26. April 2024

Baugewerbe und Bauindustrie Rückblick 2021 und Ausblick 2022

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Berlin (pm) – Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) gaben gemeinsamen in einer Jahresabschluss-Pressekonferenz einen Rückblick des Jahres 2021 und einen Ausblick für das 2022.

Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, hob hervor, dass es im letzten Jahr ein Umsatzplus von 6 Prozent gab. „Es ist auf den ersten Blick ein gutes Baujahr. Die Bauwirtschaft hatte keinen Lockdown und konnte Leistung bringen“, so Quast. In diesem Jahr konnte ein Umsatz von 143,5 Mrd. Euro prognostiziert werden (Stand Ende September), etwa 500 Millionen mehr als letztes Jahr. „Die Branche kämpft gegen die Nebenwirkungen der Pandemie. Das sind gestörte Lieferketten, Mangel an Baumaterial und die höheren Einkaufspreise“, so der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes. „Mittlerweile scheinen wir aber den Gipfel bei den Preisen erreicht zu haben. Leider auf hohem Niveau.“ Daher seien die Preise für Bauleistungen bei Neuaufträgen wieder um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. „Das hält unsere Branche nicht davon ab, in gutem Vertrauen auf die zukünftige Entwicklung weiter zu investieren. Wir sind von einer anhaltend hohen Nachfrage auch im nächsten Jahr überzeugt“, gerade auch im Hinblick auf den Koalitionsvertrag mit der angestrebten Modernisierung der Infrastruktur und den Neubau von Wohnungen.

Der von der neuen Regierung angestrebte Neubau von 400.000 Wohnungen bedeutet eine Erhöhung von 30 Prozent, die nur mit einer Anpassung der Rahmenbedingungen erfolgreich sein könne. Dazu gehören beispielswiese die geplanten Abschreibungserhöhung von 2 Prozent auf 3 Prozent bei Gebäuden und die geplante Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau. „Wir bauen 2021 ca. 310.000 Wohnungen und 2022 320.000 Wohnungen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine Steigerung des Umsatzes im Wohnungsbau von etwa 2 Prozent nominal und 2022 um etwa 7 Prozent.“

Der Wirtschaftsbau sei von der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation geprägt, so Quast. „Die Auftragseingänge für Bauaufgaben sind von Januar bis September 2021 um 13 Prozent gestiegen, aber das ist ein heterogenes Bild.“ Während die Genehmigungen von Handelsgebäuden um 14 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen, hält der Onlinehandel mit seinem Bedarf an Lagerflächen weiterhin das Vorjahresniveau. Die Investitionsbereitschaft in neue Fabrikgebäude sowie Hotel- und Gastronomiebereiche sei schwach. Die Investitionen in Krankenhäuser, häufig Sanierungsmaßnahmen, habe dagegen um 64 Prozent zugenommen. „Trotz Homeoffice wird auch wieder mehr in Bürogebäude investiert“, resümiert der ZDB-Präsident. „Vor diesem Hintergrund rechnen wir im Wirtschaftsbau mit einem nominalen Plus von 1 Prozent, aber von einem Größeren von 6 Prozent im kommenden Jahr.“

In Hinblick auf die öffentlichen Investitionen in diesem Jahr gehen wir von einem Umsatzrückgang von nominal 3 Prozent aus. „Hier fehlen vor allem die kommunalen Investitionen aufgrund der finanziellen Situationen. Damit verfestigt sich der Investitionsstau bei den Kommunen auf etwa 150 Mrd. Euro, 80 Mrd. entfallen dabei auf den Neubau und Sanierung von Schulen und Straßen. Die kommunalen Spitzenverbände gehen für 2022 von einem Rückgang der Bauinvestitionen von fast 9 Prozent aus. Man fragt sich, ob das Geld der Kommunen nur noch für Konsum und das Verwalten reicht. Es scheint so“, sagt Quast. Investitionen in intakte kommunale Infrastruktur gehörten zur Daseinsvorsorge vor Ort und dort zu investieren, wäre nachhaltig und generationengerecht.  „Ich hoffe, dass da noch ein Umdenken stattfindet“, so der ZDB-Präsident.

Insgesamt seien die Unternehmer für 2022 verhalten optimistisch, wenn die Materialpreise konstant blieben und die Lieferketten hielten. „Wir setzen darauf, dass die Lieferschwierigkeiten und die Dynamik der Preisentwicklung im zweiten Qaurtal wieder normalisiert sind. Die hohen Auftragsbestände weisen auf eine Umsatzsteigerung von nominal etwa 5,5 Prozent auf 151 Mrd. in 2022 hin. Bei einer veranschlagten Preisentwicklung für Bauleistungen von etwa 4 Prozent bedeutet das einen realen Zuwachs von 1,5 Prozent. Bei den Beschäftigten erwarten wir einen Aufbau von etwa 10.000 Menschen.“ „Die Bauwirtschaft ist Stützpfeiler der Konjunktur in Deutschland“, schließt Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, seine Ausführungen zum Jahresabschluss.

