8. Februar 2025

Baden-Württemberg: Änderung der Landesbauordnung für schnelleres und einfacheres Bauen

Stuttgart (pm) – Um das Bauen schneller und einfacher zu machen, hat die Landesregierung zahlreiche Änderungen der Landesbauordnung beschlossen. Die Reform wird jetzt dem Landtag zugeleitet.

Das Bauen in Baden-Württemberg soll schneller und einfacher werden. Dazu hat das Landeskabinett am 17. Dezember 2024 zahlreiche Änderungen der Landesbauordnung (LBO) (PDF) beschlossen. „Mit der nun vorliegenden LBO-Reform legen wir einen Turbo bei der Vereinfachung und Beschleunigung ein. Wir wollen einerseits Verfahren beschleunigen und andererseits das Bauen wieder einfacher machen. Zwar wird die Reform die angespannte Lage im Bau- und Wohnungswesen nicht alleine lösen können. Sie ist aber ein zentraler Hebel für das Land, um wichtige Weichen für schnelleres und einfacheres Bauen zu stellen“, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Ministerratssitzung in Stuttgart.

„Wir wollen einerseits Verfahren beschleunigen und andererseits das Bauen wieder einfacher machen.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann

„Diese Reform ist die bedeutendste LBO-Änderung in dieser Legislaturperiode“, sagte Bauministerin Nicole Razavi. „Wir haben jeden Stein umgedreht und eine Grundsanierung durchgeführt. Mein Ziel war es, das System von ‚Kontrolle‘ auf ‚Ermöglichen‘ umzustellen und beim Bauen endlich wieder Bremsen zu lösen. Dafür vereinfachen und beschleunigen wir die Verfahren und bauen unnötige Standards ab. Das Motto lautet: alle Hebel auf Go!“

Der Gesetzentwurf zur LBO-Reform war im Juli 2024 vom Landeskabinett zur Anhörung freigegeben worden. 71 Verbände haben Stellung genommen. „Die Rückmeldungen waren überwiegend positiv und haben uns – wie auch die begrüßende Stellungnahme des Normenkontrollrats – darin bestärkt, unseren Weg weiterzugehen“, so Razavi. „Wir haben daher auch zusätzliche Ideen für weitere Vereinfachungen und Entlastungen aufgegriffen.“ So soll auch die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen verfahrensfrei gestellt werden. Außerdem sollen künftig nicht nur, sondern auch bauliche Änderungen im Gebäude, Aufstockungen und Dachgeschoss-Ausbauten zu keinen höheren Anforderungen beim Brandschutz führen. „Wir erleichtern damit das Schaffen von Wohnraum im Bestand erheblich und schöpfen die Potenziale in diesem Bereich voll aus“, so Razavi.

Optimierung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren

Die LBO-Reform „Schnelleres Bauen“ gliedert sich in zwei Bereiche: Der erste Bereich enthält Maßnahmen zur Optimierung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren, zum Beispiel durch die Einführung einer Genehmigungsfiktion, die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens und die Einführung einer Typengenehmigung. „Wenn dem Baurechtsamt alle Unterlagen und Stellungnahmen vorliegen, beginnt die Uhr zu ticken“, so Razavi. „Dann gelten nach drei Monaten viele Bauanträge mit der Genehmigungsfiktion automatisch als genehmigt, sofern es in der Zwischenzeit keinen anderen Bescheid gibt. Mein klares Ziel ist, dass Bauherren schneller, leichter und mit weniger Papierkrieg zu ihrem Baurecht kommen“, sagte Bauministerin Razavi.

Abbau baulicher Standards

Der zweite Bereich zielt auf den Abbau baulicher Standards. Beispiele hierfür sind die Vereinfachungen für das Bauen im Bestand, die Überarbeitung der Kinderspielplatz-Verpflichtung, die Vereinfachung der Abstandsregelung sowie Erleichterungen beim Errichten von Ladestationen. „Wir reduzieren Standards überall dort, wo wir es für sinnvoll erachten. Zudem wollen wir einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem wir den Ausbau erneuerbarer Energien erleichtern. Wir ermöglichen es, den bereits vorhandenen Gebäudebestand besser nutzen und einfacher umbauen zu können“, sagte Ministerpräsident Kretschmann.

Die Reform wird jetzt dem Landtag zugeleitet. Ziel der Landesregierung ist es, dass die Reform noch in der ersten Jahreshälfte 2025 in Kraft treten kann.

Reform der Landesbauordnung (LBO)

Die geplante LBO-Reform „Schnelleres Bauen“ ist bereits die vierte LBO-Änderung in dieser Legislaturperiode. Eine Auflistung und Erläuterung der wesentlichen Maßnahmen der nun vom Kabinett beschlossenen Reform finden Sie in der Übersicht der Änderungen (PDF) beziehungsweise auf der Webseite des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen.

In den drei vorhergehenden Novellen wurde unter anderem das Aufstocken von Bestandsgebäuden zu Wohnzwecken erleichtert (als Teil des Klimaschutzgesetzes) sowie das Errichten von Mobilfunkmasten. Zudem wurde die Landesbauordnung fit für die Digitalisierung der Baurechtsverfahren gemacht (Virtuelles Bauamt).

