28. April 2024

Architektur Werkstattgespräche: „architektur. im kreis – zirkulär, reduktiv und schön“

(c) Hochschule Augsburg

Augsburg (pm) – An der Hochschule Augsburg sind im Studiengang Architektur im Rahmen der Werkstattgespräche im Wintersemester an drei Abenden Redner:innen online zu Gast: Kerstin Müller, baubüro in situ, Basel-Zürich, spricht am 9. November über „Das Bauteil bestimmt“. Der Titel des Vortrags von Dominik Campanella, Concular, am 16. November lautet: „Reuse Now! Circular Economy in der Baubranche“. Professor Nicolai Bo Andersen von der Royal Danish Academy, Kopenhagen, redet am 23. November über „Circular Aestetics. No sustainability without beauty“. Alle Werkstattgespräche finden dienstags um 19.30 Uhr statt. Interessierte können via Zoom an den Gastvorträgen teilnehmen. Die Einwahldaten stehen unter www.hs-augsburg.de/Architektur-Werkstattgespraeche zur Verfügung.

Die verschwenderische und umweltzerstörende Nutzung von Materialien und Ressourcen beim Bauen prägt die aktuelle Debatte. Zirkulär, reduktiv und schön: Diese altbekannten Tugenden erfahren laut Professorin Prof. Mikala Holme Samsøe in Deutschland und international immer mehr Aufmerksamkeit. Die Frage, wie wir mit erheblich weniger negativen Folgen bauen können, stehe im Raum. Mehr und mehr Menschen würden das Potential erkennen und auch den gestalterischen Genuss, der mit einer radikalen Diskursänderung einhergeht. Aber wie geht das konkret? Die Reihe Architektur Werkstattgespräche wirft einen Blick auf die Architektur-Praxis, die Architektur-Theorie, sowie auf die mit Preisen ausgezeichnete Start-Up Szene rund um Architektur-Baumaterial.

9. November 2021
Das Bauteil bestimmt.
Kerstin Müller, baubüro in situ

Die ständige Veränderung ist Programm bei den Architekt:innen des baubüro in situ. Es ist rau und poetisch, wenn alte Bauteile neu zusammengesetzt werden: Man hat sich auf Adaption, Transformation und modulares Bauen spezialisiert – und setzt dabei gerne alte Bauteile wieder ein. Das Schweizer Architekturbüro ist weit über die Landesgrenzen hinaus als Vorreiter für zirkuläre Architektur bekannt. Zu seinen Projekten gehören das ELYS im Lysbüchelareal in Basel, die Aufstockung H118 auf dem Lagerplatz in Winterthur sowie die Unit Sprint im Testgebäude NEST an der EMPA in Dübendorf. Um eine Kreislaufwirtschaft in der Baubranche zu unterstützen, haben in situ auch – und das ist ungewöhnlich für ein Architekturbüro – schon vor Jahrzehnten eine Materialplattform gegründet und wirken damit auf die Rahmenbedingungen der Branche ein.

Die Architektin und Partnerin Kerstin Müller erzählt am Dienstag, 9. November, über die Arbeit des Büros, sowie auch über die neu gegründete Firma Zirkular, bei der sie in der Geschäftsleitung ist. Zirkular leistet Fachplanung im Bereich Wiederverwendung und Kreislaufwirtschaft im Bauwesen.

16. November 2021
Reuse Now! Circular Economy in der Baubranche.
Dominik Campanella, Concular

Fassadenelemente aus Muschelkalk, Glasbrüstungen, Granitfliesen und Betonplatten von einem Karstadt-Gebäude in Berlin – das sind nur einige Materialien, die auf der Plattform Concular im Angebot sind. Warum muss man eigentlich etwas Neues kaufen, wenn man die gleichen Materialien auch wiederaufbereitet erhält? Am Dienstag, 16. November, setzen sich die Teilnehmenden in den Architektur Werkstattgesprächen konkret mit dieser Frage auseinander.

In einer zirkulären Wirtschaft fragen immer mehr Architekt:innen: Woher bekomme ich zirkuläre Bauteile und das in größeren Mengen und planbar vor dem Einbau? Europas größter Marktplatz für wiedergewonnene Baustoffe wurde von einem deutschen Start-Up gegründet und bietet Antworten auf diese immer wichtiger werdenden Fragen.

Das Start-Up Concular unterstützt die Baubranche im Prozess, ressourceneffizient und CO2-neutral zu werden, und hat mit seiner Arbeit bereits viel Aufmerksamkeit und Preise gewonnen. Auf einem Marktplatz vermittelt das Start-Up zirkuläre Baustoffe von Gebäuden ab 3.000 bis zu 50.000 Quadratmetern. Es agiert aber auch in beratender und begleitender Funktion hinsichtlich der Baustoffe, um die Hindernisse der Wiederverwendung zu identifizieren und Lösungen mit lokalen Partnern zu erarbeiten: Rückbau, Wiederaufbereitung, Zertifizierung oder eine Gewährleistung werden mit diesen besprochen und geregelt.

Der Mitgründer Dominik Campanella erzählt an diesem Abend von seinen Erfahrungen und von der Zusammenarbeit mit Architekt:innen und Auftraggeber:innen. Welche Möglichkeiten gibt es konkret, wenn Architekt:innen nach Angebot und nicht nach Nachfrage planen? Die Kreislaufwirtschaft ändert die Entwurfsmethode in der Architektur radikal: Nach dem Prinzip „form follows availability“ werden bereits in Wettbewerbsphasen besondere Bauteile mit eingeplant: Die feine ovale Treppe oder das besondere Fassadenelement. Die vorhandenen Bauteile prägen den Entwurf und begeistern.

23. November 2021
Circular Aestetics. No sustainability without beauty.
Nicolai Bo Andersen, Royal Danish Academy

The Royal Danish Academy, Institute for Architecture and Culture, forscht und lehrt seit vielen Jahren erfolgreich zum Thema Nachhaltigkeit und Bestand. Als Denkmalpflege noch nicht modern war, wurde der Lehrstuhl für Transformation gegründet und erfuhr mit seiner Kombination aus praktischer Poesie und theoretischem Geist schnell eine starke Nachfrage.

Das Interesse liegt bei den Spuren, dem Gedächtnis, der Atmosphäre, der Anziehungskraft, der Dichte und der Präsenz. Das Verständnis von Material und Tektonik sowie Wissen über Architekturtheorie und -geschichte sind untrennbar mit der Vorstellung von nachhaltiger Architektur verbunden, so lautet das Credo.

Die Studierenden der Royal Danish Academy bauen in unmittelbarer Zusammenarbeit mit Handwerker:innen, um die Materialien in einer technischen, historischen und ästhetischen Perspektive zu untersuchen und selbst zu erleben. Die Fürsorge und Kultivierung hierfür können den rastlos unternehmenslustigen Menschen einladen, sich etwas länger mit der Materie zu beschäftigen. Die Akademie bietet damit eine Alternative zum beschleunigten materiellen Verbrauch der heutigen spätmodernen Gesellschaft.

Der Architekt Nicolai Bo Andersen, Professor MSO in nachhaltiger Baukultur, ist der Gastreferent am Dienstag, 23. November. Er ist Programmleiter für das Masterprogramm Cultural Heritage, Transformation and Conservation. Das Programm hat die vergangene Dekade einer neuen Generation von jungen dänischen Architekt:innen maßgeblich geprägt – was sichtbar wird in der aktuellen dänischen Architektur- und Baukulturlandschaft.

Pressemitteilung: Hochschule Augsburg