23. April 2024

BIM-Monitor 2022: Ist Deutschland bereit für Digitalisierung im Bau?

Düsseldorf/Stuttgart (pm) – Um teure Planungsfehler und Zeitverzögerungen im Bau zu minimieren, setzt die Bundesregierung auf Digitalisierung: Die Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM, soll für maximale Transparenz und Planungssicherheit sorgen. Für öffentliche Infrastrukturprojekte ist BIM bereits seit zwei Jahren verbindlich, ab Ende des Jahres gilt die Vorschrift auch für Hochbauten des Bundes. Trotz dieser Vorgaben nutzt ein Großteil der Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen und Installationsfirmen die digitale Planungsmethode noch nicht. Warum das so ist, das untersucht der BIM-Monitor 2022 des Düsseldorfer Marktdatenspezialisten BauInfoConsult. Darin wurden über 300 Firmen telefonisch zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen zum Thema BIM befragt. Der Monitor liefert valide Ergebnisse, die André Friedel, BIM-Experte des auf Bau und Immobilien spezialisierten Beratungsunternehmens Drees & Sommer SE, mit den unternehmensweiten Erfahrungen aus über 400 BIM-Bauprojekten kommentiert.

„Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass BIM einen guten Ruf in der Branche hat, aber oftmals noch nicht ausschöpfend angewendet wird,“ fasst Alexander Faust, Marktanalyst bei BauInfoConsult die Daten der diesjährigen Erhebung zusammen. Erfahrungen mit BIM haben von 300 Befragten nur vier von fünf Nutzerinnen und Nutzern aus den Planungsunternehmen ab 5 und den Bau- und Handwerksfirmen ab 10 mitarbeitenden Personen vorzuweisen – also nur 20 Prozent arbeiten aktuell aktiv mit BIM.

Dabei liegen die Vorteile klar auf der Hand. BIM bündelt als eine Methode der vernetzten Zusammenarbeit alle relevanten Daten in einem digitalen Modell, dem digitalen Zwilling des Bauwerks. Da alle wesentlichen Bauakteure in Modellen arbeiten, stehen die dort verarbeiteten Informationen wiederum allen zur Verfügung. Ändert ein Planer beispielsweise den Gebäudegrundriss ab, können die anderen Projektbeteiligten ihre Fachplanung unmittelbar darauf anpassen. Und passen die Entwürfe nicht mehr zusammen, werden diese Kollisionen nicht erst während des Bauprozesses bemerkt, wo sie zu teuren Zeitverzögerungen führen“, erklärt Faust.

Bislang ist BIM bei Infrastrukturprojekten des Bundes verpflichtend und soll ab Ende 2022 auch bei Hochbauten des Bundes bindend eingesetzt werden. Auch besteht in Deutschland seit dem 1. Januar 2021 eine BIM-Pflicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. In den skandinavischen Ländern, in den USA, Kanada und auch in den Niederlanden oder Österreich ist das Bauen mit BIM viel weiter. Doch warum sind die Akteure auf dem deutschen Markt noch so zögerlich und was kann helfen, damit BIM noch mehr Fahrt aufnimmt? Die Zahlen des BIM-Monitors 2022 zeigen deutlich, dass die bisherigen BIM-Nutzerinnen BIM anwenden, weil es von den Kunden so gewünscht ist (36 Prozent), um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein (30 Prozent) oder auch, um interne Prozesse zu optimieren (30 Prozent).

(c) BauInfoConsult GmbH

 

André Friedel, BIM-Experte bei Drees & Sommer, sieht in den Ergebnissen ein klares Zusammenspiel von Push- und Pullfaktoren: „Die Markterfordernis und die Notwendigkeit, wettbewerbsfähig zu bleiben, lösen den Change aus. Optimierung der internen Prozesse und der Bauabläufe sind dann die konsequente Folge und fast schon ein Mitnahmeeffekt.“

Kunden müssen BIM gezielt einfordern

„Aktuell scheint die Nachfrage- und Kapazitätskrise in der Bauwirtschaft die BIM-Verbreitung noch zu hemmen“, sagt auch Alexander Faust. Er geht davon aus, dass bei einer wieder erstarkten Marktnachfrage sich die Verbreitung von BIM in der Arbeitspraxis wieder verstärkt ausweiten wird. Das belegen auch die Zahlen:

Wenn BIM als Methode vom Auftraggeber gewünscht ist, sagen 32 Prozent der jetzigen BIM-Nicht-Nutzer, dass sie BIM einführen würden – auch um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein (20 Prozent) oder auch generell auf Druck des Marktes (20 Prozent). Immerhin 21 Prozent erkennen an, dass BIM zu einer Optimierung der Bauabläufe führt.

(c) BauInfoConsult GmbH

 

Als Vorteile von BIM gelten also insbesondere die verbesserte Qualität, Effizienz und Kooperation in Projekten. Als Hemmnisse sehen die Befragten neben dem Investitionsaufwand die Komplexität des Themas, die für erhöhten Schulungsaufwand sorgt. Denn die größten Hürden für den Einstieg in BIM liegen mittlerweile weniger an technischen Voraussetzungen, sondern vor allem in den dafür notwendigen Veränderungen der Betriebsabläufe und der Mitarbeiteraufgaben. Dabei sind bei den geschätzten oder geplanten Investitionen in BIM die Investitionen in Soft- oder Hardware deutlich geringer als der Schulungsaufwand.

Schreckt der BIM-Schulungsaufwand ab?

Mit 47 Prozent plant fast die Hälfte der Befragten in nächster Zeit in eine umfassende BIM-Weiterbildung für ihre Mitarbeitende zu investieren. Auch André Friedel, der als BIM-Experte bei Drees & Sommer in vielen Projekten und bei Organisationen BIM als Methode implementiert, kann das aus eigener Erfahrung nur befürworten: „Der größte Invest betrifft tatsächlich die Ausbildung und Entwicklung der Mitarbeiter. Unsere Erfahrung in der strategischen Implementierung digitaler BIM-Prozesse ist, dass neben der intensiven Schulung der Mitarbeiter vor Projektstart auch eine fachlich-technische Begleitung über mindestens das erste Pilotprojekt hinweg sehr sinnvoll ist. Diese Investition lohnt sich aus unserer Sicht langfristig für Unternehmen und Mitarbeitende“.

 

Pressemitteilung: BauInfoConsult