12. November 2024

Avison Young: Wende auf den Immobilienmärkten deutet sich an

Frankfurt am Main (pm) – Nach Angaben des weltweit tätigen Immobiliendienstleisters Avison Young keimt auf den Immobilienmärkten in Deutschland derzeit verhaltener Optimismus auf. Das Jahr 2024 dürfte die Wende bringen.

Turnaround an den Immobilienmärkten

Nicolai Baumann, Country Manager von Avison Young in Deutschland: „Noch ist kaum was davon zu spüren, in einigen Segmenten geht es sogar noch bergab, aber das Jahr 2024 dürfte an den Immobilienmärkten die Wende bringen. Jochen Völckers, Head of Investment bei Avison Young, ergänzt: „Obwohl das Transaktionsvolumen von Gewerbeimmobilien im ersten Quartal 2024 in Höhe von 5,2 Milliarden Euro um 58 Prozent unter dem fünfjährigen Durchschnitt lag, übertraf es das Vorjahresquartal um 6 Prozent.“ Gleichwohl war das ein sehr schwaches Ergebnis. „Dass die Büroflächenumsatze in den ´Big 5´ Märkten Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München um 5 Prozent unter dem Vorjahresquartal und um 19 Prozent unter dem fünfjährigen Mittel lagen, war unter anderem der hohen Dynamik bei den Vertragsverlängerungen geschuldet, die statistisch nicht in die Flächenumsätze einfließen“, führt Baumann weiter aus. Langfristige Standortentscheidungen im Sinne von Neuverträgen beziehungsweise Umzügen werden seit mehreren Quartalen von vielen Mietern vermieden zugunsten von Vertragsverlängerungen in den bestehenden Flächen für einen Zeitraum von nur wenigen Jahren. Im Wege dieser „Vertagung“ baut sich allerdings eine höhere Nachfrage in wenigen Jahren auf. Für den weiteren Jahresverlauf wird aber sowohl auf den Büromärkten als auch auf den Investmentmärkten mit einer zunehmenden Belebung gerechnet.

Gleichzeitig nehmen distressed Situationen und NPLs zu, und die Zahl der Restrukturierungen und Insolvenzen wird noch eine Weile hoch bleiben. Auslöser sind neben höheren Finanzierungs- (und zum Teil Bau-) Kosten bei gleichzeitig gesunkenen Immobilienwerten die derzeit kaum existenten Exit-Möglichkeiten am Markt, insbesondere wenn eine Immobilie keinen ausreichenden Cash-Flow abwirft. Darüber hinaus wird sich eine steigende Zahl an Objekten, die die Nutzeranforderungen nicht mehr erfüllt, – theoretisch – nur noch mit Investitionen in Flächenausstattung und ESG-Kriterien vermarkten lassen. Völckers erläutert: „Doch erstens rechnen sich diese Maßnahmen für viele Eigentümer derzeit schlichtweg nicht, insbesondere aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten, und zweitens sind die Finanzierer momentan noch sehr restriktiv, grade bei Neuengagements im Bürosegment. Neben der Ungewissheit hinsichtlich künftiger Büroflächenbedarfe ist ein weiterer Grund dafür der Druck durch die Regulierer, dem die Banken dieser Tage ausgesetzt sind. Doch es wird inzwischen mehr Kapital für solche herausfordernden Situationen und Strukturen bereitgestellt, und es positionieren sich vermehrt Spezialisten, die Restrukturierungsberatung anbieten.“

Bei vielen Investoren, insbesondere bei institutionellen, ist die Risikoaversion mit Blick auf Immobilieninvestitionen gegenwärtig noch deutlich ausgeprägt. Unter dem Strich sind viele eher auf der Verkäuferseite aktiv. Gründe sind sowohl „interner Natur“ (Abwertungen, oder Mittelabflüsse bei Offenen Fonds, die zur zielorientierten Steuerung der Liquidität Objektverkäufe notwendig machen), als auch externer Art, wie beispielsweise eine oftmals als vorteilhafter wahrgenommene Rendite-Risiko-Struktur alternativer Anlageklassen. Die fortgesetzten Renditekorrekturen etwa bei Büro-Objekten eröffnen jedoch wieder Einstiegsmöglichkeiten zu Preisen, die es seit Jahren nicht gab. Der Renditeanstieg dürfte zunächst noch andauern, gegen Ende des Jahres dürften die Renditen allerdings wieder zu sinken beginnen. Bei den Mieten für Top-Büros erwarten wir eine weiter steigende Tendenz. Diese Flächen erzielen hohe Mieten nicht nur im Wege der Inflationsindexierung bei laufenden Verträgen, sondern auch bei Neuabschlüssen.

Die Immobilienmärkte „hängen“ stark an der Gesamtwirtschaft. Hier sind die ersten Erholungstendenzen bereits sichtbar. Im ersten Quartal 2024 wurde beim Bruttoinlandsprodukt ein leichtes Plus erzielt.

Gesamtwirtschaft im Schildkrötentempo

Christian Ströder, Director Market Intelligence Germany: „Die Geschwindigkeit, mit der sich die wirtschaftliche Erholung in Deutschland abspielt, erinnert derzeit jedoch noch an die einer Schildkröte auf Landgang. Immerhin stimmt die allgemeine Trendrichtung.“

Bei konjunkturrelevanten Stimmungsindikatoren ist die verbesserte Erwartungskomponente in einigen Branchen gegenwärtig noch mit einem „abnehmenden Pessimismus“ gleichzusetzen. „Euphorie sieht anders aus. Immerhin macht sich vermehrt Zuversicht breit, denn die Anzeichen der Konjunkturerholung verfestigen sich. Der ifo-Geschäftsklimaindex beispielsweise war im April zum dritten Mal in Folge gestiegen und blieb im Mai auf dem gleichen Stand stabil, während der deutsche Einkaufsmanagerindex im Mai den höchsten Stand seit einem Jahr erreicht hat. Gleich mehrere Vorlaufindikatoren deuten darauf hin, dass die deutsche Konjunktur den Boden des jüngsten Abschwungzyklus erreicht hat, und allmählich auf den Erholungspfad einschwenkt“, so Ströder. Da sich viele Indikatoren jedoch auf niedrigen Niveaus befinden, zum Teil noch im Kontraktionsbereich, wird ein spürbares Wachstum erst später im Jahr erwartet. Ab 2025 soll das deutsche Bruttoinlandsprodukt dann für mehrere Jahre in Folge seinen langjährigen Durchschnitt überschreiten.

Der deutsche Arbeitsmarkt konnte der schwachen Konjunktur bislang trotzen. Die Arbeitslosenquote ist trotz leichter Anstiege mit 6,1 Prozent eine der niedrigsten in ganz Europa. Die Beschäftigtenzahl erreichte 2023 mit 45,9 Millionen Menschen ein neues Rekordniveau, mit dem größten Zuwachs im Dienstleistungssektor. In den letzten Monaten wurden die Einstellungspläne der Unternehmen zwar sukzessive reduziert, dennoch wollen die Unternehmen in Deutschland insgesamt weiterhin Beschäftigte einstellen. Im Dienstleistungsbereich ist sogar ein fortgesetzter Beschäftigungsaufbau geplant. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Beschäftigungserwartungen bei Großunternehmen schwächer darstellen als bei kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen die Einstellungspläne zum dritten Mal in Folge hintereinander gestiegen sind und auch auf einem absolut gesehen höheren Niveau liegen.

Der disinflationäre Trend bleibt derweil intakt: Im März sank die Inflationsrate auf 2,2 Prozent, und damit den niedrigsten Stand seit knapp drei Jahren, im April stabilisierte sie sich auf demselben Niveau. Ströder führt aus: „Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag sie noch bei 7,1 Prozent. Auch wenn die Preisentwicklung nun nicht mehr Monat für Monat sinken wird, liegt sie fast auf dem von der Europäischen Zentralbank avisierten Niveau von 2 Prozent. Daher wird die EZB in Kürze ihren restriktiven Kurs abschwächen.“

Downhill bei den Zinsen

Auch wenn die Märkte einen Teil der erwarteten Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank bereits eingepreist haben, dürften von den Zinsschritten positive Impulse insbesondere für den Immobilieninvestmentmarkt ausgehen. Diese könnten zunächst nur moderat ausfallen, da die Zentralbankzinsen einen geringeren Einfluss auf die Kreditzinsen haben als langfristige Staatsanleihezinsen. Gleichwohl baut sich weiter Nachfrage auf, auch und gerade von Seiten internationaler Immobilieninvestoren.

Die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank wird höchstwahrscheinlich heute Mittag erfolgen. Damit würde die EZB erstmals in ihrer Geschichte eine Zinswende vor der US-Notenbank FED einleiten. Bis zum Jahresende 2024 dürfte der Leitzins in der Eurozone etwa im Bereich zwischen 3,5 und 3,75 Prozent liegen – das wäre ein markanter Rückgang gegenüber dem aktuellen Niveau von 4,5 Prozent. Die Finanzierungssituation vieler Unternehmen in Deutschland ist angespannt, sinkende Zinsen würden die Situation ein wenig entspannen. Das gilt insbesondere für Unterhemen und Projekte in der Immobilienbranche.

Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten

Zoomt man aus der Immobilienbranche heraus, zeigen sich einige übergreifende Faktoren[i], die derzeit einen dynamischeren Aufschwung der (Immobilien-)Wirtschaft bremsen. Geopolitische Konflikte und ein nur langsam in Schwung kommender Welthandel etwa hemmen den deutschen Export, und die Attraktivität des deutschen Wirtschaftsstandortes hat in einigen Punkten nachgelassen. „Umso wichtiger ist, dass zumindest hierzulande getan wird was möglich und sinnvoll ist, um Deutschland im globalen Wettbewerb zu stärken.

Auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stellen für viele Firmen eine Belastung dar. Bei Unternehmensbefragungen in Deutschland wird tatsächlich die Wirtschaftspolitik als eines der wesentlichsten Geschäftsrisiken genannt. Hier gilt es, die wirtschaftshemmenden Faktoren, wie hohe Bürokratie und Regulierung oder hohe Energiekosten anzugehen, und zugleich die Stärken weiter auszubauen, um den Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland grade im internationalen Wettbewerb wieder attraktiver zu machen. Davon profitieren nicht zuletzt die Immobilienmärkte“, so Ströder.

Fazit

„Das Jahr 2024 dürfte die Trendwende an den Immobilienmärkten einläuten. Die Investitionsbereitschaft sollte mit den sinkenden Zinsen zurückkehren, und da sich im Wege der konjunkturellen Erholung die Planungssicherheit und damit die Entscheidungsfreude auf Unternehmensebene verbessern sollte, dürften auch die Vermietungsaktivitäten auf den Büromärkten – mit einen gewissen Zeitversatz zur Konjunktur – wieder auffrischen“, so Baumann abschließend.

[i] vgl. Ökonomenpanel von ifo und FAZ von Mai 2024, sowie DIHK-Umfrage 2023

Quelle: Avison Young