26. April 2024

Architekturstudierende entwerfen Plätze für Hildesheim

Architekturstudierende der HAWK entwickeln Ideen für mehr Aufenthaltsqualität

Hildesheim (pm) – Bei einem Spaziergang durch das eigene Stadtviertel lässt sich viel entdecken. An manchen Orten finden sich grüne Oasen, woanders Asphaltwüsten. Und oft auch Plätze, die eigentlich viel mehr sein könnten, als sie aktuell sind. Mit diesen Orten haben sich 63 Architekturstudierende in Hildesheim beschäftigt. Im Fach Städtebau 1 nahmen sie sich in 22 Gruppen jeweils einen Platz in Hildesheim vor und erarbeiteten Entwürfe mit Ideen, die den jeweiligen Ort aufwerten sollten. Das Ziel war, einen geeigneten Ort für die Studienaufgabe zu identifizieren und Vorschläge für mehr Lebendigkeit im Stadtquartier zu entwickeln.

„Ein großer Teil der Aufgabe war es, erst einmal das Potenzial eines Platzes zu erkennen“, erklärt Prof. Dipl.-Ing. Ines Lüder. Denn die Studierenden bekamen im ersten Schritt lediglich einen Quadranten auf dem Hildesheimer Stadtplan zugeteilt, wobei der Innenstadtbereich bewusst ausgespart wurde. In den jeweiligen Quadranten gingen die Studierenden selbst auf die Suche nach einem Ort mit Entwicklungsmöglichkeiten. „Das war sehr interessant, einmal mit anderen Augen durch einen Bereich von Hildesheim zu gehen und zu sehen, dass es viele Orte gibt, die wirklich Potenzial haben“, berichtet Justina Simon. Die Studentin hat gemeinsam mit Kommiliton*innen das Gelände um die Bushaltestelle an der Willi-Plappert-Straße neu entworfen – ein Ort, der in seiner Lage und Anmutung nicht auf Anhieb die Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Das ist ja auch unser Hauptanliegen: den Studierenden beizubringen, als Architektinnen und Architekten in die Zukunft zu schauen“, erklärt Lüder die Herangehensweise. „Und so waren einige auch gezwungen, an Orte zu gehen, die auf den ersten Blick nicht so toll wirken.“

Aktuell ist das Gelände um das alte „Tanzpalast“-Gebäude verwildert. Gerrit Gronau, Laura-Sophie Ahrens und Till Winkler entwarfen für den Platz verschiedene Nutzungsbereiche mit Freizeitangeboten.

„Nicht so toll“ – So hätte anfangs auch Gerrit Gronau den Ort beschrieben, den er mit seinen Mitstudierenden Laura-Sophie Ahrens und Till Winkler ausgewählt hat. In ihrem Quadranten befand sich das Gewerbegebiet am Cheruskerring mit vielen großen Einzelhändlern und wenig Aufenthaltsqualität. Dort entdeckten sie den verwilderten Platz am ehemaligen „Tanzpalast“. „Wir sind auf den Platz aufmerksam geworden und fanden es sehr schade, dass er eher heruntergekommen war“, erinnert sich Gronau. Denn auf dem Grundstück findet sich aktuell neben wild wucherndem Gestrüpp vor allem allerlei Unrat. Aber: „Wir haben Potential gesehen, dass dort für das Quartier und auch für das Gewerbegebiet nebenan ein interessanter Platz geschaffen werden kann,“ so der Student. Denn das Gelände werde von vielen Anwohner*innen bereits als Abkürzung genutzt und verfüge außerdem mit dem alten Tanzpalast-Gebäude über einen ganz eigenen Charme. Nach dem Vorbild eines Parks in Kopenhagen entwarfen die Studierenden ein Konzept, das die bestehende Umgebung aufgreift und verschiedene Nutzungsmöglichkeiten bietet: Mit einer Graffitiwand, einem Skatepark und einem begrünten Bereich zum Spielen und Verweilen.

Vanessa Behnsen, Jan Gross und Antonela Majic entwickelten für den Platz an der Steuerwalder Straße das Konzept der „Playwalls“.

Auch andere Gruppen haben sich eher ungewöhnliche Orte ausgesucht. Vanessa Behnsen, Jan Gross und Antonela Majic entschieden sich zum Beispiel für den Parkplatz an der Ecke Steuerwalder Straße/Eduard-Ahlborn-Straße vor dem Zollamt. „Durch das hohe Verkehrsaufkommen ist es dort sehr laut“, beschreibt Gross. Trotzdem hätten sie dieses Grundstück gezielt ausgewählt, weil der Parkplatz augenscheinlich von Autofahrern kaum genutzt würde, erklärt Behnsen. „Außerdem ist uns aufgefallen, dass Schüler, die von der Schule zur Bushaltestelle gehen, oft gar keinen Ort haben, um sich aufzuhalten. Deswegen wollten wir einen sicheren Ort in der Nähe der Bushaltestelle und der Schule schaffen.“ Dafür entwickelten sie eine besondere Idee: unterschiedlich große Wände, sogenannte „Playwalls“, die den Platz unterteilen und gleichzeitig für den nötigen Schallschutz sorgen. In Kooperation mit den nahegelegenen Schulen könnten diese bespielt und gestaltet werden. So könnten die „Playwalls“ je nach Größe als Sportgeräte, Sitzgelegenheiten oder als Projektionsfläche verwendet werden.

Die Ideen von Justina Simon, Josepha Simon und Helen Seifert sollen den Bereich um die Bushaltestelle an der Willi-Plappert-Straße attraktiver machen.

Neben diesen Beispielen gibt es aus den Gruppen Ideen zu 19 weiteren Plätzen in Hildesheim. Ihre Entwürfe stießen auch außerhalb der HAWK auf Interesse. Prof. Ines Lüder konnte für die Präsentation der Ergebnisse Detlef Brüner vom Fachbereich Stadtplanung und Stadtentwicklung der Stadt Hildesheim und Jana Kegler von der Kulturfabrik Löseke als Gastkritiker*innen gewinnen. „Bei diesem Projekt hat mich begeistert, welche Potentiale der unverstellte Blick auf städtebauliche Aufgabenstellungen aus Studierendensicht birgt und welche Impulse die vielfältigen Arbeiten liefern können“, erklärt Brüner. Er erlebe den Austausch zwischen Lehre und Praxis als sehr wertvoll.

Auch Lüder sieht in dem Austausch mit Akteuren aus der Stadt eine große Bereicherung und möchte auch in zukünftigen Projekten den Dialog und die Kooperation fördern. „Ich würde mir sehr wünschen, dass auch in Zukunft Diskussionen entstehen oder wir vielleicht sogar temporär einen Entwurf umsetzen könnten“, so Lüder. Das Interesse auf Seiten der Studierenden sei auf jeden Fall sehr groß.

Pressemitteilung: HAWK – Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen