29. September 2025

Bauen wie ein Automobil: Industrialisierung des Bauwesens

Berlin (ab) – Um 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, müsste alle 80 Sekunden eine davon fertiggestellt werden, und das bezahlbar und nachhaltig. „Das Netzwerk der Macher setzt positive Beispiele und zeigt, dass es geht“, so Robert Kroth, Gründer von „80 Sekunden – Neues Bauen“. Zusammen mit Michael Mronz bringt er Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler zusammen, um wichtige Impulse zu setzen, damit wieder mehr, schneller und nachhaltiger bezahlbarer Wohnraum gebaut werden kann. „Denn nur gemeinsam sind die Herausforderungen zu meistern“, so Michael Mronz.

Mit Engagement, Ideenreichtum und Anpassungsfähigkeit stellen sich die Unternehmen den Herausforderungen. Die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft sei Teil der Lösung. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, konstatiert Ulrich Zeppenfeld, Vice President Global Service & Consulting von Viega. Beim Handwerk müssen Kompetenz und Ressourcen für Digitalisierung aufgebaut werden. Die digitale Planung und die Verarbeitung von Bauanträgen müsse schnell ohne Medienbrüche mit einem Datenstandard möglich sein. Auch die Digitalisierung des Gebäudebestandes lasse sich für Sanierung und Betrieb nutzen. „Die Technik haben wir, es geht nur noch um die Umsetzung“, so Stefanie Samtleben, Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF.

Prof. Christoph van Treeck, Institutsleiter Lehrstuhl für energieeffizientes Bauen an der RWTH Aachen, macht deutlich: „Es geht um die Industrialisierung des Bausektors“ und vergleicht anschaulich den Herstellungsprozess eines Gebäudes mit dem eines industriell hergestellten Autos. Im deutschen Bausektor sei keine großindustrielle Fertigungsindustrie zu finden. Singapur hingegen schreibe beispielsweise 60 % Modulbau vor und arbeite seit 2013 mit digitalen Prozessen. Die Prozesse schließen Bauleistungen im digitalen Vergabeverfahren ein, Produkteinheiten dienen als Vergabeobjekte und werden modellbasierten Regelprüfungen unterzogen. BIM sei kein Gamechanger, sondern die Industrialisierung des Bausektors, so Prof. van Treeck.

„Ein Gebäude wie ein Automobil zu denken“, regt Jan-Hendrik Goldbeck, geschäftsführender Gesellschafter der Goldbeck Group, an. „Wir müssen Bauen wie ein Produkt verstehen“. Modulares Bauen optimiere die Prozesse und könne gleichzeitig architektonisch anspruchsvoll sein. Voraussetzung sei Digitalisierung, das Arbeiten mit einem digitalen Zwilling und die Einbeziehung der Gebäudetechnik für den optimierten Gebäudebetrieb. „Mit dem Produkt- und Systemgedanken lassen sich Zeit und Kosten sparen“, so Jan-Hendrik Goldbeck. Vorteile ergeben sich auch für die Bauproduktehersteller, die wiederum ihre Produkte seriell fertigen könnten. Startups müssen gleich in die Praxis eingebunden werden und Mitarbeiter als Innovationsgeber freigestellt werden. „Immer dieses „mimimimi“ der Unternehmer an die Politik. Die Rahmenbedingungen sind nicht gut, aber wir können es auch so“, ermuntert Jan-Hendrik Goldbeck.

Tenor einiger Redner war es, dass Bauen in Deutschland kompliziert, langsam und teuer sei. Dabei sollte es einfacher, schneller, günstiger und nachhaltiger werden. Deshalb wollen die Macher des Netzwerks „80 Sekunden – Neues Bauen“ jetzt die Initiative ergreifen und den Gebäudetyp E in Deutschland vorantreiben – „E“ wie einfach und „E“ wie experimentell. In serieller Bauweise soll so in Deutschland schnell wieder bezahlbarer Wohnraum entstehen, der dringend gebraucht wird. „In Deutschland gibt es mehr Bauregeln als sonst irgendwo auf der Welt. Und dann auch noch unterschiedliche in den einzelnen Bundesländern. Wir wollen helfen, einen Gebäudetyp zu entwickeln und zu bauen, der von Kiel bis Konstanz überall eingesetzt werden kann und Wohnraum wieder bezahlbar macht“, erläutern Robert Kroth und Michael Mronz.

Die Initiatoren konnten Prof. Dr. Bert Rürup, Chefökonom des Handelsblatts, gewinnen, eine Task-Force Neues Bauen zu leiten. „Die Bauwirtschaft kann eine ganz bedeutende Rolle in der gesellschaftlichen Transformation sowie der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung übernehmen, wenn sie es richtig angeht“, erläutert Bert Rürup. Die Expertenkommission soll klären, wie die Bauwirtschaft die Entwicklung neuer, zeitgemäßer Wohnkonzepte vorantreibt, welche Modelle es für nachhaltige Wohnstandards in einer sich wandelnden Wirtschaft und Gesellschaft gibt und wie in Deutschland mehr, schneller, preiswerter und nachhaltiger gebaut werden kann. „Wir sind als Netzwerk der Macher aus der Bau- und Immobilienwirtschaft angetreten, um Lösungen zu entwickeln. Die neue ´Rürup Task-Force Neues Bauen` ist eine großartige Botschaft auch an die Spitzenpolitik. Sie ist der erste Schritt, um eine die Gesamtbranche repräsentierende Kommission zu etablieren“, freuen sich die Initiatoren Robert Kroth und Michael Mronz.

„Es gibt nicht die eine Lösung für alles, sondern viele kleine Lösungen, die zusammenkommen müssen. Alle müssen mit anfassen, um diese Jahrhundertaufgabe zu stemmen“, so Robert Kroth.

Das Netzwerk „80 Sekunden – Neues Bauen“ inspiriert und macht Mut für die Zukunft.

©ftb