14. Oktober 2025

bulwiengesa Projektentwicklerstudie 2020: Signale für einbrechende Neubautätigkeit

14. PROJEKTENTWICKLERSTUDIE DEUTSCHE A-STÄDTE 2020

Berlin (pm) – Die Projektentwicklerstudie 2020 zeigt: Die Projektentwicklungen von Wohnungen in den sieben A-Städten gehen um 2,9 Prozent zurück – und das, obwohl Bestandshalter wie städtische Wohnungsunternehmen kräftig weiterbauen. Zugleich ist auch das Flächenwachstum bei Wirtschaftsimmobilien deutlich zurückgegangen. Damit deuteten bereits vor der Corona-Krise alle Zeichen auf eine Stagnation hin.

Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa: „Binnen zehn Jahren, zwischen 2010 und 2020, haben allein die klassischen Projektentwickler ihre Flächen in den sieben deutschen A-Städten um rund 30 Prozent gesteigert. Und dennoch reichte das Volumen nicht aus, die Nachfrage nach Wohnungen und Büros zu decken. Und nun stehen wir vor einer Rezession, die voraussichtlich eine tiefe Zäsur für den Projektentwicklungsmarkt sein wird.“

Schwaches Wachstum in den sieben A-Städten

Im aktuellen Studienjahr 2020 wächst die Projektfläche mit 1,1 Prozent (ca. + 500.000 qm) nur noch schwach. Zum Vergleich: Im vorletzten Studienjahr wuchs der Markt für Projektentwicklungen in den sieben A-Städten um 4,2 Prozent, im letzten Jahr wurde für das betrachtete Jahr 2018 ein Zuwachs von satten 7,2 Prozent festgestellt.

Studienleiterin Ellen Heinrich: „Die Detailbetrachtung zeigt: Der Projektentwicklermarkt driftet deutlich auseinander. Zwar wachsen die Entwicklungen für den Eigenbedarf, die sogenannten Investor Developments, noch um 5,4 Prozent. Dagegen ist der klassische Projektentwicklermarkt (Trading Developments) zum ersten Mal seit Beginn der Studienreihe vor 14 Jahren zurückgegangen. Für den Weiterverkauf wurden gegenüber dem Vorjahr 1,9 Prozent weniger Flächen entwickelt. Die Trader Developer ziehen sich zurück.“

Mit der Studie 2020 wird das Projektentwicklungsvolumen von Trading- und Investor-Development-Projekten zusammen analysiert. Investor-Development-Projekte werden seit 2016 für die Studie erhoben.

Weniger Wohnen

Für die Projektentwickler verliert das Wohnsegment in den sieben A-Städten weiterhin deutlich an Attraktivität. Bei den klassischen Projektentwicklern waren die Flächen 2018 und 2019 schon konsequent rückläufig. Nun hat sich dieser Trend mit sehr deutlichen –1,16 Mio. qm bzw. –6,8 Prozent extrem verstärkt. Bezieht man auch die Projektflächen der Investor Developer wie beispielsweise der städtischen Wohnungsunternehmen mit ein, die in den A-Städten auch weiterhin wachsen, ergibt sich ein Rückgang im Wohnungsmarkt von immer noch deutlichen 719.000 qm bzw. –2,9 Prozent. Seit der ersten Projektentwicklerstudie vor 14 Jahren ist das der erste Rückgang im Wohnungsbau.

Ellen Heinrich: „Dieser Trend gilt nur für die gemeindescharf abgegrenzten sieben A-Städte. Diese Entwicklung darf aber gerade im Wohnsegment nicht mit einem bundesweiten Trend gleichgesetzt werden. Wohnprojektentwickler bleiben dem deutschen Wohnungsmarkt weiter treu, sie sind nur deutlich seltener mit Wohnprojekten direkt in einer der A-Städte aktiv.“

Gebremster Boom der Wirtschaftsimmobilien

Nach wie vor planen und entwickeln die Projektentwickler bevorzugt Wirtschaftsimmobilien, allen voran Büros. Die Akteure reagieren damit seit Jahren auf die sehr guten Rahmenbedingungen: hohe und steigende Büroflächennachfrage in Märkten mit niedrigen bis sehr niedrigen Leerstandsquoten. Das gilt auch für die aktuelle Studienerhebung. Vorvermietungen in der Bau- oder gar Planungsphase waren zum Erhebungsstichtag (31.12.2019) für Büroflächen kein Problem.

Über alle A-Städte beträgt 2019 das Büroflächenwachstum 16,0 Prozent. Vor allem Berlin trägt zum Büroflächenzuwachs bei. Mit 1,04 Mio. qm (+24,2 Prozent) ist das ein herausragend hoher Wert, auch wenn die Hauptstadt den überaus starken Flächenzuwachs der vergangenen drei Jahre nicht mehr erreichen konnte. Generell koppelt sich Berlin von der Gesamtentwicklung ab: Während in nahezu allen anderen A-Städten das gesamte Projektentwicklungsvolumen stabil oder rückläufig ist, wächst es in Berlin weiterhin.

