7. Mai 2024

Bestandserhalt im Fokus der Nominierten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur

Stuttgart (pm) – Neun Projekte wurden von der Fachjury für den diesjährigen Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur nominiert. Die vielfältige Auswahl legt den Fokus auf Klima- und Ressourcenschutz sowie die Bewahrung der Biodiversität. Dies gelingt den Nominierten vor allem mittels Reduktion von CO2-Emissionen durch den Erhalt von Bestandsbauten sowie andere Bauweisen im Neubau. 2023 wird die renommierte Auszeichnung zum elften Mal gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. und der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. vergeben. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen des 16. Deutschen Nachhaltigkeitstages am 24. November 2023 in Düsseldorf.

„Die große Anzahl an Bewerbungen für den diesjährigen Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur zeigt, dass das nachhaltige Bauen bei Planenden und Bauherrinnen sowie Bauherren angekommen ist“, sagt DGNB Präsident und Juryvorsitzender Prof. Amandus Samsøe Sattler. „Ich freue mich, dass zahlreiche Nominierte Antworten auf die größte Aufgabe unserer Branche liefern, indem sie zeigen, wie wir unseren Bestand auf vielseitige Weise erhalten können, anstatt ihn voreilig abzureißen. Darüber hinaus treffen viele der ausgewählten Projekte eine vorbildhafte Materialwahl im Sinne des zirkulären, rückbaufreundlichen Bauens und legen das Potenzial natürlicher, CO2-reduzierter Materialien offen.“

Beispielgebende Nominierungen für eine neue Umbaukultur

Mit dem Erhalt von Bestandsbauten beschäftigten sich gleich vier der nominierten Projekte. Ganz im Sinne einer zeitgemäßen neuen Umbaukultur steht die U-förmige, ehemalige Versorgungshalle amerikanischer Streitkräfte in Mannheim, die für die Bundesgartenschau (BUGA) 2023 zu einem charaktervollen Funktionsbau für Veranstaltungs-, Ausstellungs- und Gastronomieflächen umgebaut wurde. Überzeugend und mit hohem ästhetischen Anspruch wurde der Bestand in die Zukunft überführt und ein Neubau für die Nutzung im Rahmen der BUGA-Ausstellung vermieden.

In München-Schwabing wurde ein viergeschossiges, ausgedientes Verwaltungsgebäude zur neuen Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Alpenvereins ressourcenschonend revitalisiert und aufgestockt. Mit einem Lowtech-Klimakonzept sowie der sinnvollen Verwendung von Holz zur Aufstockung und für die Fassade setzt der Verein ein klares Zeichen für den Bestandserhalt und das Weiterbauen in einem von Neubauten dominierten Umfeld.

Das Sanierungs- und Erweiterungsprojekt der Wilhelm-Arnoul-Schule in Mörfelden-Walldorf überzeugte die Jury durch den verantwortungsbewussten Umgang mit der Planungs- und Bauaufgabe, einen beispielhaften Ort zum Lernen und Lehren zu schaffen. Neben dem Bestandserhalt und der konsequenten Berücksichtigung der Aspekte Wiederverwendbarkeit sowie Rückbaubarkeit wurde die Schulgemeinde in einem partizipativen Prozess mit einbezogen.

Ebenfalls nominiert wurde das Congress Center Hamburg. Die grundlegende Modernisierung, Neustrukturierung sowie Erweiterung um einen repräsentativen Eingangsbereich diente dem Ziel, die Anzahl der Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer langfristig steigern zu können. Die Jury lobt die gekonnte Transformation des 70er-Jahre-Baus in einen modernen und zeitgemäßen Veranstaltungsort.

Klimaschutz, Ressourcenschonung und Biodiversitätserhalt im Fokus

Die fünf weiteren Projekte erreichten eine Nominierung vor allem dadurch, dass sie Klima- und Ressourcenschutz sowie den Erhalt der Biodiversität in den Mittelpunkt der Neubauplanung rückten. Angesiedelt im sozial-ökologischen Modellquartier Ellener Hof in Bremen-Osterholz überzeugte die Jury ein Gebäudeensemble für soziales Wohnen mit Kindertagesstätte. Die beiden fünf- beziehungsweise zweigeschossigen Gebäude wurden mit einem hohen Interesse an Kreislauffähigkeit umgesetzt – gekennzeichnet durch die CO2-neutrale Bauweise mit Lowtech-Klimakonzept, eine geplante Nutzungsdauer von über 100 Jahren sowie die Rückbaubarkeit.

