28. April 2024

Architects for Future: Starten die Bauminister:innen die Bauwende zur Einhaltung der Pariser Klimaziele?

Bei der Bauministerkonferenz haben sie JETZT die Chance, die Bauwende zur Einhaltung der Pariser Klimaziele einzuleiten.

(c) Architects for Future Deutschland e.V.

Bremen (pm) – Zur Bauministerkonferenz verstärken Architectsfor Future (A4F), Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), Deutsche Umwelthilfe (DUH) und GermanZero mit einem gemeinsamen Aufruf den öffentlichen Druck auf die Bauminister:innen der Länder. Ein rechtlicher Rahmen für die dringend notwendige Bauwende muss geschaffen werden. Klimaschutz und die Änderung der Musterbauordnung stehen auf der Agenda der diesjährigen Bauministerkonferenz am 18./19. November.

Der viel zu wenig beachtete Bausektor ist mit einem Anteil von fast 40 % des gesamten CO2 -Ausstoßes der größte Verursacher der Klimakrise und wird damit zugleich auch zum größten Hebel für die Klimawende. Zur Einhaltung der 1,5°-Grenze muss der gesamte Gebäudesektor in Deutschland klimaneutral werden. Bauliche Anlagen dürfen Leben und Gesundheit nicht gefährden. Dies ist als oberstes Schutzziel in der Musterbauordnung verankert (MBO §3). Die Bauminister:innen müssen eine Bauordnung beschließen, in der das o.g. Schutzziel durch konkrete Vorgaben zum Klimaschutz auf nachkommende Generationen ausgeweitet wird.

Dass die Themen Klimaschutz und Musterbauordnung auf der Agenda der Bauministerkonferenz stehen, ist prinzipiell zu begrüßen. Architects for Future macht deutlich, dass die Bauminister:innen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten haben, um die Bauwende voranzutreiben. In Ihrer Verantwortung liegen u.a. die Länderbauordnungen, die Landesentwicklungsplanung, die Ausrichtung von Förderungen und Subventionen sowie die Kontrolle von energetischen Anforderungen. Außerdem gehören die Verwaltung und der Bau staatlicher Liegenschaften zu ihren Ressorts.

Architektin und Energie-Effizienzexpertin Christina Patz, Koordinatorin für Bauen im Bestand bei A4F: “Das Ziel ist gesetzt: Bauen muss klimaneutral werden. Ohne Bauwende keine Klimawende! Deshalb muss der Fokus weg vom Neubau hin auf das Bauen im Bestand, auf Kreislauffähigkeit und einen wertschätzenden Umgang mit Fläche und Material gelegt werden. Das Problem: Diesen Punkten stehen aktuell noch eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen entgegen! Wir brauchen verbindliche und pragmatische gesetzliche Rahmenbedingungen, damit flächendeckend klimaschonendes Bauen der Standard wird. Diese müssen die Bauminister:innen jetzt in der Novellierung der Musterbauordnung schaffen.”

Bereits im Juli 2021 hat Architects for Future gemeinsam mit einem wachsenden Bündnis aus der Bau- und Immobilienbranche, mit Verbänden und Institutionen wie BDA, DGNB, DUH, GermanZero, sowie eine Vielzahl von Professor:innen und Unternehmen einen offenen Brief mit Änderungsvorschlägen für die Bauordnung an die Bauminister:innen geschickt – bis dato unbeantwortet. Auch die Bundesarchitektenkammer unterstützt die Initiative mit einem eigenen Begleitschreiben.

„Über 50 % des Abfalls in Deutschland kommen aus dem Baubereich. Der Abfall wird meist deponiert, verfüllt oder verbrannt. Das ist klima- und ressourcenpolitisch fatal. Deshalb muss klimazielkonformes und ressourcenschonendes Bauen zum Standard werden. Neben dem Energieverbrauch während der Nutzung muss der gesamte Lebenszyklus von Bauwerken betrachtet werden. Rückbaubare Gebäude aus nachhaltigen Materialien, Wiederverwendung von Bauteilen, recyclingfähige Baustoffe und der Einsatz von Rezyklaten müssen der Standard sein. Es ist eine zentrale Aufgabe der Bauminister:innen, das in der Musterbauordnung zu verankern, um das gesamte Klimaentlastungspotential im Bausektor zu heben“, fordert die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe Barbara Metz.

Der Brief enthält sieben konkrete Vorschläge zur Änderung der Musterbauordnung – allen voran Kreislauffähigkeit, Klimaschutz und Nachhaltigkeit in allen Aspekten.

1. Einführung von eigenen Regelungen für das Bauen im Bestand, zur Förderung von Weiterbauen am Bestand
2. Einführung einer Genehmigungspflicht für Abrissmaßnahmen sowie der verbindlichen Vorlage eines Rückbaukonzeptes für alle Bauvorhaben
3. Streichen der Kfz-Stellplatzforderung zugunsten ganzheitlicher kommunaler Mobilitätskonzepte
4. Ergänzung der Abstandsflächenregelungen um die Schaffung von qualitativen Stadt-und Freiräumen
5. Erlaubnis zur Wiederverwendung von Bauteilen und Baustoffen sowie der Verwendung nachwachsender Baustoffe in hohen Gebäudeklassen
6. Einführung eines Materialausweises für Gebäude, um verbaute Ressourcen und Produkte für eine spätere Wiederverwendung zu dokumentieren
7. Erhöhte Anforderungen an Typengenehmigungen, um ökologische und energetische Standards speziell in der Serienfertigung von Gebäuden zu verankern

Architekt Michael Wicke, Co-Koordinator für Bauen im Bestand bei A4F: “Die breite Unterstützung aus Wissenschaft und Wirtschaft zeigt: Die Baubranche ist bereit für einen Wandel. Jetzt liegt es an der Politik, dass auf Worte Taten folgen und die erforderliche Novelle der Bauordnung beschlossen wird. Sonst verbauen uns die Bauminister:innen die Zukunft! Denn was wir heute bauen, wird auch 2045 – zum Zeitpunkt der beschlossenen Klimaneutralität Deutschlands- noch bestehen. Ein späteres Anpassen von gesetzlichen Rahmenbedingungen und somit eine Erfordernis zur Sanierung von eben erst Gebautem, wäre weder ökologisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Es liegt nun in der Verantwortung der Bauminister:innen, die Vorschläge von Architects for Future in eine MusterUMbauordnung aufzunehmen, um einen klimaneutralen Gebäudesektor zu ermöglichen.”

Das Bündnis fordert die Bauminister:innen deshalb erneut auf, die sieben Änderungsvorschläge von Architects for Future auf der Bauministerkonferenz zu diskutieren und in konkrete gesetzliche Änderungen zu überführen.

Pressemitteilung: Über Architects for Future e.V.