Auch Peter Hübner, Präsident der Bauindustrie, sieht den Bau als Stütze der deutschen Volkswirtschaft. Er geht optimistisch ins neue Jahr 2022 und sieht den Regierungsfahrplan der Ampelkoalition als positiv an. „Viele unserer Forderungen wurden aufgenommen.“ Mit 900.000 Beschäftigten wurde ein Umsatz von über 140 Mrd. Euro erwirtschaftet. Dafür werden die richtigen Rahmenbedingungen benötigt. Vor allem im Bereich Bauen und Wohnen und bei der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren trage der Koalitionsvertrag eine überraschend deutliche Handschrift. „Das neue, eigenständige Bauministerium unterstreicht die Bedeutung, die der Bauwirtschaft bei der Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben beigemessen wird. Die Zeiten, in denen der Bau nur ein Anhängsel an das Innenministerium war, sind glücklicherweise vorbei.“ „Für eine erfolgreiche Mobilitäts- und Energiewende und den Aufbau einer resilienten Infrastruktur wird die gute Verzahnung des Bauressorts mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr besonders wichtig, genauso wie mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.“

Das Ziel der Koalition 400.000 Wohnungen im Jahr zu bauen sei ambitioniert. „Es muss daher klar sein, dass neben zusätzlichen, personellen Kapazitäten auch neue, etablierte Konzepte und Methoden, wie das serielle und modulare Bauen, notwendig sein werden.“ Hierfür sei eine bundesweite Vereinheitlichung der Landesbauordnung und sowie der Typengenehmigung notwendig. Ein gemeinsames Baurecht müsse kommen.

Hübner sieht darüber hinaus Handlungsbedarf im Hinblick auf den Wegfall der KfW-55 Förderung, denn die in Planung befindlichen Projekte hätten mit dieser Förderung gerechnet. Auch der von der Politik angestrebte KfW-40 Standard könne noch nicht der Normalfall im Mietwohnungsbau werden. „Hier besteht allerdings schon der Kontakt zur Regierungskoalition und wir freuen uns, dass von Seiten der SPD bereits signalisiert worden ist, hier nachzusteuern.“, freut sich Hübner.

Die Bauwirtschaft bekennt sich zu den Klimaschutzzielen und sei bereit ihren Teil dazu beizutragen. Der Gebäudesektor habe einen Anteil von etwa 40 Prozent der Emissionen. Der Bau selbst trägt nur 3 Prozent bei, der überwiegende Teil werde durch die Gebäudenutzung verursacht. „Wir sind nicht Teil des Problems, wir sind Teil der Lösung.“ Hübner forderte einen echten „Sanierungsbooster“ und nannte Smart Home, serielle Sanierungen, integrierte Sanierungsfahrpläne und Einzelmaßnahmen aber auch eine Lebenszyklusbetrachtung sowie weitere Digitalisierungsschritte als mögliche Lösungsbausteine. „Klimaschutz erfordert Engagement aller am Bau beteiligten.“ Die Bauwirtschaft könne Lösungen anbieten. Hierbei spielen Digitalisierung der Abläufe, Integration von BIM Modellen, sparsamer Materialeinsatz, Einsatz von Recyclingbaustoffen, Leichtbeton oder dekarbonisiertem Beton eine Rolle. Eine fundierte Forschung für weitere Möglichkeiten sei unabdingbar. „Was wir brauchen ist Material- und Technologieoffenheit, Lebenszyklusbetrachtung und Quartiersansätze. Die Politik muss die Ziele vorgeben, und uns den Weg dahin jedoch offen lassen.“, so der HDB-Präsident.

Peter Hübner ergänzt: „Wir brauchen eine starke Schiene. Wir unterstützen die im Koalitionsvertrag vorgesehene Bevorzugung der Schiene und gehen davon aus, dass die neue Bundesregierung die bisherigen Planungen zu den steigenden Investitionen bei der Bahn beibehalten wird. Steigende Investitionen bei der Bahn stützen den Wirtschaftstiefbau.“ Hübner appellierte jedoch an die Koalition, den Straßenbau über den Ausbau der Bahn nicht zu vernachlässigen. „Auch E-Autos benötigen Straßen, und sie brauchen vor allem eine vernünftige Ladeinfrastruktur.“

„Die Bauwirtschaft ist vielfältig, innovativ und schafft Generationen überdauernde Projekte. Diese Faszination des Bauens zu vermitteln, ist eine gemeinsame große Zukunftsaufgabe, um im Kampf um Fachkräfte bestehen zu können,“ sind sich die Präsidenten Hübner und Quast einig.