Die wichtigsten geplanten Änderungen der Landesbauordnung (LBO) im Überblick (PDF)

Quelle: Baden-Württemberg

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Novelle der Landesbauordnung: Noch zu viele Risiken

Stuttgart. Das Kabinett hat am heutigen Dienstag die Reform der Landesbauordnung (LBO) in den Landtag eingebracht. Städtetag und Architektenkammer Baden-Württemberg fordern Verbesserungen bei der Genehmigungsfiktion.

Die Novelle der Landesbauordnung wurde von der Landesregierung „Gesetz für das schnellere Bauen“ überschrieben. Es hat eine gute Intention, denn dass Verfahren beschleunigt und inhaltliche Vorgaben zum Bauen gelockert werden müssen, ist unbestritten. Architektenkammer und Städtetag äußern jedoch übereinstimmend Bedenken, dass der Entwurf genau dieses wichtige Anliegen erfüllen kann. Denn die Regelungen betreffen nicht nur Verfahrensabläufe in Planungsbüros und Baurechtsbehörden, sondern auch grundsätzliche Fragen der Baukultur und Stadtgestalt.

Der heute vom Kabinett beschlossene Entwurf enthält im Vergleich zur ersten Fassung vom Juli positive Ansätze. „Die Landesregierung hat sich erfreulicherweise von utopischen und fachlich unnötigen Vorgaben zur personellen Qualifikation der Baurechtsbehörden verabschiedet“, sagt Dr. Frank Mentrup, Präsident des Städtetags. Damit sei eine Verteuerung der Genehmigungsverfahren sowie eine lähmende Verlagerung von Zuständigkeiten abgewendet worden. „Auch die ursprünglich vorgesehene Einschränkung der Verfahrenswahl zumindest für Nicht-Wohngebäude wurde aus Sicht des Städtetags sinnvoll gelockert. Das ermöglicht den Bauleuten und Investoren mehr Rechtssicherheit.“

Anders als bei der Pflicht zum vereinfachten Verfahren hat die Landesregierung auf die massiven Bedenken von Städtetag und Architektenkammer bei der geplanten Genehmigungsfiktion nicht hinreichend reagiert. Die vorgesehene Gestaltung dieser Genehmigungsfiktion wird in vielen Fällen die beabsichtigte Beschleunigung konterkarieren. Tatsächlich ist damit zu rechnen, dass entscheidende Fragen in nachlaufenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geklärt werden. „Die vorgesehene Gestaltung kann für Bauherrinnen und Bauherren ruinöse Folgen haben, die von keiner Versicherung gedeckt sind“, warnt Hans Dieterle, Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer Baden-Württemberg. Dann nämlich, wenn jemand ohne obligatorische Berufshaftpflichtversicherung einen fehlerhaften Bauantrag einreicht, dieser Antrag in Folge der Genehmigungsfiktion als genehmigt gilt, die Baumaßnahme ausgeführt wird und schließlich wieder rückgebaut werden muss. Die vorgesehene Regelung verlagert zu viele Risiken auf die Bauherrinnen und Bauherren.

Damit aus „gut gemeint“ auch „gut gemacht“ wird, muss die vorgesehene Regelung der Genehmigungsfiktion zwingend zumindest auf einfache Wohngebäude begrenzt werden. Schließlich müssen Bauherren vor den finanziellen Auswirkungen von nachträglichen Vorgaben zur Bauausführung geschützt werden. Hierzu ist es erforderlich, dass alle Bauvorlageberechtigten eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen und sich regelmäßig fort- und weiterbilden.

Quelle: Städtetag Baden-Württemberg, Architektenkammer Baden-Württemberg

Bauwirtschaft: LBO-Reform so schnell wie möglich umsetzen

Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg begrüßt den heutigen Kabinettsbeschluss zur Landesbauordnung, der den Weg für das weitere parlamentarische Verfahren der Reform frei macht. „Um überhaupt wieder ins Bauen zu kommen, ist es wichtig, schneller und einfacher bauen zu können“, bilanziert Hauptgeschäftsführer Thomas Möller. „Dazu stellt der aktuelle Entwurf die Weichen.“ Mit der Genehmigungsfiktion, dem Wegfall des Widerspruchsverfahrens und der Typengenehmigung für serielles Bauen sind die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Baugenehmigungsverfahren gegeben. Die Bauwirtschaft begrüßt auch den Abbau baulicher Standards, der das Bauen und den Umbau im Bestand erleichtern soll.

Wermutstropfen aus Sicht der Bauwirtschaft: Die Anforderungen an die Errichtung neuer Wohngebäude werden durch die jetzige LBO-Reform nicht abgesenkt. Um das Bauen wirklich einfacher und günstiger zu machen, müssen bauliche Standards auch im Hinblick auf den Neubau reduziert werden. „Jetzt kommt es darauf an, dass die Reform der LBO so schnell wie möglich verabschiedet wird“, so Thomas Möller. „Und dass diese gut umgesetzt wird.“ Die Bauwirtschaft bleibt am Ball.

Quelle: Bauwirtschaft Baden-Württemberg e.V.