In Frankfurt am Main wurde mit dem Gymnasium Frankfurt-Nord Europas derzeit größte Schule in modularer Holz-Hybrid-Bauweise errichtet. Als beispielhaft sieht die Jury die flexible und zirkuläre Bauweise der „Wanderschule“, die nach Auszug des Gymnasiums als Ausweichquartier für andere Schulen dienen soll. Das Konzept liefert damit eine Antwort auf die Herausforderung vieler Städte, in den nächsten Jahren Schülerinnen und Schülern in ausreichendem Maße Räume und Chancen für eine gute Entwicklung zu bieten.

Mit dem Wohn- und Geschäftshaus „Buggi 52“ in Freiburg wurde ein siebengeschossiges Projekt nominiert, das vorbildhaft aufzeigt, wie kostengünstiger und sozial ausgewogener Wohnraum mit einer ressourcenschonenden Bauweise kombiniert werden kann. Die Jury lobt den Holzbau mit Nutzungsmix und hochwertigen Räumen bei geringem Materialeinsatz als beispielhaften Neubau mit hohem Anteil nachwachsender, CO2-speichernder Baustoffe.

Ein vorbildhafter Umgang mit dem Baustoff Holz wird auch dem nominierten Ausstellungsbau Kunstraum Kassel zugeschrieben. Das zurückhaltende Gebäude ist einfach zu montieren und rückbaufreundlich. Überzeugend fand die Jury darüber hinaus das Zusammenspiel aus hoher Architekturqualität, Funktionalität, Einbindung in den denkmalgeschützten Bestand und einfacher, aber hochwertiger Konstruktion mit einem nachhaltigen Lowtech-Konzept.

Die neu errichtete Firmenzentrale und Betriebsstätte des Familienunternehmens Hald & Grunewald in Rottenburg-Ergenzingen in Holz-Beton-Hybridbauweise wurde auf drei Geschossen als „Holzhut“ flächensparend in einem kompakten Bauvolumen umgesetzt. Die Jury würdigt den hohen Standard hinsichtlich Emissions- und Ressourceneffizienz dieses Neubaus, der bei vergleichbaren Bauaufgaben viel zu oft fehlt.

Fachjury bestimmt auch Finalisten und Siegerprojekt

Ermittelt wurden die Nominierten von einer neu zusammengesetzten, hochkarätigen Fachjury mit Expertinnen und Experten aus Architektur, Bauen und Gesellschaft. Dieses von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis und der DGNB ernannte Preisgremium wählt auch die Finalisten sowie das Gewinnerprojekt aus, das bei der Preisverleihung beim 16. Deutschen Nachhaltigkeitstag am 24. November 2023 in Düsseldorf bekanntgegeben wird.

Die diesjährigen Jurymitglieder sind:

Sabine Djahanschah, Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Martin Haas, haas.cook.zemmrich – STUDIO 2050
Prof. Thorsten Helbig, knippershelbig GmbH
Prof. Fabienne Hoelzel, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Markus Lehrmann, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Reiner Nagel, Bundesstiftung Baukultur
Prof. Dr.-Ing. Anja Rosen, Bergische Universität Wuppertal
Prof. Matthias Rudolph, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Prof. Amandus Samsøe Sattler, ensømble studio architektur Berlin
Beatrice Soltys, Baubürgermeisterin Stadt Fellbach
Stephan Weber, Architektenkammer Baden-Württemberg

Die Finalisten mit den ausgewählten Projektbeteiligten

Bundesgeschäftsstelle Deutscher Alpenverein, München-Schwabing

Bildequelle: Sebastian Schels, Lanz, Pk. Odessa

Bauherr: Deutscher Alpenverein e.V.
Architekt (Konzeption und Entwurf): hiendl schineis architektenpartnerschaft
Entwurfsplanung und Realisierung: ELEMENT A · Architekten BDA, Christian Taufenbach
Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung: merz kley partner, Dornbirn
Bauingenieurwesen, TGA-Fachplanung: Transsolar Energietechnik GmbH, München
Landschaftsarchitektur: mk.landschaft, München


