Kostenvolumen als bisher die Planungsleistungen weitestgehend europaweit ausgeschrieben werden.
Die bisherige Regelung in der Verordnung sah vor, dass für die Ermittlung der finanziellen Grenze, die festlegt, ab wann eine Ausschreibung national oder europaweit erfolgen muss, Auftragswerte gleichartiger Leistungen herangezogen wurden. Waren die jeweiligen Auftragswerte unter der EU-Schwelle (aktuell rund 215.000 Euro Honorar netto), konnten die Leistungen nach nationalem Recht vergeben werden. Waren einzelne Auftragsvolumina höher, wurden nur diese europaweit ausgeschrieben. Für die restlichen Auftragswerte, die darunterlagen, genügte nach wie vor eine nationale Ausschreibung.
Künftig sollen nun jedoch die Honorare aller Planungsleistungen in einem Projekt addiert werden, auch wenn die Leistungen völlig unterschiedliche Fachbereiche betreffen, also z.B. Architektur, Statik, Haustechnik, Baugrundgutachten etc. Wenn diese Honorare alle zusammengenommen diesen Schwellenwert überschreiten, müssen die Leistungen jeweils europaweit ausgeschrieben werden.
„Wenn in Zukunft die einzelnen Auftragswerte der unterschiedlichen Planer zusammengezählt werden müssen, hat das große Auswirkungen auf alle öffentlichen Auftraggeber. Das würde zukünftig zu einer großen Häufung von Fällen führen, bei denen Planerleistungen europaweit ausgeschrieben werden müssten. Für Bund, Länder, Landkreise, Städte und Gemeinden ist das verglichen mit der jetzigen Regel ein enormer bürokratischer Mehraufwand“, so Bauminister Reinhold Jost.
Der Minister weiter: „Durch die zusätzlichen, aufwändigen und langwierigen Verfahren werden Projekte länger dauern, es entstehen höhere Bürokratiekosten und wertvolle Fachkräftekapazitäten werden durch die Verfahren gebunden, die besser in die Projekte gesteckt würden.“
Letztlich belastet dies nur die Behörden und die betroffenen Unternehmen, ohne dass ein Mehrwert entsteht.
Es geht dabei nicht um große Projekte. Bereits bei einem Bauvolumen von ca. 650.000 Euro kann es künftig passieren, dass für Planungsleistungen eine Vergabe nach dem aufwändigeren Verfahren erfolgen muss. Bisher lag diese Grenze mit rund 2,5 Mio. Euro deutlich darüber. Das heißt: Selbst kleinere Sanierungen oder Umbauten an Schulen, Kitas, Feuerwehrhäusern oder Sporthallen, die bisher nach dem einfacheren nationalen Recht vergeben werden konnten, werden künftig teurer und länger dauern.
„Unsere Kommunen müssen in den nächsten Jahren den Sanierungsstau bekämpfen, ihre Gebäude für den Klimawandel umrüsten und energetisch sanieren und neue gesetzliche Aufgaben in der Bildung erfüllen“, so Bauminister Reinhold Jost. „Wenn Bauen schneller gehen und bezahlbarer werden soll, läuft diese Rechtsänderung absolut in die falsche Richtung.“
Das Änderungsvorhaben hat auch eine regionalwirtschaftliche Bedeutung. Die Struktur der Planungsbüros in Deutschland ist mittelständisch geprägt und – gerade im Saarland – eher kleinteilig. Für solch kleine Büros, die fachlich durchaus sehr leistungsfähig sein können, wird der Bürokratieaufwand bei der Beteiligung an Vergabeverfahren erheblich steigen.
Pressemitteilung: Ministerium für Inneres, Bauen und Sport des Saarlandes
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