Wiesbaden (pm) – Der reale (preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Juli 2024 gegenüber Juni 2024 kalender- und saisonbereinigt um 5,9 % gesunken. Dabei ging der Auftragseingang im Tiefbau um 0,7 % und im Hochbau um 12,2 % zurück.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2023 nahm der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang um 9,7 % ab. Dabei sank der Auftragseingang im Tiefbau um 4,0 % und im Hochbau um 15,9 %. Der nominale (nicht preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe lag 5,0 % unter dem Vorjahresniveau.
In den ersten sieben Monaten 2024 stiegen die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kalender- und preisbereinigt (real) um 0,1 % und nominal um 1,6 %.
Umsatz steigt im Juli wieder
Der reale Umsatz im Bauhauptgewerbe nahm im Juli 2024 gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,6 % zu. Der nominale Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um 3,8 % auf 10,7 Milliarden Euro. Dabei sank der Umsatz im Hochbau real um 3,9 % (nominal: -3,4 %), während er im Tiefbau um 9,9 % anstieg (nominal: +11,7 %).
In den ersten sieben Monaten 2024 sanken die Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum preisbereinigt um 1,3 %, nominal um 0,2 %.
Die Zahl der im Bauhauptgewerbe tätigen Personen nahm im Juli 2024 gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,5 % ab.
Quelle: DESTATIS | Statistisches Bundesamt
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Konjunkturentwicklung Bauhauptgewerbe: Tiefbau stabil, Wohnungsbau stürzt weiter ab
Die heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zu den Auftragseingängen im Bauhauptgewerbe Juli 2024 kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe:
„Die zweigeteilte Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe setzt sich fort: Im Hochbau, insbesondere im Wohnungsbau, fehlen seit Monaten Impulse. Im Tiefbau halten die Energie- und Mobilitätswende die Nachfrage am Laufen.
Bei der Umsatzentwicklung im Wohnungsbau trifft uns jetzt die seit über zwei Jahren anhaltende Nachfrageschwäche hart. Monat für Monat sinken die Umsätze immer weiter. Im Juli haben wir zum Vorjahr wieder ca. 10 Prozent verloren. Insgesamt bedeutet das von Januar bis Juli bereits 1,7 Mrd. Euro weniger Umsatz (minus 12 Prozent).
Die aktuellen Daten bei den Baugenehmigungen führen diesen Trend fort. Allein bis Juli wurden 32.500 Wohnungen weniger genehmigt als im Vorjahresmonat. Im gesamten Jahr 2023 hatten wir gegenüber 2022 fast 100.000 weniger Genehmigungen. Ein Blick auf die Order bestätigt den Einbruch, wo nicht einmal das niedrige Niveau aus dem Vorjahr gehalten werden kann. Von Januar bis Juli gingen die Wohnungsbauaufträge im Vorjahresvergleich noch einmal um fast 6 Prozent zurück.
Es wird für die Unternehmen im Wohnungsbau immer schwieriger, ihre Kapazitäten zu halten. Da hilft auch kein Verweis auf die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag. Nicht dieser ist hier Maßstab, sondern die Realität auf dem Wohnungsmarkt. Die von der Bundesregierung richtigerweise angestrebte Zahl von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr wird in keinem Jahr dieser Legislaturperiode annähernd in Sichtweite kommen. In diesem Jahr werden wir auch keine 300.000 Wohnungen mehr fertigstellen können. Wenn wir hier die Kurve kriegen wollen, muss die Bundesregierung bei ihrer Förderpolitik von den ambitionierten Energieeffizienzstandards Abstand nehmen. Bauen muss wieder bezahlbar werden. Bauwillige brauchen eine belastbare Zinsstütze für den EH 55-Standard. Für die Branche wichtig sind vereinfachte Anforderungen, wie sie der Gebäudetyp E verspricht, und ein 5-Jahres-Moratorium für kostensteigernde Normen.
Anders sieht es glücklicherweise im Tiefbau aus. Hier liegen die Order bis Juli um sieben Prozent höher als im Vorjahr, im Wirtschaftstiefbau um gut 1,4 Mrd. Euro über dem Vorjahresniveau (+11 Prozent). Der Ausbau der Energienetze, des Schienennetzes und des schienengebundenen ÖPNV schlagen sich hier nieder. Diese Projekte sind nachhaltig angelegt. Wir werden hier in den nächsten Monaten weiter eine positive Umsatzentwicklung sehen.
Auch die Investitionen der öffentlichen Hand in den Tiefbau fallen höher aus als im Vorjahr. Die Order liegen per Juli um 4,0 Prozent über dem Vorjahresniveau. Bis Juli liegen die Umsätze im Tiefbau insgesamt um gut zwei Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau (+12 Prozent).“
Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes zur Konjunkturentwicklung in den Betrieben des Bauhauptgewerbes mit mehr als 20 Beschäftigten erreicht der Umsatz im Bauhauptgewerbe im Juli 10,7 Mrd. Euro (+4 Prozent), davon entfielen auf den Hochbau 5,2 Mrd. Euro (-3,3 Prozent) und den Tiefbau ca. 5,5 Mrd. Euro (+12 Prozent). Von Januar bis Juli erreichte der Umsatz im Bauhauptgewerbe ca. 59 Mrd. Euro, was knapp unter dem Vorjahreswert liegt (-0,2 Prozent). Im Hochbau wurden ca. 30 Mrd. Euro umgesetzt (-7 Prozent), im Tiefbau ca. 29 Mrd. Euro (+8 Prozent).