Revitalisierung Congress Center Hamburg, Hamburg

Bildquelle: Piet Niemann

Bauherr: CCH Immobilien GmbH & Co.KG
Architekt: ARGE agn Leusmann/TIM HUPE Architekten
Nachhaltigkeitsmanagement/ -monitoring: ikl Ingenieurbüro Prof. Dr.-Ing. Kunibert Lennerts GmbH
Tragwerksplanung: ARGE WETZEL & von SEHT mit WTM ENGINEERS GmbH, Hamburg
Fassadenplanung: R+R Fuchs, München
Bauphysik und Bauakustik: Müller-BBM GmbH, Berlin
Brandschutz: HHP West Ingenieure GmbH, Bielefeld
Bauleitung: LV-Baumanagement AG, Hamburg


U-Halle, Mannheim

Bildquelle: BUGA 2023 gGmbH

Bauherr: Bundesgartenschau Mannheim 2023 gGmbH
Architekt: Hütten & Paläste
Haustechnik: SBI GmbH, Walldorf
Brandschutz: Stümpert-Strunk GmbH, Ludwigshafen


Kunstraum Kassel

Bildquelle: Nicolas Wefers

Bauherr: Universität Kassel, Abteilung V – Bau
Architekt: Innauer Matt Architekten ZT GmbH
Ausschreibung/Bauleitung: pape+pape Architekten, Kassel/EHS Ingenieure, Lohfelden
Statik: Merz Kley Partner ZT GmbH, Dornbirn
Elektroplanung: kbi – keydel bock ingenieure GmbH, Göttingen
Bauphysik: DI Günter Meusburger, Schwarzenberg
Landschaftsarchitektur: Schöne Aussichten Landschaftsarchitektur, Kassel
Lichtlinsen: Glas Marte, Bregenz


Wilhelm-Arnoul-Schule, Mörfelden-Walldorf

Bildquelle: Eibe Sönnecken

Bauherr: Kreisverwaltung des Kreises Groß-Gerau
Architektur: opus Architekten BDA
Tragwerksplanung/Bauphysik: Fast + Epp, Darmstadt
Energieplanung: ina, Darmstadt
E-Planung: EPL, Wiesbaden
Freiflächenplanung: opus Architekten/loek Angela Bezzenberger, Darmstadt


Gymnasium Frankfurt-Nord, Frankfurt am Main

Bildquelle: Brigida Gonzalez


Bauherr: Stadt Frankfurt Amt für Bau und Immobilien
Architektur: raumwerk Gesellschaft für Architektur und Stadtplanung mbH in ARGE mit SPREEN Architekten
Tragwerk: merz kley partner ZT GmbH
Landschaftsplanung: Pfrommer + Roeder
Elektrotechnik: Planungsbüro Beikirch
Versorgungstechnik: IPP technische Gesamtplanung AG
Brandschutz: Wagner + Zeitter Bauingenieure GmbH


Der Holzhut – Firmenzentrale und Betriebsstätte, Rottenburg-Ergenzingen

Bildquelle: Guilherme Rebel


Bauherr: Hald & Grunewald GmbH
Architektur: rundzwei Architekten BDA


Wohn- und Geschäftshaus Buggi 52, Freiburg

Bildquelle: Holzbau Bruno Kaiser | Jochen Weissenrieder


Bauherr: IG Klösterle
Architektur: Weissenrieder Architekten BDA
Holzbaustatik: Die Holzbauingenieure GmbH, Titisee-Neustadt
Holzbau GU: Holzbau Bruno Kaiser GmbH, Bernau
Brandschutz: Jörg Nönninger Freiburg und Bauart, München
Massivbaustatik: Albrecht und Schneider, Freiburg
Außenanlagen: Freisign, Freiburg


Woof & Skelle: Gebäudeensemble für soziales Wohnen & Kita, Bremen

Bildquelle: Caspar Sessler

Bauherr: Bremer Heimstiftung, vertreten durch: Bremer Stiftungs-Service
Architektur/Brandschutz/Energie: ZRS Architekten
Tragwerksplanung/Schallschutz: ZRS Ingenieure
Landschaftsplanung: RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten
Städtebaulicher Entwurf: De Zwarte Hond
Ausführung Holzbau: Holzbau Brockhaus
Ökobilanzierung: Natural Building Lab, Technische Universität Berlin

Quelle: DGNB