2. Mai 2024

Asbest: Der Anfang vom Ende? – Änderungen der Gefahrstoffverordnung angekündigt!

VDI 6202 Blatt 3 eingeführt!

Wees (ab) – Im September 2021 wurde vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) die VDI-Richtlinie 6202, Blatt 3, Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen, Asbest – Erkundung und Bewertung, neu eingeführt. Erstmalig steht damit eine strukturierte Vorgehensweise zum Umgang mit Asbest in Bestandsgebäuden zur Verfügung. Die Richtlinie adressiert den Nutzerschutz, den Arbeitsschutz, die Abfallentsorgung und die Wertermittlung. Zitat aus der Richtlinie: „Werden technische Erkundungen im Sinne dieser Richtlinie nicht durchgeführt, so ist bei baulichen Anlagen mit einem Baujahr vor 1995 von asbesthaltigen Baumaterialien auszugehen.“

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beantwortet im Kontext mit der neu eingeführten VDI-Richtlinie 6202, Blatt 3, dazugehörige Fragen des Architekturblattes:

 

Geht das BMAS davon aus, dass es sich im Unterschied zur unverbindlichen „Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten an und in älteren Gebäuden“ bei der VDI Richtlinie 6202 Blatt 3 um eine anerkannte Regel der Technik handelt, die unmittelbar und ohne Übergangsfrist anzuwenden ist?

BMAS: Die VDI Richtlinie 6202 Blatt 3 wurde im September 2021 veröffentlicht. Ein wesentliches Merkmal einer „anerkannten Regel der Technik“ ist, dass sich diese über einen ausreichend langen Zeitraum bewährt hat.

Die Leitlinie zur Asbesterkundung gibt Hinweise zu Beprobung und Analyseverfahren, so sollten zur Qualitätssicherung bei der Probenahme auf Repräsentativität und Dokumentation der Probenahme geachtet werden. Die Leitlinie verweist in diesem Zusammenhang auf die nun vorliegende VDI Richtlinie, in der ein Standarduntersuchungsumfang beschrieben wird, mit der die in der Leitlinie gegebenen Hinweise umgesetzt werden können.

 

Wird die angekündigte Fortschreibung der Gefahrstoffverordnung voraussichtlich die sogenannte Umkehr der Beweislast für alle Gebäude mit Baubeginn vor dem 01.01.1995 festschreiben und dabei auf die VDI Richtlinie 6202 Blatt 3 verweisen?

BMAS: Das BMAS verfolgt im Rahmen der anstehenden Änderung der Gefahrstoffverordnung das Ziel, dass der Veranlasser von Baumaßnahmen als Normadressat aufgenommen und mit besonderen Informations- und Mitwirkungspflichten belegt werden soll. Zu den Mitwirkungspflichten zählt die Erkundung, ob entsprechend der Bau- und Nutzungsgeschichte des Objektes Gefahrstoffe vorhanden oder zu vermuten sind, die bei geplanten Tätigkeiten freigesetzt und zu besonderen Gesundheitsgefahren führen können. Das Vorhandensein von Asbest wird insbesondere dann vermutet, wenn der Baubeginn des Objekts vor dem 31. Oktober 1993 liegt. Die Vermutung, dass aufgrund des Baualters Asbest vorhanden ist, kann durch eine weitergehende technische Erkundung widerlegt werden. Eine Konkretisierung zu Art und Umfang der einzelnen Erkundungsschritte erfolgt im technischen Regelwerk. Die dort zu führende Diskussion wird auch die „Leitlinie für die Asbesterkundung“ sowie die VDI-Richtlinie 6202 Blatt 3 berücksichtigen. Die Verordnung enthält keine Verweise auf VDI Richtlinien.

 

Da entsprechend der VDI Richtlinie 6202 Blatt 3 entweder strukturiert zu beproben ist oder Eingriffe in die Bausubstanz nach TRGS 519 auszuführen sind, stellt sich die Frage, ob das BMAS davon ausgeht, dass marktseitig die erforderlichen Sachverständigen und Laborkapazitäten bereit stehen.

BMAS: Bereits in der „Leitlinie für die Asbesterkundung“ wird eine entsprechende schrittweise Erkundung beschrieben. Eine weitergehende technische Erkundung, die die Probenahme und Materialanalytik umfasst, wird durch die Änderung der Gefahrstoffverordnung nicht verpflichtend eingeführt. Sie kann aber insbesondere dann sinnvoll sein, wenn aufgrund der Tätigkeiten mit einer hohen Exposition der Beschäftigten gerechnet werden muss und damit hohe Arbeitsschutzanforderungen umzusetzen sind. Dies trifft insbesondere auf Abbruchmaßnahmen, aber nicht grundsätzlich auf alle Tätigkeiten in oder an älteren Gebäuden zu. Sind die geplanten Tätigkeiten beispielsweise nicht mit einem Eingriff in die Bausubstanz verbunden oder werden die Arbeiten mit einem anerkannten emissionsarmen Verfahren ausgeführt, bieten die Ergebnisse weiterer Erkundungsschritte keine potentiellen Erleichterungen aus Sicht des Arbeitsschutzes. Im Rahmen von Abbruchmaßnahmen und insbesondere im Hinblick auf die Entsorgung anfallender Bauabfälle haben sich in der Praxis die Untersuchung der Gebäudesubstanz und die Erstellung von Schadstoffkatastern bereits weitgehend etabliert. Engpässe im Bereich der Sachverständigen oder der Labore sind uns nicht bekannt.

 

Geht das BMAS davon aus, dass Fördermittel für die Entfernung von Asbest zur Verfügung gestellt werden?

BMAS: Der Aufgabenbereich des BMAS umfasst bei Tätigkeiten mit Asbest den Aspekt des Arbeitsschutzes. In diesem Zusammenhang fördert und unterstützt das BMAS Initiativen, die der sicheren Durchführung der Tätigkeiten dienen.

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat im Rahmen des Asbestdialogs auf die bestehenden Förderprogramme der KfW – z B. zur energetischen Sanierung – für Aufwendungen zur Erkundung, Entfernung und Entsorgung asbesthaltiger Materialien hingewiesen.

 

Wann rechnet das BMAS mit dem Gesetzentwurf für die Fortschreibung der Gefahrstoffverordnung?

BMAS: Wir möchten die Änderung der Gefahrstoffverordnung zeitnah einleiten.