Andreas Schulten: „Berlins Erfolg dürfte ab jetzt am meisten gefährdet sein. Besonders Einzelhandels-, Hotel- und Büroimmobilien werden nun sehr empfindlich auf die Rezession reagieren.“

Top 10 der Marktakteure

Die Projektentwickler sowie Bestandshalter sind, trotz aller Widrigkeiten, weiterhin schwerpunktmäßig im Wohnsegment aktiv. Insgesamt beträgt die Projektfläche 6,4 Mio. qm, davon entfallen 62 Prozent auf das Wohnsegment. Mit dem neuen Ranking über den Gesamtmarkt hinweg sind nun unter den Top 10 auch klassische Bestandshalter und Eigennutzer zu finden.

In der Studie sind weitere Rankings nach Strategie (Investor/Trading Development) und Segment dargestellt.

Einzelhandel und Hotel vor enormen Umbrüchen

Nach einer kurzen Verschnaufpause im Vorjahr mit stabilen Projektflächen ist das Segment Einzelhandel im Studienjahr 2020 weiter auf dem Rückzug. Für den Einbruch brauchte es nicht die Corona-Krise: Die Flächenvolumina brachen um 267.000 qm bzw. –12,1 Prozent ein. Dies zeigt den weiterhin starken Strukturwandel in diesem Segment. Der Anteil der Planungen an den Gesamtprojekten ist im Einzelhandelssegment der geringste.

Das Hotelsegment verlor zum Stichtag 31.12.2019 bezüglich der Projektentwicklungsflächen an Schwung. Lediglich 70.000 qm mehr Projektfläche als 2019 konnte am Gesamtmarkt gemessen werden. Das ist im Vergleich zu den Vorjahren (mit 287.000 bzw. 513.000 qm) wenig. Die Marktbedingungen für das Hotelsegment haben sich an manchen Märkten bereits 2019 eingetrübt. Stellenweise wurde schon damals ein Überangebot befürchtet. Generell bot dieses Segment aber zum Erhebungsende auch noch der aktuellen Studie einiges an Potenzial und weckte weiterhin das Interesse sowohl bei Betreibern als auch Investoren und damit auch bei den Projektentwicklern.

Befragung unter Projektentwicklern: Verzögerungen ja, Abbruch nein

Aus einer nicht-repräsentativen Kurzumfrage (Stichtag 27.03.2020) unter den 23 größten und wichtigsten Projektentwicklern geht hervor: Die Corona-Krise wird aus Sicht der Mehrheit (76 Prozent) zu Verzögerungen bei Projekten am Bau führen. Fast jeder Zweite geht zudem davon aus, dass sich konkrete Planungen verschieben werden, auch wenn bereits eine Baugenehmigung vorliegt; fehlt diese, glauben sogar 68 Prozent an verzögerte Planungen. Immerhin sind 84 Prozent sicher, dass es nicht zu Abbrüchen ihrer Projekte kommen wird.

Die Gründe für diese Einschätzungen liegen auf der Hand: Probleme bei der Verfügbarkeit von Mitarbeitern der Sub-Unternehmen und Engpässe bei den Lieferketten können auf den Baustellen zu Verzögerungen führen. Auch die Genehmigungen werden regulatorisch auf neue Grundlagen gestellt werden und ziehen neue Projektplanungen weiter in die Länge. Möglich ist auch, dass eine zeitweilig oder gar dauerhaft rückläufige Nachfrage Projekte verzögern kann.

Andreas Schulten: „Das alte neue Thema Grundstückspreise wird in den A-Städten ein wichtiger Schlüssel für eine schnelle Renaissance von Projektentwicklungen sein. Politik und Öffentlichkeit sollten diesen Markt besonders in den Fokus nehmen, etwa über die lokalen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte. Der Grundstücksmarkt in den A-Städten war auch schon in den Vorjahren maßgeblich verantwortlich für wenig Angebot bei hoher Nachfrage.“

 

Über die Studie „Der Markt für Projektentwicklungen in den deutschen A-Städten 2020“

Das unabhängige Analyse- und Beratungsunternehmen bulwiengesa hat zum 14. Mal den Markt für Projektentwicklungen in den sieben deutschen A-Städten Berlin, München, Hamburg, Frankfurt/Main, Düsseldorf, Köln und Stuttgart untersucht. Auf Basis von über 5.000 einzelnen Projekten wurden die Struktur und das Volumen des Projektentwicklermarktes analysiert und städteweise ausgewertet. Dabei wurde der Fokus auf die Nutzungsarten Büro, Wohnen, Einzelhandel und Hotel gesetzt. Die komplette Studie wird Anfang April verfügbar sein und kann ab dem 31. März vorbestellt werden.

Pressemitteilung: bulwiengesa