Quelle: Zentralverband Deutsches Baugewerbe
Bauindustrie: Juli bringt keine Besserung am Bau
„Auch zu Beginn des zweiten Halbjahres ist im Bauhauptgewerbe keine durchgreifende Besserung in Sicht. Vor allem die nach wie vor schwache Entwicklung im Wohnungsbau belastet die Branche, auch wenn es im sonstigen Hochbau und im Tiefbau etwas besser aussieht.“ Mit diesen Worten kommentiert der Hauptgeschäftsführer der BAUINDUSTRIE, Tim-Oliver Müller, die aktuellen Konjunkturindikatoren für das Bauhauptgewerbe. Demnach hat das Statistische Bundesamt für die ersten sieben Monate im Wohnungsbau einen Rückgang der Auftragseingänge1,2 von real 6,3 Prozent gemeldet. Auch im Juli habe sich die Lage nicht verbessert (Juli 24 / Juli 23: minus 9,4 Prozent). Die Abschwächung am Wohnungsbaumarkt halte somit unvermindert an. Schließlich hätte im Rahmen des ifo-Konjunkturtests im August unvermindert jeder zweite Befragte im Wohnungsbau über einen Auftragsmangel geklagt.
Etwas besser sehe es dagegen im sonstigen Hochbau (Auftragseingang Januar bis Juli minus 4 Prozent) und deutlich besser im Tiefbau (Januar bis Juli plus 5,2 Prozent) aus. Dadurch sei es in der Branche zu einer Stabilisierung gekommen: Für das gesamte Bauhauptgewerbe wurde von Januar bis Juli ein minimales Wachstum von 0,3 Prozent bzw. für den Juli ein Rückgang von 6,1 Prozent ausgewiesen. Im Vergleich zum Vormonat3 sei aber der Auftragseingang nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Juli um 5,9 Prozent gesunken.
Diese Entwicklung reiche aber – zumindest bislang – nicht aus, um dem realen Umsatz im Bauhauptgewerbe zum Sprung über die Nulllinie zu verhelfen. Zwar wurde für den Juli ein reales Plus von 2,6 Prozent ausgewiesen, für die ersten sieben Monate aber ein reales Minus von 1,4 Prozent, das immer noch auf dem schwachen Wohnungsbau beruhe: Für diese Sparte hätten die Bauunternehmen für den Juli einen Umsatzeinbruch von real 10,4 Prozent gemeldet (Januar bis Juli: minus 12,3 Prozent). Dies schlage sich mittlerweile auch in der Beschäftigung nieder. In den ersten sieben Monaten sei die Zahl1 der Beschäftigten leicht um 0,3 Prozent zurückgegangen. Müller: „Die schwache Baukonjunktur trifft nicht nur die Unternehmen, sondern wirkt sich auch insgesamt auf die Entwicklung in Deutschland aus. Deshalb wäre jetzt ein wirtschaftspolitisches Umsteuern so wichtig: weg von immer mehr Subventionen, hin zu mehr Investitionen. Denn am Ende führt kein Weg am Bau vorbei: Für ein solides Bruttoinlandsprodukt, für mehr Wirtschaftswachstum, für eine intakte Infrastruktur, ausreichend Wohnraum und Fachkräftesicherung.“
Alle Angaben und Berechnungen beruhen auf Daten des Statistischen Bundesamtes, des ifo Instituts und des DIHK
1 Baubetriebe mit 20 und mehr Beschäftigten | 2 kalenderbereinigt | 3 saison-, kalender- und preisbereinigt
Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
BFW: Wohnungsbau als Wachstumsmotor braucht Starthilfe
Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen kommentiert die aktuellen Zahlen im Bauhauptgewerbe des Statistischen Bundesamtes. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2023 nahm der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang um 9,7 % ab. Der Auftragseingang im Tiefbau sank um 4,0 % und im Hochbau um 15,9 %. „Der Wohnungsbau fällt seit zwei Jahren wie ein Messer ins Bodenlose, ein Ende des Abschwungs ist nicht in Sicht. Angesichts der wirtschaftlichen Größe und sozialen Bedeutung für unser Land muss der Wohnungsbau endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die er verdient. Und zwar durch konsequenten Abbau von unnötigen Kosten und Hürden“, mahnte BFW-Präsident Dirk Salewski in Berlin.
„Der Wohnungsbau in Deutschland ist der Weichensteller für Wirtschaftswachstum in vielen anderen Branchen. Wo sollen Fachkräfte denn unterkommen, wenn der Wohnungsmarkt leergefegt ist? In ihrer Größenordnung der direkten und indirekten Effekte in Bruttowertschöpfung und Beschäftigung ist die Wohnungsbaubranche vergleichbar mit der deutschen Automobilbranche. Wo bleibt die nötige Aufmerksamkeit der Politik? Dabei sind die Folgen eines sich weiter fortsetzenden Abschwungs für viele Bereiche ein Desaster: Den Herausforderungen in allen Dimensionen – gesamtwirtschaftlich, ökologisch und sozial – kann Deutschland nur mit einem starken Wohnungsbau begegnen“, forderte Dirk Salewski.
„Im gesamten Mittelstand und besonders im Handwerk sind die Folgen des andauernden Abschwungs längst spürbar. Unsere inhabergeführten Unternehmen sind alle regional verwurzelt. Wenn sie keine Aufträge an die Handwerker vor Ort geben, dann fallen die ganzen guten Jobs weg und kommen auch nicht wieder“, so der BFW-Präsident.
Quelle: BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen